Die Ver(w)irrung mit der Sinnstiftung

Hallo Leserinnen und Leser,

heute möchte ich mich für einen Hinweis auf google+ und bei Dr. Kruse bedanken. In Kombination erlauben mir die beiden, einen zentralen Aspekt von Sinnkopplung zu verdeutlichen: Sinn stiften ist nicht möglich!

Doch bevor ich das näher erläutere, schaut euch den Zweiminüter von Dr. Kruse zum Thema Sinnstiftende Führung an, der mir via google+ empfohlen wurde:

Hier die Ver(w)irrungen anhand von Zitaten aus dem Video:

„Wir müssen uns in den entwickelten Märkten überlegen, wie wir dauerhaft Faszination erzeugen.“

Haben Sie es gemerkt? Herr Kruse geht weiterhin davon aus, dass wir (die Führenden) Faszination (bei den Geführten) erzeugen müssen. Er geht von einer klassischen Über-/ Unterordungssituation aus, in der ein (elitärer) Teil der Bevölkerung dafür verantwortlich zu machen ist, dass der Rest zur Faszination animiert wird. Genau diese formal hierarchische Aufgabenverteilung zerstört die Fasizination, die wir in allen Kinderaugen und vielen Kindertaten miterleben können. Aus Langeweile entstehen da häufig die beeindruckendsten Dinge, nicht aus – von anderen – erzeugter Faszination. Wir sollten mehr Zeit für Langeweile haben, anstatt ständig fremd-fasziniert zu werden. Ein paar Sekunden später erklärt er:

„Wenn es uns in unserer Welt nicht gelingt, ein Gefühl für die Sinnhaftigkeit unseres Tuns zu erzeugen, dann werden wir das mit der Faszination nicht hin bekomen.“

Hier drängt sich mir erneut die Frage auf, wer hier das Gefühl für wen erzeugt?
Richtig ist: Wenn es uns in unserer Welt nicht bald gelingt, sinnhaft zu handeln, dann werden wir an unserem eigenen Tun scheitern!
So lange wir davon ausgehen dürfen, dass die Verantwortung für Sinnhaftigkeit bei einer irgendwie geartet festgelegten Führungsschicht liegt, brauchen wir anderen uns ja nicht darum zu kümmern. Der Clou ist, sobald wir diese Verantwortung abgeben, ist auch ein anderer der Sündenbock, wenn das kollektive Handeln sich am Ende als sinnentleert herausstellt. Es geht korrekt weiter:

… sonst ist Faszination Partylaune, Partylaune kann ich auch immer kurzfristig erzeugen. Aber Partylaune hat keine Nachhaltigkeit, das ist nur der Hype des Moments. Was ich brauche ist Energie mit Dauer. Wie kann ich Menschen dazu bringen … dauerhaft ein hohes energetisches Niveau zu halten?“ – Im Abschnitt mit den Punkten bemerkt er – „Indem sie das, was sie tun als sinnhaft empfinden.“

Hier bin ich mit Herrn Kruse vollkommen einig. Partylauen haben wir schon genug und Menschen sind dann auf einem dauerhaft hohen energetischen Niveau, wenn sie das, was sie tun, als sinnhaft empfinden.

Allerdings gehen wir von dieser Erkenntnis aus getrennte Wege. Während er schon weiß, was zu tun ist und der Führung Sinnstiftung ins Aufgabenbuch diktiert, halte ich mich zuerst einmal mit dem Thema Sinn an sich auf.
Resultat dieser Auseinandersetzung: Zentrales Thema der Führung sollte in Zukunft Sinn sein – keineswegs Sinn stiften! Der Unterschied wird klar, wenn man erkennt: Jede(r) von uns findet für sich einen Sinn im Dasein oder eben nicht. Kein Mensch kann einem anderen von außen Sinn stiften!

Es ist der Unterschied zwischen

  • Reformation – Menschen sollen die Bibel so lesen können wie ich, selbständig darüber nachdenken und über sich ihre Erkenntnisse und Konsequenzen austauschen und
  • Missionierung – Die Heiden müssen (sollen) meinen wahren Glauben erkennen sowie annehmen und in Zukunft mit mir unseren gemeinsamen Gott und Herren anbeten und ihm in meinem Verständnis seines Wortes dienen. Gerade so wie ich es tue.

Herr Kruse ist ein Missionar für sein Verständnis für Leadership. So führt er weiter aus:

Hier wird auch wieder deutlich, was Leadership ist. Leadership ist die Fähigkeit Menschen in einer intelligenten Situation wach zu halten. Das ist eine Aufgabe: Ich muss nicht intelligent sein, sondern ich muss die Intelligenz der anderen wach halten. Das ist meine Aufgabe, das ist Leadership.“

Viele werden jetzt endlich wieder verstehen, warum sie von so vielen Führungskräften/ Leadern insgeheim annehmen, dass sie Dumpfbacken sind. Sie haben schlicht recht! Der Führende muss ja nicht intelligent sein, sondern nur die Intelligenz der anderen wach halten. Wer ein solches Selbstverständnis vor sich her trägt ist in hohem Maße episdemisch arrogant – das Wissen überschätzend. Es ist keineswegs auch nur annähernd so toll, wie es sich anhört. Mir kommen solch hohle Phrasen auch ab und an über die Lippen. Dann hoffe ich inständig, ich bemerke es, amüsiere mich über mich selbst und erzähle meine Dummheit als Anekdote weiter. Andere können sicherlich etwas daraus lernen. In diesem Sinne: Vielen Dank Herr Dr. Kruse, dass Sie sich in unseren Kreis der Pharsendrescher so überaus menschlich und durchschnittlich einreihen. Am Ende wird es allerdings noch mal richtig spannend:

„… Deshalb werden Führer in Zukunft nicht mehr so sehr Organisator sein, ja noch nicht mal Coaches. Ich glaube, dass Führungskräfte in Zukunft Sinnstifter sind und Vernetzer. Das heißt, sie bringen die Sinnhaftigkeit ins System und sie bringen die Fähigkeit zur Vernetzung mit. Also andere Menschen zu vernetzen sollte eine Fähigkeit von Leadership sein und andere Menschen mit Sinnhaftigkeit zu entzünden sollte eine Aufgabe von Leadership sein.“

Besser kann man die große Ver(w)irrung zum Thema Sinn kaum ausdrücken. Noch einmal, Herr Kruse  geht offensichtlich, wie viele Führer, davon aus, dass jemand so etwas wie Sinnhaftigkeit in einem anderen Menschen bewusst und gewollt entzünden kann. Er glaubt damit nach wie vor, dass er und die Führer der Zukunft die Sinn-Zügel in der Hand halten und die intrinsischen Fäden anderer kontrolliert zupfen können. Das ist schlicht falsch. Selbst wenn es gelingt, ist es mehr zufällig als gesteuert. Ob sich etwas sinnhaft entzündet wird allerdings auf jeden Fall – vermutlich sogar in hohem Maße unbewusst – vom anderen Menschen entschieden, nicht vom Führenden, wie Dr. Andreas Zeuch in Feel it! eindrucksvoll aufzeigt. Bleibt die Frage: Was sind denn dann die Aufgaben der zukünftigen Führer?

Hier eine sicherlich unvollständige Liste:

Vielen Dank noch einmal für die klärenden Worte an Herrn Dr. Kruse und an meine Kontakte bei google+, die mich auf dieses Video aufmerksam gemacht haben!

Grüße
Gebhard

2 Kommentare

Eingeordnet unter danke, off record

2 Antworten zu “Die Ver(w)irrung mit der Sinnstiftung

  1. Hallo Gebhard
    Ich kann die Aussagen von Herrn Kruse aus zwei unterschiedlichen Hintergrundstimmungen verstehen, je nachdem ob ich zurückhaltend, kritisch oder offen, sympathisch höre. Ich kann das „wir“, das er benutzt, als ein allgemeines „wir Menschen“ verstehen, oder als ein „wir Führer“. Vielleicht gibt es auch beides? Jeder Mensch ein Führer (von sich Selbst)? Führung hat auch immer mit Delegation zu tun. Mal bewusst, meist unbewusst oder aus Gewohnheit. Mich interessiert vor allem: Was für FÄHIGKEITEN brauche ich um (eventuell situativ) Führung zu übernehmen? Was für Fähigkeiten brauchen die Anderen Menschen um Führung zu Delegieren? Denn Führung wird immer zugleich von einem (einer kleinen Gruppe) angenommen und von den Anderen gegeben, delegiert. Dieser Vorgang braucht nicht statisch sein (ist er auch faktisch nie) es sollte ein dynamischer Vorgang sein. Das kann er nur bei entsprechenden dynamischen Fähigkeiten der Beteiligten.

    • Hallo Eckehart,
      ja, ich stimme Dir zu, man kann die Aussagen auch so verstehen, wie Du es schreibst. Wie es gemeint ist, weiß wohl einzig Herr Kruse selbst.
      Das ändert allerdings nichts am Fehlschluss von Herrn Kruse, wonach die Führenden Sinnstiftung lernen sollten. Sinnstiftung ist nicht möglich, ob als Mensch oder nur als Führungskraft.
      Achtung: Natürlich kann Mensch A in Mensch B seine Sinnerfüllung finden. So gesehen stiftet Mensch B dem Menschen A Sinn. Die Entscheidung darüber liegt allerdings einzig bei Mensch A.

      Gruß
      Gebhard

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