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Jede(r) ist ein Universum – Die Natur des Menschen

Vor etwas mehr als zwei Wochen habe ich den Beitrag Fixstern Mensch geschrieben. In den Kommentaren hat Immo Sennewald darauf verwiesen, dass es sich bei einer menschzentrierten Betriebswirtschaft keineswegs um ein allgemein gültiges Menschenbild gehen kann. Stattdessen ist unsere Fähigkeit zentral, den Gegenüber als eigenständigen Menschen anzuerkennen, zu respektieren und damit betriebswirtschaftlich umzugehen.

In den vergangenen Tagen war ich an anderer Stelle erneut mit dem Thema Menschenbild konfrontiert. In dieser Auseinandersetzung ergab sich ein weiteres Bezugssystem, das hilft, Fragen rund um eine menschliche Betriebswirtschaft in meinem Verständnis besser zu verstehen. Ich nenne es das Magische Dreieck des Menschenbilds.

In den vielen Gesprächen, die ich bereits zu diesem Thema führen konnte, haben meine Gesprächspartner und ich doch in den allermeisten aneinander vorbei geredet. Und wenn nicht, lag das mehr an den geteilten Werten, denn an einem übertragbaren Menschenbild ;)!
Dieser Blindheit sind verschiedene unterschiedlich heftige und aus heutiger Sicht vermutlich vollkommen sinnentleerte Diskussionen geschuldet.Im Rahmen meiner aktuellsten Auseinandersetzung wurde etwas einfaches deutlich, dass ich dennoch all die Jahre nicht bewusst wahrgenommen habe.

Die Natur des Menschen: Im dritten Kapitel von Affenmärchen gehe ich den für mich maßgeblichen Fehlannahmen der Betriebswirtschaftslehre und aktuell häufig verbreiteten Hoffungsbotschaften bezüglich der Natur des Menschen nach. Ich objektiviere die Annahme, wonach Empathie für sich genommen schon ausreichend wäre, um die Welt zu retten. Gebe ein klares Statement gegen den Mainstream ab, wenn ich einen tagtäglich empirisch beobachtbaren Fakt ausspreche: Gewalt IST eine Lösung. Entlarve uns alle als irrational. Sage wir sind nur bedingt sowie eher zufällig zur Höchstleistung fähig. Und führe sowohl die X-Y-Theorie von McGregor aus wie das Dominanzprinzip von Immo Sennewald.

All diese Punkte beschäftigen sich mit der Natur des Menschen. Also mit Eigenschaften, die, wenn nicht alle, so doch die allermeisten Menschen teilen. Natürlich als Talent/ Fähigkeit mehr oder weniger stark ausgeprägt. Die Natur des Menschen ist an sich weder gut noch böse, weder betriebswirtschaftlich nützlich noch schädlich. Sie ist, was sie ist und wir augenblicklich darüber wissen/ davon verstanden haben.

Schnell und zumeist unbewusst gesellen sich zur Natur des Menschen ethische und moralische Ansprüche. Sie kommen aus dem Werte- und Erziehungssystem jeder einzelnen Person. Hier kommt die von Immo Sennewald erwähnte Polyzentrik zum ersten Mal zum tragen.

Ein Anspruch der Affenmärchen zugrunde liegt ist: Die Moral unserer Wirtschaft wird danach bewertet, inwieweit jeder Mensch sich in ihr sinnhaft erfüllt und erfüllen kann.
Dieser Anspruch ist alles andere als objektiv. Es ist meine Meinung und für mich ein hoher Wert. Wenn dieser für einen meiner Gesprächspartner nicht so relevant ist, haben wir den Verständnissalat. Denn ich habe das normalerweise kaum so bewusst formuliert wie heute hier.

Zu den Ansprüchen gesellen sich dann schnell noch persönliche Wertungen. So werte ich beispielsweise in Kapitel 7 die Notwendigkeit und den Nutzen von Herrn Ackermann – beispielhaft für verschiedene Vorstandsvorsitzende deutscher DAX-Unternehmen – für die Deutsche Bank doch eher gering. Und damit auch sein Verhalten als Mensch etc..

Auch diese Wertung ist natürlich subjektiv. Sie dürfte Herrn Ackermann in seinem Dasein kaum beeinflussen und hat schon mal gar nichts mit guten oder schlechten Menschen zu tun bzw. mit der Frage ob Herr Ackermann für das eine oder andere ein angebrachtes Beispiel ist. Auch hier ist es so – teilt jemand meine Bewertung nicht, haben wir den Verständnissalat.

Deshalb finde ich das Magische Dreieck des Menschenbilds, so banal es ist, als sehr hilfreich. Es macht mir bewusst, dass 2/3 meines und des Menschenbilds meines Gegenübers auf subjektiven Einstellungen und Annahmen beruht. Unsere Auseinandersetzung kann mit dieser Veranschaulichung effektiver und effizienter werden.

Für mich entscheidend ist:
Das Magische Dreieck des Menschenbilds ermöglicht einen kleinsten gemeinsamen Nenner für eine human zentrierte Betriebswirtschaft auch zwischen Menschen, die nicht dieselben moralischen Ansprüche und persönlichen Werte teilen. Das gelingt auf Basis der Natur des Menschen, die wir bis zu einem guten Maß objektivieren können!

Viele Grüße
Gebhard

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Eingeordnet unter Fixstern Mensch, Geschichten rund um Affenmärchen, off record

Alle sind Chef [1]

Gernot Pflüger hat sein Buch „Erfolg ohne Chef“ genannt und doch macht er genau das Gegenteil. In seinem Unternehmen kann, jetzt halten Sie sich fest, jeder Mitarbeiter unternehmerische Entscheidung durch eine einzelne Vetostimme verhindern. Das ist einer der Grundpfeiler, wie Pflüger überzeugt ist, für die ungefähr zwanzig jährige Erfolgsgeschichte seines Unternehmens in einem der stärksten Wettbewerbsmärkte, nämlich der Medienbranche. Und dabei haben die Mitarbeiter, was ihm sehr wichtig ist, Spaß bei der Arbeit. Bei CPP wird nicht in den Keller gegangen, um zu lachen, auch dann nicht, wenn hochrangige Kunden da sind.

Ricardo Semmler nannte sein Buch „The seven day weekend“ und berichtet, wie Mitarbeiter ihr Gehalt selbst festlegen und dem Unternehmenseigner den Firmenwagen unter dem Hintern weg beschließen, weil er schlicht mehr kostet als er einbringt. Könnte man bei Semco, der Firma von Semmler, noch den Eindruck haben, man müsste studiert sein, um derart verantwortungsvoll unternehmerisch zu handeln, wird bei Pflüger schnell klar: Diese Fähigkeit schlummert in allen Menschen aller Bildungsgrade und Karrierestufen.

Wenn ich also von demokratischen Strukturen für Unternehmen spreche und davon, alle zum Top-Manager zu machen, ist damit keineswegs gemeint, dass jeder in alle Entscheidungen involviert werden muss – das ist ja in der Demokratie auch nicht so. Jeder sollte die Gewalt haben, Entscheidungen mit seinem Veto zu blockieren. Das ist etwas anders als in der politischen Demokratie, denn hier gelten verschiedene Mehrheiten und das einsame Veto ist, wenn überhaupt, dem Präsidenten vorbehalten.

Doch lassen Sie uns einmal in die Extreme gehen. Wie wäre es, wenn jeder Mitarbeiter alle Entscheidungen, in die er sich einmischt, mit seinem Veto blockieren könnte? Und wie wäre es, wenn ihm zudem freistehen würde, in welche Entscheidungen er sich einmischt? In der traditionellen Denke, in der man zuerst an den eigenen Geldbeutel, dann an andere persönliche Vorteile, dann an den Geldbeutel und die Vorteile der engen Verbündeten usw. denkt, wäre es der sichere Tod des Unternehmens. Das Eigeninteresse würde den Erfolg des Unternehmens lähmen, bis der Herzstillstand einträte. Anders gesagt: undenkbar.
Greifen wir an dieser Stelle zurück auf die Erfahrungen aus dem Privatleben, in dem eine soziale Gruppe nicht einfach aufhören kann zu existieren. Außer man verabschiedet sich aus ihr, doch diese Möglichkeit besteht ja auch in jedem Unternehmen. Ergänzen wir diese Erfahrungen mit denen, die Gernot Pflüger und Ricardo Semmler von ihren wirschafts-demokratischen Unternehmen beschreiben, dann stellt sich heraus: Menschen gehen mit einem derart mächtigen Vetorecht sehr sorgsam und verantwortungsvoll um!

Es scheint dem gemeinen Homo sapiens eigen zu sein, wirkliche Verantwortung umsichtig und in geringen Dosen anzuwenden, nämlich dann, wenn er es für wahrhaft notwendig erachtet. Wir schlammpampen mit wirklicher Verantwortung nicht, wie das etwa Vorstandschefs deutscher DAX-Unternehmen mit ihrer scheinheiligen Macht tun, für deren Auswirkungen Sie nur dann die Verantwortung übernehmen, wenn sie auch positiv sind. Wir definieren uns auch nicht über sie, vielmehr haben wir ein gerüttelt Maß an Respekt vor ihr. Man kann das sogar feststellen, wenn man einem unreifen Teenager wirklich die Verantwortung für etwas übergibt.

Bei den Pfadfindern gibt es eine häufig mehrtätige Wanderung namens Haik, in der die Jugendlichen von den Dingen, die sie mitnehmen, über das Essen bis hin zur Wegstrecke und der Wegwahl (Waldwege, Straßen oder querfeldein) alles alleine entscheiden. Noch wichtiger ist allerdings, dass sie das Haik ohne die Begleitung von Erwachsenen machen. Sie sind auf sich selbst gestellt und für sich selbst verantwortlich. Natürlich achten ihre Leiter auf sie, indem sie die möglichen Wegstrecken abfahren, Passanten befragen, ob sie die Kinder gesehen haben und anderes mehr. Dennoch, auf ihrem Weg sind die Teenager als kleine Gruppe eigenverantwortlich unterwegs. Wenn sie baden wollen, baden sie, wenn sie Waldbeeren essen wollen, essen sie sie, wenn sie sich bei einer netten alten Dame zu Kaffee und Kuchen einladen, steht ihnen auch das offen und natürlich auch all die schlechten Dinge, von Vandalismus bis Drogenkonsum, die man sich so vorstellen kann. Ich habe ungefähr fünfzehn solcher Haiks als Jugendlicher mitgemacht und ein Vielfaches davon als Leiter begleitet. Grausliche Dummheiten kamen uns dabei weniger in den Sinn. Für sich selbst verantwortlich sein und der Welt zeigen können, dass man dieser Herausforderung gewachsen ist, war Abenteuer genug und zwar ganz unabhängig davon aus welcher sozialen Schicht man kam, welche Ausbildung man gerade machte oder welche Eltern man hatte.

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Eingeordnet unter 07 Management ist Geldverschwendung, Alle sind Chef

Wunsch und Wirklichkeit [3]

Es ist also nicht so, dass die Mehrheit der Menschen keine Verantwortung übernehmen will oder kann. Mit der Unterteilung in Manager und Gemanagte haben sie schlicht im Alltag keine Wahl mehr. Natürlich kann offiziell jede und jeder Manager werden, dennoch bleiben die Posten im Verhältnis zur Gesamtzahl der Mitarbeiter eher eine Seltenheit. Aus dieser Trennung in zwei Gruppen heraus, aus der selbst zugewiesenen Rolle des Managements, erwächst ein plausibler Grund für den Unwillen oder die Unfähigkeit vieler Menschen, Verantwortung zu übernehmen und sich intelligent einzubringen. Der Glaube des Managements: Viele Menschen wollen und können die Verantwortung gar nicht übernehmen, ist eine sich selbst erfüllende Prophezeiung – ein Teufelskreis. Er findet seinen wissenschaftlichen Beleg in einer von Andreas Zeuch in seinem Buch „Feel it!“ beschriebenen Fehlerquelle der Intuition, der so genannten Erwartungsfalle. Sie wurde entdeckt, als man Lehrern eine Liste von Schülern gab, die angeblich hochbegabt waren. Tatsächliche handelte es sich um zufällig ausgewählte Jugendliche. Dennoch, mit der Erwartung, ein Genie vor sich zu haben, behandelten die Lehrer diese Schüler anders und siehe da, als die Intelligenz der ausgewählten Kinder einige Monate später erneut bewertet wurde, waren sie tatsächlich intelligenter als ihre Mitschüler. Sprich: Wenn wir vom Bodensatz der Hierarchie erwarten, dass er keine Verantwortung übernehmen will oder kann, wird diese Erwartung sich erfüllen!

Wunsch: Manager sind die intelligente, moralische und wirtschaftlich nüchterne Führungselite.
Wirklichkeit: Aufgrund der Kürze der Geschichte von Andreas kann man wohl kaum feststellen, wer aus der Gruppe der oder die Intelligenteste sowie moralisch Gefestigtste und wirtschaftlich Nüchternste ist. Unterschiede sind allerdings schon erkennbar. Andreas beweist mit seiner Lesefreude sicherlich nicht das, was man gemeinhin unter guter Arbeitsmoral versteht, ganz egal wie langweilig seine Aufgabe war. Herr Schöttgen outet sich nicht gerade als Intelligenzbestie, während sich Claudia in ihrer Rolle als funktionierende Arbeitskraft durchaus schlau verhält. Andreas‘ Vater ist ganz bestimmt wirtschaftlich nüchtern unterwegs. Inwieweit es moralisch korrekt ist, die Situation so Knall auf Fall wieder zu verlassen, kann nicht wirklich beantwortet werden. Wirklich intelligent war es sicherlich nicht. Er konnte ja sehen, welche Bagatelle zu einem mehrstündigen Produktionsausfall geführt hatte. Hier wären zwei Minuten für ein wenig Empowerment und die Forderung von Selbstorganisation, in Form von eigenständigem Nachschauen, ob beim nächsten Mal wieder der Keilriemen runter ist, mehr als angebracht gewesen.
Bemerkenswert ist: Alle drei Beteiligten zeigen sich völlig blind gegenüber dem Ritual der organisierten Verantwortungslosigkeit. Angesichts der tagtäglichen Meldungen in den Medien und der gesamten Menschheitsgeschichte ist es ziemlich paradox romantisch anzunehmen, das Management oder die Führung vereine automatisch die besseren, intelligenteren und leistungsstärkeren Menschen. Ebenso trübt die Unterstellung den Blick, alle Manager und Führer seien egoistische, gewissenlose und schmarotzende Eigennutzenmaximierer. Manager sind eben ganz normale Menschen ohne Superkräfte und das „Wir wissen was gut für euch ist“- Gen.

Manager und Führungskräfte erzielen überdurchschnittliche bis herausragende Einkommen und einer der Hauptgründe dafür ist der Sachverhalt, dass sie Manager und Führungskräfte sind. Die anderen Fakten, nach denen sie weder intelligenter, noch erfahrener, noch energetischer noch entscheidungsfreudiger oder -sicherer, noch nützlicher für die Gemeinschaft, noch verantwortlicher, noch altruistischer, noch demütiger, noch akribischer noch irgendwie sonst in einem positiven Sinne besonderer wären als alle anderen Menschen, werden da gerne einmal weggefiltert und ignoriert. Aus dem Blickwinkel eines Unternehmens betrachtet ist das dumm. Mögen die formulierten Wunschvorstellungen es noch rechtfertigen, so viel mehr Geld für derart durchschnittliche Menschen auszugeben, die vom Management so oft beschworene Sicht auf die Tatsachen tut es nicht.

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Eingeordnet unter 07 Management ist Geldverschwendung, Kleine Sache, große Wirkung

Wunsch und Wirklichkeit [2]

Wunsch: Führungskräfte erreichen ihre Positionen aufgrund ihrer Haltung und Persönlichkeit. Sie haben einen Blick für das Ganze, gehen vernünftig mit ihrer Macht um und verfügen über ein hohes Maß an sozialer und emotionaler Intelligenz.
Wirklichkeit: Menschen werden aus vielerlei Gründen zu Managern. Nur ein kleiner Anteil infolge der oben genannten Qualitäten. Gründe jemanden zum Manager zu machen, die mir in meinem Berufsleben wiederholt begegneten, sind:

  • Es wurde vertraglich so vereinbart
  • Bevor jemand zur Konkurrenz geht wird er eben befördert
  • Man ist langjähriger Mitarbeiter
  • Um ein Mehrgehalt im Gehaltsspiegel unter zu bringen, das jemand aufgrund von besonderen Verdiensten für die Firma bekommen soll – so etwa ist Andreas‘ Vater zu seiner ersten Führungsposition gekommen
  • In Anerkennung der fachlichen Kompetenz
  • Um jemanden weg zu loben – das könnte hinter der Karriere von Herrn Schöttgen stecken.
  • Im Schlepptau der Karriere eines anderen, dem man als Vasall in den politischen Machtspielchen treu gedient hat
  • Damit jemand aufhört, sich weiter anzubiedern und ständig beim Chef darum zu bitten
  • Weil jemand ein gottgegeben großes Ego, das notwenige rhetorische Talent und tatsächlich den ganz selbstbezogenen Willen hat, Chef zu sein
  • Aufgrund einer speziellen Kenntnis, beispielsweise einer Fremdsprache wie Russisch, Chinesisch oder auch Italienisch, die gerade für den Unternehmensaufbau benötigt wird

Sicherlich können Sie die Liste aus ihrer eigenen Erfahrung noch um einige Punkte ergänzen oder haben soeben neue Gründe kennen gelernt, warum jemand zum Manager wurde. Nehmen Sie einmal Ihre und meine Liste sowie die Tatsache zusammen, dass augenscheinlich nur ein geringer Anteil der Mitarbeiter Manager sein können. Schnell wird deutlich, es kann sich bei der Führungskraft mit dem Blick fürs Ganze, dem Willen verantwortlich mit Macht umzugehen, einer hohen sozialen wie auch emotionalen Kompetenz, mit der Bereitschaft, sich selbst zu hinterfragen sowie einer reifen Haltung und Persönlichkeit rein statistisch und ganz wirklich nur um eine seltene Ausnahme handeln.

Wunsch: Der Manager hat zuvorderst das Wohl des Unternehmens im Sinn.
Wirklichkeit: In unserer Episode verbietet Herr Schöttgen Andreas das Denken, weil er die Macht dazu hat. Zum Wohle des Unternehmens kann es in der Szene sicherlich nicht falsch sein, die Intelligenz des Ferienjobbers zumindest als Möglichkeit in Erwägung zu ziehen. Das Öffnen der Maschinenklappe, um die Idee des Ferienarbeiters zu prüfen, dauert sicherlich keine zwei Stunden.
Wir leben allerdings in der Welt der Ellenbogen-Führungskräfte, der Wirtschafts-Darwinisten, die nicht verstehen wollen, dass Darwin seine Erkenntnisse und Rückschlüsse vor mehr als einem Jahrhundert gesammelt und gezogen hatte. Damals war die Welt aus der Sicht des Menschen vielleicht noch auf das Recht des Stärkeren als unabdingliches Naturgesetz reduzierbar. Unsere Wirtschaft ist der Tummelplatz maßloser Macht- und Reichtumsegoisten, der fleischgewordenen Eigennutzenmaximierungsmaschinen, die ihrer Selbstbefriedigung götzenverehrend blind hinterherlaufen. Wir existieren in der Ehrfurcht vor heldenhaftem, diszipliniertem und hartem Durchgreifen. Wir baden geradezu in unserer Ohnmacht gegenüber der stillschweigenden Akzeptanz von physischer und psychischer Gewalt als unabänderbare Notwendigkeit in Sachen Führung. Da kann es nur richtig und billig sein, dass der Ober den Unter sticht und der Bereichsleiter den Jobber in die Schranken weist.

Wunsch: Wir brauchen Manager, weil viele Menschen die Verantwortung gar nicht übernehmen wollen oder können.
Wirklichkeit: In unserer Geschichte hätte Claudia Andreas bereits ganz zu Beginn fördern und mit ihm gemeinsam Verantwortung übernehmen können. Sie wollte genau das offensichtlich nicht, nicht einmal (oder schon gar nicht) dann, als ein Vorgesetzter im Raum war. Ist Claudia so oder hat ihr Verhalten andere Gründe? Mit hoher Wahrscheinlichkeit gibt es Momente in Claudias Leben, in denen sie Verantwortung übernimmt und ebenso vernünftig entscheidet wie man es von ihren Vorgesetzten erwartet. Claudia trifft vermutlich bei Alltäglichem, wie etwa Einkaufen, sinnvolle Entscheidungen, wenn sie darüber befindet, wie und für was sie ihr Geld ausgibt. Sie darf auch langfristige und großvolumige Kredite für ihr Auto oder den Bau eines Hauses aufnehmen und wir vertrauen mehrheitlich darauf, dass sie weitsichtig genug ist, dieser Verantwortung gerecht zu werden. Wenn dem mehrheitlich nicht so wäre, wäre unsere Gesellschaft ein zum Himmel schreiend dummes Chaos. Außerhalb des Unternehmens gehen wir also davon aus: Claudia ist ein verantwortungsvoller und -bewusster Mensch.

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Eingeordnet unter 07 Management ist Geldverschwendung, Kleine Sache, große Wirkung

In Masse intelligent Sinn finden, anstatt gesund zu verdummen [2]

In den Firmen sind das die Unternehmer, Geschäftsführer und Shareholder. Sie können ihre Arbeiter bespitzeln, ausbeuten und gängeln. Ihre Führungskräfte können sie verheizen, zur Verantwortung ziehen und erpressen. Beide Personalgruppen dürfen sie bei entsprechender Absicherung und Vorsicht ganz legal und ohne ein Gesetz – außer vielleicht das des guten Geschmacks – zu übertreten, deprimieren, demütigen und entlassen. Was sie dabei riskieren ist auf spiritueller Ebene ewige Verdammnis für diejenigen, die noch an ein Fegefeuer glauben und die Ausschüttung einer Abfindung für entlassene Geschäftsführer, eine Sonderdividende für verärgerte Shareholder oder beides für besonders geschickte Konzernbosse, die sich neben der beruhigenden Entlassungsklausel auch noch einen ordentlichen Batzen an Vorzugsaktien gesichert haben. Sollten sie nicht ihrer Ämter enthoben werden, finden sie schnell wieder neue willige Spieler auf Seiten der Denkregulierer wie auch der -delegierer. Ein stabiles Geschäft eben, das wenig Risiken bei hohen Gewinnen verspricht. Eines ist zu beachten, sonst funktioniert das System nicht: Es darf nicht zu viele Unternehmer geben. Vielleicht fußt genau darauf der Glaubenssatz des gesunden Wirtschaftens: „Es kann ja nicht jeder ein Unternehmer sein.“

Der Vollständigkeit halber sei gesagt, dass diese Klasse der Unternehmer und Geschäftsführer in Firmen mit mindestens einhundert Mitarbeitern anzutreffen sind. Bei kleineren Unternehmen ist durchgängiges Denkdelegieren unvorstellbar und würde sicherlich mit dem baldigen Konkurs des Kleinunternehmers bestraft, der hier doch noch voll mit in der Verantwortung steht. Dennoch trifft man auch in den kleinen Firmen das Wechselspiel zwischen Delegierern und Regulierern häufig an, wenn auch lange nicht auf dem professionellen Niveau der Konzernwelt. Das alles wäre – angesichts der Durchlässigkeit – halb so schlimm. Die allseits beschworenen Gewinner und Verlierer, die wir dann sind, könnten bereits hier als Erklärung genügen, um mit der Gesamtsituation Frieden zu schließen.

Allerdings vereiteln wir uns genau damit die großen Chancen der intelligenten Massen. Denn wir schaffen einen stabilen Raum, in dem etwas zu wissen wertvoller ist, als selbst zu denken, in dem Ergebnisse und zählbare Antworten kostbarer sind, als Fragen und Bedenken, in dem beschäftigt zu funktionieren einem sinnerfüllten Leben gleichgesetzt wird. Aus diesen Systemen entstehen – in einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung – die blinden und wütenden Mobs, die Menschenmassen offensichtlich jeden klaren Gedanken und jedes sinnvolle Handeln in Gruppe austreiben. Intelligente Massen können sich in einem solchen Gefüge nicht entfalten. In einer demokratisch freiheitlichen Grundordnung, wie sie für viele Nutzer von Google, Wikipedia und Twitter besteht, ist es allerdings möglich. Natürlich gibt es auch hier in diesen Systemen noch Editoren und Administratoren, die ein Letztentscheidungsrecht wahrnehmen. Dennoch geben diese Werkzeuge der Massenintelligenz heute bereits eine Freiheit, die ihre Leistungsfähigkeit wiederholt unter Beweis stellt.
Zudem sind am Ende des Tages die Gedanken doch immer noch frei. Intelligente Massen leben von unabhängigem Denken, eigener Meinung und der Vermeidung von Kollektiven und anderen Herdenbildungen. Sie brauchen fremde Einflüsse, durchlässige Grenzen, Kritik und Kritikfähigkeit. Neben diesen äußeren Bedingungen ist es wichtig, dass die Menschen mit den Themen, um die es geht, emotional verbunden sind. Die Themen, etwa des Unternehmens, sollten alle persönlich betreffen. Das Denkdelegierer/ -regulierer Spiel entkoppelt Menschen emotional von ihrem Betrieb. Sie werden schlicht an eine schmierige Klassenkampfparodie gekoppelt. Die Geschicke und das Wohl des Unternehmens rücken hinter die individuelle Rollenidentität. Wobei die Durchlässigkeit zwischen den Rollen jedwede mögliche moralische Konsequenz ad absurdum führt. Kaum gehört man zu den Regulierern – schon sind die Delegierer faule Drückeberger. Sind die äußeren Bedingungen sowie die emotionale Verbundenheit gegeben, braucht die Masse noch die Möglichkeit, sich friedlich abzustimmen. Dann trifft sie, wissenschaftlich nachweisbar, durchgängig die besseren Entscheidungen. Dies tut sie gerade bei einem hohen Maß an Unvorhersagbarkeit, uneindeutiger Datenlage und dementsprechend unüberschaubarer Komplexität. Da diese Entscheidungen nicht selten im wahrsten Sinne des Wortes überlebenswichtig sind, sollten Unternehmen es sich nicht leisten, noch länger auf diese Intelligenz zu verzichten.

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Eingeordnet unter 06 Masse mit Klasse, In Masse intelligent Sinn finden anstatt gesund zu verdummen

Denkdelegierer und Denkregulierer – zieht euch warm an!

Als Andreas zum ersten Mal geschäftlich nach Amerika musste, drangen viele Eindrücke auf ihn ein. Zum Teil war er überrascht, zum Teil besorgt aber auch belustigt. Die amerikanische Einstellung zum Arbeitsverhältnis bescherte ihm sowohl Sorgen wie auch herzhaftes Lachen. So hatte er an einem Nachmittag bei der Kaffeepause ein Besorgnis erregend lustiges Gespräch mit Mike. Mike war vor fünf Jahren von Michigan in den Süden der Vereinigten Staaten nach Alabama gekommen. Sein Beweggrund: Ein um zehntausend Dollar höheres Jahressalär. Unbekümmert erklärte der junge Vater zweier Kinder, der Andreas tags zuvor spontan und höchst gastfreundlich zu sich nach Hause zum Abendessen eingeladen hatte, der andere Job hätte ihm sogar besser gefallen. Auch waren seine sowie die Familie seiner Frau und die gemeinsamen Freunde in Michigan geblieben. Mit Blick auf das lukrative Angebot war all das kaum relevant. Auf Andreas‘ Frage: „Würdest Du, bei nochmals zehntausend mehr, auch nach Kalifornien ziehen?“ Antwortete Mike grinsend: „Natürlich!“

Andreas dachte: „So sieht wohl das Thema Gewinnmaximierung für den kleinen amerikanischen Mann aus.“ Es erinnere ihn an das Buch „Der flexible Mensch“ des amerikanischen Soziologen Richard Sennet, in dem ein junger amerikanischer Ingenieur beschrieben wird, der ob seinen vielen Job- und damit fast immer verbundenen Ortswechseln praktisch allen Kontakt zu seiner Familie, den Freunden und sogar seinen Bekannten verloren hatte. Sein Konto war gut gefüllt, seine emotionalen Sparbücher dahingegen nahezu aufgebraucht.

Andreas wollte nicht tiefer in das Thema einsteigen. Er wollte schwierige Themen umschiffen, schließlich war er nur für wenige Tage hier. Deshalb fragte er Mike stattdessen wie sich die Gehaltserhöhung auf seine Arbeit, deren Inhalte und die neuen Aufgaben ausgewirkt habe? Er war überrascht und musste lachen, als Mike ihm erklärte: „Na gar nicht. Es ist doch nicht meine Aufgabe, mich als Ressource für das Unternehmen zu nutzen. Das ist die Verantwortung des Unternehmens. Auch als whitecollar mache ich, was mir gesagt wird, nicht mehr und nicht weniger. Denken müssen hier andere und die sollten sich anstrengen, denn wenn sie es nicht tun, vergeuden sie ja schließlich mein höheres Einkommen.“ Mike grinste zufrieden und ging zurück zu seinem Bildschirm, um auf Anweisungen zu warten. „So,“ dachte sich Andreas, „das ist dann wohl Rache des kleinen amerikanischen Mannes mit Blick auf die industrielle Ausbeutung.“ Auch wenn es ihn störte, dass hier offensichtlich intelligentes Potential verschwendet wurde – die Ironie, mit der Mike den Spieß herum drehte und sich als kleines unkontrollierbares Individuum den Hochleistungsparolen entzog war durchaus unterhaltsam.

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Eingeordnet unter 06 Masse mit Klasse, Denkdelegierer und Denkregulierer - zieht euch warm an!

Das liebe Geld [2]

  • Glaubenssätze der Wirtschaft: „Geld beruhigt, bringt Sicherheit, ja sogar Freiheit und macht wirtschaften überhaupt erst möglich.“
    „Über Geld spricht man nicht, Geld hat man.“

Erkenntnisse der Wissenschaft: Sinnvolles Wirtschaften fußt auf Kooperation, Vertrauen und Fairness. Drei Werte, die in nahezu allen Unternehmensleitbildern weltweit nicht fehlen dürfen. Doch wie steht das Thema Geld zu diesen Werten? Fasst man die Ergebnisse von Kathleen Vohs Studien zusammen, dann verhindert Geld das Bitten um Hilfe, hemmt die eigene Hilfsbereitschaft, schafft physisch messbar Distanz zwischen Menschen und macht einsam. Mit anderen Worten: Die Zeit, die für Gespräche, Artikel, Sendungen und Diskussionen über Tarifverträge, Renten, Arbeitslosengeld, Hartz IV, Boniregelungen, Leistungsausgleiche, Überstundenvergütung, Spielergehälter, Anzeigenpreise, Einkommensranglisten und dergleichen mehr verbraucht wird, ist nicht nur Zeit, in der nicht gearbeitet wird; es ist Zeit, die vertrauensvolle Zusammenarbeit und Kooperation oder anders gesagt sinnhaftes Wirtschaften vernichtet.

  • Glaubenssätze der Wirtschaft: „Wo es Gewinner gibt, muss es Verlierer geben.“
    „Es wird immer so sein, dass fünf Prozent mehr haben als der Rest und diese fünf Prozent sagen, wo‘s lang geht, schließlich kann nicht jeder führen.“

Erkenntnisse der Wissenschaft: Die Langzeitstudien von Whitehall I und II sowie das aktuelle Buch von Richard Wilkinson und Kate Pickett „Gleichheit ist Glück“ zeigen auf, dass die Industriegesellschaften der sozialen Marktwirtschaft mit ihrem Slogan „Wohlstand für alle“ richtig lagen. Leider wurde dieser Slogan zwischenzeitlich gehörig verbogen. In der heutigen Casting-Generation bedeutet er: Jeder hat die Chance superreich zu werden, ganz unabhängig übrigens von Bildung und Leistung. Gelingen kann es nur sehr wenigen. Dabei verschwindet das Verständnis, wonach Wohlstand eben gerade nicht monetärer Reichtum ist. In den Industrienationen, in denen die Schere zwischen Arm und Reich, besonders drastisch auseinander klafft, finden wir unter anderem mehr Probleme in der Gemeinschaft, weniger Vertrauen und häufiger gestörte soziale Beziehungen als in Ländern, in denen die Einkommensungleichheit weniger ausgeprägt ist (z.B. USA vs. Schweden oder Japan). Und dennoch wollen die meisten zu den wenigen Reichen gehören, ohne zu erkennen, was diese Haltung bewirkt.
Der zunehmende Mangel an Vertrauen, Gemeinschaft und gesunden sozialen Beziehungen wirkt sich gesellschaftlich in Form von Drogenkonsum oder steigender Gewaltbereitschaft aus. Darüber hinaus hat dieser Mangel auch direkte körperliche Auswirkungen auf unsere Gesundheit und Lebenserwartung. Zu große Unterschiede im Einkommen schaden nicht nur unseren Gesellschaften, so die wissenschaftlichen Erkenntnisse, sie schaden gleichermaßen unseren Unternehmen. Sie verursachen und befördern nachweislich Krankheit, Misstrauen, schlechte kognitive Leistungen und Aggression. Also genau die Charakteristiken, die wir mit sinngekoppelten Unternehmen überwinden.

Würden wir uns rational wissenschaftlich mit dem Thema Geld als Einkommen auseinandersetzen, wäre klar: Für alle Arbeiten, in denen Intelligenz, Kreativität und Verantwortung, kurz Mitdenken, gefragt ist, sollte die Leistungserbringung nicht mit Prämien, Boni oder ähnlichem angereizt werden. Und vermutlich kann auch bei allen anderen Formen der Arbeit ohne Einbußen darauf verzichtet werden. Für ein hohes Maß an Kooperation, Vertrauen und Fairness sollte Geld nicht tabuisiert werden und dennoch nur einen möglichst kleinen Teil der Kommunikationszeit im Unternehmen einnehmen.
Mein Rat: Sorgen Sie für Transparenz der Kassen – der Gewinne und Verluste, Investitionen, Betriebskosten usw. – dann verliert das Geld den Reiz des Unausgesprochenen und Spekulativen und wird als Klatsch- und Tratschthema langweilig. Für ein gutes, nicht aggressives Betriebsklima, Gesundheit sowie allgemeine Zufriedenheit bei den Mitarbeitern, sprich eine positive Unternehmenskultur, sollte darauf geachtet werden, dass der Unterschied zwischen dem niedrigsten und dem höchsten Einkommen nicht zu groß ist. Zugespitzt kann wissenschaftlich basiert gesagt werden: Die Abschaffung leistungsbezogener Einkommen, Kassentransparenz und gleicher Lohn für alle ist eine Erfolg versprechende Rezeptur für intelligente Leistungen im Rahmen eines kooperativen, zufriedenen, gesunden und fairen, also sinnhaften Wirtschaftens. Wie das in der unternehmerischen Praxis funktioniert, beschreibt Gernot Pflüger in seinem Buch „Erfolg ohne Chef“, in dem er sein Leben sowie die zwanzig jährige Erfolgsgeschichte seiner Firma als praktischen und nicht zu leugnenden unternehmerischen Real-Nachweis ins Feld führt. Die Frage ist also: Wollen Sie sich für eine bessere Wirtschaft der Wirklichkeit und dem Stand der Wissenschaft stellen und die Konsequenzen ziehen?

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Eingeordnet unter 05 Der Bluff, Das liebe Geld

Master and Servant [1]

Andreas war jetzt seit einigen Jahren mit der Bereichsleitung betraut. Im Konzern war es einer der kleinsten Bereiche, zählten zu ihm doch gerade einmal 28 Mitarbeiter, Führung inklusive. Da kannte jeder jeden persönlich. Trotzdem war es ein selbständiger Geschäftsbereich, denn Andreas trug die Verantwortung für die Entwicklung, die Produktion, die Verpackung und die Vertriebslogistik des Produktes und sein Vorgesetzter war Mitglied des Direktionsgremiums des Standortes. Darüber kam nur noch die Konzernzentrale. Ihr Produkt war eine Cash-Cow – wenig und kontrollierter Aufwand bei zugleich enormem Ertrag. Andreas hatte so etwas wie Narrenfreiheit, war er doch der einzige im ganzen Konzern, der wirklich die gesamte Versorgungskette und das Produkt mit seinen physikalischen und chemischen Eigenschaften kannte. An diesem Freitagmorgen bekam er eine Nachricht, die den Narren in ihm heraus forderte.

Ohne Zwischenstation über seinen Chef erhielt er aus einem Verwaltungsbereich der Konzernzentrale die Anweisung bis zum kommenden Dienstag eine Liste von drei Mitarbeitern zu erstellen, die laut seiner Einschätzung entbehrlich waren. Grund: Im Rahmen von COPE (Cost Efficiency Personal Economization) hatte eine Analyse der Leistungsdaten ergeben, dass in seinem Bereich 3,4 Mitarbeiter über Bedarf arbeiteten. In einem Vorstandsbeschluss war daraufhin entschieden worden, alle entsprechenden Potentiale auf die nächst niedrigere Zahl abzurunden und als Zielvorgabe für die notwendigen Einsparungen festzulegen. Andreas balancierte das Memo einige Zeit zwischen seinen Fingern, füllte die darunter aufgedruckte Tabelle aus, die zur Rückmeldung genutzt werden sollte und schickte das Memo via Fax zurück an die Verwaltung. Knapp eine halbe Stunde später wurde er in das Büro seines Chefs zitiert; jetzt musste er schmunzeln.
„Was hast du dir dabei gedacht!?“ Andreas Chef überging jede Begrüßungsfloskel „Mich, dich und deine einzige Führungskraft auf die Liste zu setzen?“ Ohne Eile setzte sich Andreas auf den Stuhl gegenüber dem schweren Schreibtisch. „Na ja, auf dem Memo stand: Die Mitarbeiter, die laut meiner Einschätzung am entbehrlichsten sind. Du, der Kollege und ich sind nur mit administrativen Aufgaben betraut. Wenn wir gegangen werden läuft die Produktion und damit die Wertschöpfung problemlos weiter, bis es eine Produktänderung zu geben hat, und die kann ja dann auch die Zentrale vorgeben.“ Sein Chef wogte gegen die schelmische Ruhe von Andreas an, der nicht von seinen Vorschlägen abwich. Das Ende vom Lied: Niemand wurde entlassen.

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Eingeordnet unter 03 Menschenbildstörung, Master and Servant

Das weiße Mädchen [2]

Mit diesem Bild ist McGregor in die Welt hinaus gegangen und hat die dazugehörigen Menschen gesucht. Gefunden hat er Typ Y:

Einstellung: Menschen brauchen Arbeit und interessieren sich für sie. Ja sie macht sogar Spaß.

Orientierung: Menschen steuern und regulieren sich selbst in Richtung von Zielen, die sie akzeptieren.

Verantwortung: Menschen suchen und akzeptieren Verantwortung unter den richtigen Bedingungen.

Motivation: Menschen sind motiviert und wollen ihr eigenes Potenzial entfalten.

Kreativität: Kreativität und Vorstellungskraft sind verbreitet und werden selten angemessen ausgeschöpft.

Jetzt beginnt das Experiment. Machen Sie selbst mit und legen dazu einfach zwei Blatt Papier vor sich auf den Tisch. Meine Gruppe fordere ich jetzt auf, den grünen Karton zu nehmen (Sie können dafür das rechte Blatt Papier benutzen), sich zu konzentrieren und den Buchstaben aufzuschreiben, der für den Menschentyp steht, dem sie sich selbst zuordnen würden. Also welcher Menschentyp beschreibt Sie treffender, X oder Y? Wenn der Buchstabe notiert ist, wird der Karton dem Sitznachbar weiter gereicht. Jetzt wird der rote Karton genutzt (Sie nehmen das linke Blatt Papier). Bevor man hier etwas aufschreiben kann, gilt es, in sich zu gehen. Denken Sie über ihr Arbeitsleben nach, über die Kollegen, die Kunden, die Lieferanten und andere interne oder externe Geschäftspartner und schätzen Sie dann ein, wie viel Prozent dieser Menschen X-Typen sind. Wenn Sie sich für eine Zahl entschieden haben (50, 60 oder 80 Prozent), schreiben Sie sie auf. Die Teilnehmer geben nun den Karton wieder an den Nachbarn weiter, so dass jetzt erneut alle zwei Kartons vor sich haben, einen mit einem Buchstaben, den anderen mit einer Zahl. Dann nehmen alle den Karton mit dem Buchstaben in die Hand und ich fordere diejenigen auf, die Hand zu heben, die dort ein X lesen. Ich habe dieses Experiment sicherlich mit mehreren Hundert Menschen gemacht und nie hat sich jemand ernsthaft gemeldet. Danach frage ich, wie viele auf dem Karton mit der Zahl eine Null stehen haben. Wie ist es mit Ihnen?
In meinen Experimenten sind es maximal zwei Prozent der Teilnehmer, die hier eine Null lesen. Die Erkenntnis: Es gibt wohl keinen geistig gesunden Menschen, der sich selbst als überwiegend X identifizieren würde. X existiert demnach nur in unserem Kopf und ist ein Vorurteil über andere Menschen.
Jetzt geht normalerweise ein Raunen durch den Saal, die Widersprecher recken den Hals oder den Arm in die Höhe oder platzen einfach aus sich heraus mit Kommentaren wie: „Da waren sie aber noch nie bei uns.“ oder „So viel zum Beraterwissen. Sie sind so weit weg von der Realität, wie man nur sein kann.“ Ich warte das Raunen ab und dann mache ich das Mädchen weiß. „Ich bin überzeugt,“ sage ich „dass wir Y-Typen sind, doch eines ist klar: Wir alle können uns wie X-Typen verhalten und tun das auch regelmäßig. Das haben wir spätestens in der ersten Schulklasse gelernt!“

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Eingeordnet unter 03 Menschenbildstörung, Das weiße Mädchen

Das weiße Mädchen [1]

Kennen Sie den Film „Die Jury“ mit Samuel L. Jackson und Matthew McConaughey? Im Film erschießt ein Schwarzer in den Südstaaten der USA vor der versammelten Gemeinde die weißen Vergewaltiger seiner zehnjährigen Tochter. Ein ehrgeiziger, junger weißer Anwalt übernimmt die Verteidigung. Im Verlauf des Films werden die Abgründe und das daraus entstandene Leid des Rassismus nach allen Regeln der Kunst genutzt, um Sympathie für den angeklagten schwarzen Vater aufzubauen, der offensichtlich Selbstjustiz geübt hatte. Doch trotz des Verständnisses für die Tat und einem höchst unsympathischen und egoistischen Ankläger scheint die Verteidigung, juristisch durchaus korrekt, auf verlorenem Posten zu stehen, als der weiße Verteidiger mit seinem Abschlussplädoyer beginnt. Noch einmal schildert er die Vergewaltigung der zehnjährigen schwarzen Tonya Hailey auf ihrem Heimweg. Wie sie von ihren Peinigern wie Müll im Straßengraben vergessen wird und sich blutüberströmt nach Hause rettet. Wie der Vater vor Wut das Gesetz in die eigenen Hände nimmt und die Täter ermordet. So eindringlich, grausam und emotional die Erzählung auch ist, die Geschworenen zweifeln erkennbar, bis der junge Anwalt das System in dem sie denken mit seinem Abschlusssatz zerbricht: „Und jetzt stellen sie sich vor, das Mädchen wäre weiß.“

Gerade bei unserem Bild vom Menschen, vor allem in der Wahrnehmung anderer Menschen, sollten wir unsere Denksysteme durchbrechen: Die der bequemen Vorurteile des Vergangenheits-Schemas („Das war schon immer so“ bzw. „früher besser“) wie auch die Visionen vom humanitätsduseligen Eiapopeia einer idealen Zukunft. Will man ein kooperatives, lebensbejahendes, humanes und sinnhaft wirtschaftendes Unternehmen betreiben, helfen diese gängigen Systeme nicht weiter. Es gilt, nahe an uns Menschen heran zu treten und neben dem was uns gefällt auch das anzuschauen, was uns nicht gefällt und gefährlich werden wird, wenn wir es nicht berücksichtigen: Konflikte sind, da die Ziele von Menschen konkurrieren, unvermeidlich. Ob sie zu Katastrophen werden, hängt wesentlich von der gegenseitigen Wahrnehmung der Beteiligten ab.

In Vorträgen, Workshops und bei Beratungsprojekten mache ich gerne ein Experiment, um die Anwesenden aus ihrem Denksystem zu holen. Für das Spiel erhalten alle zwei unterschiedlich farbige Kartons, einen grünen (oder blauen, egal, aber ausreichend anders als rot) und einen roten. Dann zeige ich ihnen die Unterscheidung in die Menschentypen X und Y von Douglas McGregor, einem Motivationsforscher aus den sechziger Jahren.
Den Menschentyp X hat McGregor aus der Lehre des Scientific Management abgeleitet, die sich bis heute kaum verändert hat. Der Typus basiert auf der Beschreibung der Arbeiter, die innerhalb dieses Denksystems beschäftigt werden. Für das Experiment beschreibe ich ihn so:

Einstellung: Menschen arbeiten ungern, finden die Arbeit  langweilig und nervig und versuchen sie zu vermeiden.

Orientierung: Menschen muss man zwingen oder bestechen, für eine angemessene Anstrengung.

Verantwortung: Menschen bevorzugen Anweisungen und vermeiden Verantwortung..

Motivation: Menschen werden wesentlich über Geld motiviert und fürchten um die Sicherheit ihrer Arbeit.

Kreativität: Die Mehrheit der Menschen ist wenig kreativ – außer darin, Managementregeln zu umgehen.

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