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Blog Rueda – Leute die was besser können.

Liebe Leserinnen und Leser,

BlogRuedaTWBin der Zeit vom 08. Mai sagt Niels Van Quaqebeke auf Seite 7: »Die Idee von Hierarchie ist ja, dass es Leute gibt, die etwas besser können als andere und diese dann entsprechend führen.«

Mit diesem Zitat hat mich Wolf Steinbrecher mit seinen Kollegen vom TeamWorkBlog zu einer Blog Rueda eingeladen. Dabei schreiben verschiedene Autoren einen gewollt kurzen Blogartikel und alle kommentieren die übrigen Artikel. In den Kommentaren verlinken wir die Texte untereinander, so dass für Euch ein vielseitiges Rundschreiben (rueda) entsteht.

Die Gedanken von Herrn Van Quaqebeke sind sehr interessant. Ich empfehle wärmstens die Lektüre des Originalartikels. Meine erste Reaktion auf seine – aus dem Kontext gerissene – Botschaft prägte die Von-Oben-Herab-Sicht. Es drängte sich der Verdacht auf, dass sich hier die Herren erneut eine sich selbst erfüllende Prophezeiung schaffen.

Kaum ausgedacht, korrigierte mich eine innere Stimme: »Es gibt die natürliche Hierarchie und irgendwoher kommt die ja wohl.« Der Zitierte schlussfolgert seine Aussage aus zwei unterschiedenen Formen des Respekts

– dem vertikalen, auf den sich sein Kommentar bezieht und

– dem horizontalen, der sich aus der Anerkennung des Gegenübers als gleichwertigen Menschen ableitet.

Fürs weitere Nachdenken nahm ich dem Satz die von mir unterstellte objektivierende Wahrheitsannahme. Ich formulierte: »In meinem Hierarchiekonstrukt gehört es dazu, dass ich zumindest die Idee habe, jemand könne etwas – was auch immer – besser als ich. Ansonsten kann er mich nicht führen / ich mich von ihm nicht führen lassen.«

Herzlichen Dank an Wolf, seine Kollegen, Edgar und Jan sowie an Herrn Van der Quaqebeke. Ich habe einen neuen, relevanten Puzzlestein für mein Hierarchiekonstrukt gefunden!

Wir wollen denken [Das Bild ist eine Montage aus den Webseiten der Zeit (www.zeit.de) und des TeamWorkBlog (www.teamworkblog.de)]

Kommentar von Edgar Rodehack zu diesem Artikel von Gebhard:

Ja, auch ich denke, das ist das Ideal, das wir uns wünschen und das wir vermutlich alle in unserem „Hierarchiekonstrukt“ versuchen zu integrieren: Menschen, die in Hierarchien anderen vorangestellt sind, können etwas besser. Wie Du aber auch völlig richtig anmerkst ist die Gretchenfrage: Was können Führungskräfte denn besser? Oder: Was sollen sie besser können? Bei dieser Fragestellung wird der Umbruch besonders deutlich, der sich derzeit im Firmenalltag sehr heftig vollzieht: Führungskräfte sind heute mehr denn je gefordert, Verantwortung statt Aufgaben zu delegieren. Das hatte sich schon länger moderat angekündigt, wird heute aber viel schneller viel wichtiger.

Verantwortung zu delegieren erfordert die Fähigkeit Menschen und Abläufen zu vertrauen und ein respektvolles miteinander zu pflegen und einzufordern. Auch wenn das wie eine Binsenweisheit und Common Sense anmutet und in Diskussionen wie unseren schon lange und häufig beschworen wird: Wir sind noch längst nicht dort. Denn diese Art von Führung läuft unseren bisherigen kulturellen Mustern völlig entgegen, die seit jeher von Befehl und Gehorsam geprägt waren – und von Misstrauen. Es heißt nicht zufällig „Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser“, obwohl es in Zeiten von Fachkräftemangel und drohender Ressourcenknappheit ratsam wäre, diesen Satz umzupolen: „Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser.“

Der Wandel dorthin wird erfolgreicher und schneller vollzogen, wenn in den Organisationen möglichst jeder lernt, Menschen und der gemeinschaftlichen Zusammenarbeit zu vertrauen, auch wenn das Ergebnis nicht völlig vorhersehbar ist. Menschen wollen Verantwortung übernehmen. Und sie sind bereit, für sinnvolle Projekte ihr Bestes zu geben.

Meinen Blogartikel zum gleichen Thema findet ihr unter http://www.teamworkblog.de/2014/06/blog-rueda-wir-machens-besser-der-sinn.html

Kommentar von Jan Fischbach zu Gebhards Artikel:

Den Punkt der natürlichen Hierarchie finde ich interessant. Und ich finde Gebhards Fragestellung, dass sie von irgendwoher komme anregend. Ich habe mich so sehr an Hierarchie (und ihrem Entkommen) gewöhnt. Daran zu denken, dass sie von irgendwoher kommt, z. B. von Respekt, ist ganz ungewohnt für mich. 

Meinen Blogartikel zum gleichen Thema findet ihr unter http://www.teamworkblog.de/2014/06/blog-rueda-mussen-fuhrungskrafte-etwas.html

Kommentar von Wolf Steinbrecher zum obigen Artikel:

Lieber Gebhard,

ich finde einige Punkte an deinem Artikel sehr interessant. Ich beschränke mich auf einen, nämlich auf die „innere Stimme“. Damit triffst du, glaube ich, einen ganz wichtigen Punkt. Es gibt eine innere Stimme auch in mir, die mir sagt „Es gibt die natürliche Hierarchie …“, und dann kommt eine zweite innere Stimme, die sagt „… und irgendwoher kommt die ja wohl.“ Die erste innere Stimme ist wohl eher archaisch, urtümlich – und die zweite ist eher die rationale, die nach Erklärungen sucht.

Aber hat die erste innere Stimme Recht? Gibt es wirklich die natürliche Hierarchie? Und wenn es die gibt – braucht die dann die Erklärungen, wie die zweite innere Stimme sie fordert (und Herr Quaquebeke sie zu liefern sucht)?

Die Vorstellung der natürlichen Hierarchie ist in uns aus unserer Kindheitserfahrung ganz tief verankert. Da gab es ja tatsächlich eine natürliche Hierarchie, nämlich die zu den Erwachsenen hin. Indem wir selbst erwachsen wurden, entstand eine Lücke, eine Leerstelle. Versucht vielleicht unsere innere Stimme nur, diese Lücke wieder zu füllen – ohne dass diese Hoffnung für uns Erwachsene je erfüllt werden könnte?

Darüber denke ich nach deinem Artikel nach.

Meinen Blogartikel zum gleichen Thema findet ihr unter http://www.teamworkblog.de/2014/06/blog-rueda-mussen-fuhrungskrafte-alles.html

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Wir wollen das Mammut jagen?!

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Wolf Steinbrecher, ein von mir sehr geschätzter Dokumenten-Ablage-Guru aus Karlsruhe, bloggt auf dem Teamworkblog zusammen mit seinen Kollegen über die Arbeit in Teams. Sie geben im Blog viele praktische und pragmatische Tipps für den Alltag. Am Dienstag veröffentlichte Wolf den Beitrag:

Menschen brauchen keine Führung, Organisationen sehr wohl

Mit einem Seitenhieb auf uns Führungskräfteberater veranschaulicht er darin die systemische Notwendigkeit von Führung, Entscheidungen zu treffen. Soweit so gut. In einer Behauptungen liegt er allerdings komplett falsch. So schreibt er als Quelle /3/:

Wir Menschen sind nicht darauf eingerichtet, in größeren Gruppen strategische Entscheidungen zu fällen. „Größere Gruppen“ sind dabei alle mit mehr als sieben Mitgliedern. In Gruppen bis zu sieben kann man Entscheidungen über Mimik und Blickkontakte vermitteln. Das ist für die Jagd in der Horde ausreichend, für Kopfentscheidungen in größeren Gruppen aber nicht. (Nicht umsonst wird für Scrum-Teams eine Größe von 6-8 Menschen empfohlen).
Über 300.000 Jahre unserer altsteinzeitlichen Existenz brauchten wir das auch nicht. Entweder war das Mammut da, dann jagte man es, oder eben nicht. Wäre zu der Zeit jemand am Lagerfeuer aufgestanden und hätte von der Kernkompetenz der Mammutjagd und ihrer mittelfristigen Perspektive gesprochen, wäre er verständnislos begafft worden. Also blieben alle sitzen.

Ein sehr gutes Beispiel für die Umkehrschluss-Falle, die Nicolas Taleb im Schwarzen Schwan beschreibt. Wolf beweist über den Umkehrschluss zur Aussage, wonach wir in 300.000 Jahren altsteinzeitlicher Existenz keine strategischen Entscheidungen in größeren Gruppen brauchten, dass dies auch heute gilt. Dieser Gedanke ist unhaltbar:

  • In der Steinzeit deutet nichts auf ein bewusstes Konzept zu Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft hin. Dessen Entstehung führen wir stattdessen auf Utopia von Thomas Morus aus dem 16. Jhd. zurück. Ohne dieses Konzept gibt es allerdings keine strategischen Entscheidungen. Damit gibt es auch keine Notwendigkeit sich über eine sinnvolle Gruppengröße dafür Gedanken zu machen.

  • Das beispielhaft angeführte Urteil, jagen wir das Mammut oder nicht, ist – wenn überhaupt – taktisch. Vermutlich war es sogar vital.

  • Von vielen erfolgreichen Stammeskulturen aus nachsteinzeitlichen Epochen sind uns Rituale bekannt, die etliche Mitglieder in Entschlüsse einbeziehen. Gerade in strategische Entscheidungen wie etwa den Standortwechsel oder eine Kriegserklärung an einen anderen Stamm.

  • War das altsteinzeitliche (Über-)Leben der Menschen vermutlich härter, ist das 21. Jahrhundert definitiv komplexer.  Strategische Entscheidungen sind ein gewichtiges Phänomen unserer Zeit. Damals blieben schon deshalb alle sitzen, weil Strategie keine Relevanz hatte.

  • Dennoch ermöglichte die strategische Entscheidung, den Ackerbau der (Mammut-)Jagd vorzuziehen, unsere Zivilisation überhaupt erst.

  • James Surowieki verdeutlicht in seinem Buch Die Weisheit der Vielen wie falsch Wolf Steinbrecher liegt.

Die Quellenangabe referiert auf die Aussage:

Die Delegation von Entscheidungen an eine einzelne zentrale Person ist ein funktionales Erfordernis in allen größeren Gruppen von Menschen und besonders in großen, vielfach gegliederten Organisationen. Größere Gruppen können keine strategischen Entscheidungen in einer zumutbaren Zeit treffen. Sie neigen dazu, endlos zu palavern, ohne zu einem Beschluss zu kommen.

Ebenso wie die Beweisführung ist auch diese Behauptung haltlos. Nur weil man in heutigen formal-hierarchischen Organisationen viel palavert, sobald man mehr Menschen einbezieht, ist das kein Naturgesetz. Holacracy, Semco, Hoppmann, Handelsbanken stehen beispielhaft für erfolgreiches Wirtschaften mit Vielen ohne überflüssige Laberei. Meine Beobachtung ist genau gegenläufig. Erst durch die Zentralisierung von Entscheidungen entstehen Zeitverluste wegen unnötiger Abstimmungs- und Gesprächsbedarfe.

   Mehr zum Thema:

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Vitale Entscheidungen über kurz- und mittelfristige Situationen sollen Organisationen dezentral und direkt – maximal in kleinen Teams – treffen. In strategische Entscheidungen sollte man so viel Menschen einbeziehen wie möglich. Anstatt sie pseudorational wegzuargumentieren, stellt sich uns die Frage:

Wie können wir die dafür notwendige Kommunikation professionalisieren und optimieren?

Ich danke Wolf, dass er meine Aufmerksamkeit auf diese Frage richtet. Die Antworten dazu machen meine Arbeit wertvoller und bringen meine Kunden voran!

Wir wollen denken!

Gebhard

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