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Alle sind Chef [1]

Gernot Pflüger hat sein Buch „Erfolg ohne Chef“ genannt und doch macht er genau das Gegenteil. In seinem Unternehmen kann, jetzt halten Sie sich fest, jeder Mitarbeiter unternehmerische Entscheidung durch eine einzelne Vetostimme verhindern. Das ist einer der Grundpfeiler, wie Pflüger überzeugt ist, für die ungefähr zwanzig jährige Erfolgsgeschichte seines Unternehmens in einem der stärksten Wettbewerbsmärkte, nämlich der Medienbranche. Und dabei haben die Mitarbeiter, was ihm sehr wichtig ist, Spaß bei der Arbeit. Bei CPP wird nicht in den Keller gegangen, um zu lachen, auch dann nicht, wenn hochrangige Kunden da sind.

Ricardo Semmler nannte sein Buch „The seven day weekend“ und berichtet, wie Mitarbeiter ihr Gehalt selbst festlegen und dem Unternehmenseigner den Firmenwagen unter dem Hintern weg beschließen, weil er schlicht mehr kostet als er einbringt. Könnte man bei Semco, der Firma von Semmler, noch den Eindruck haben, man müsste studiert sein, um derart verantwortungsvoll unternehmerisch zu handeln, wird bei Pflüger schnell klar: Diese Fähigkeit schlummert in allen Menschen aller Bildungsgrade und Karrierestufen.

Wenn ich also von demokratischen Strukturen für Unternehmen spreche und davon, alle zum Top-Manager zu machen, ist damit keineswegs gemeint, dass jeder in alle Entscheidungen involviert werden muss – das ist ja in der Demokratie auch nicht so. Jeder sollte die Gewalt haben, Entscheidungen mit seinem Veto zu blockieren. Das ist etwas anders als in der politischen Demokratie, denn hier gelten verschiedene Mehrheiten und das einsame Veto ist, wenn überhaupt, dem Präsidenten vorbehalten.

Doch lassen Sie uns einmal in die Extreme gehen. Wie wäre es, wenn jeder Mitarbeiter alle Entscheidungen, in die er sich einmischt, mit seinem Veto blockieren könnte? Und wie wäre es, wenn ihm zudem freistehen würde, in welche Entscheidungen er sich einmischt? In der traditionellen Denke, in der man zuerst an den eigenen Geldbeutel, dann an andere persönliche Vorteile, dann an den Geldbeutel und die Vorteile der engen Verbündeten usw. denkt, wäre es der sichere Tod des Unternehmens. Das Eigeninteresse würde den Erfolg des Unternehmens lähmen, bis der Herzstillstand einträte. Anders gesagt: undenkbar.
Greifen wir an dieser Stelle zurück auf die Erfahrungen aus dem Privatleben, in dem eine soziale Gruppe nicht einfach aufhören kann zu existieren. Außer man verabschiedet sich aus ihr, doch diese Möglichkeit besteht ja auch in jedem Unternehmen. Ergänzen wir diese Erfahrungen mit denen, die Gernot Pflüger und Ricardo Semmler von ihren wirschafts-demokratischen Unternehmen beschreiben, dann stellt sich heraus: Menschen gehen mit einem derart mächtigen Vetorecht sehr sorgsam und verantwortungsvoll um!

Es scheint dem gemeinen Homo sapiens eigen zu sein, wirkliche Verantwortung umsichtig und in geringen Dosen anzuwenden, nämlich dann, wenn er es für wahrhaft notwendig erachtet. Wir schlammpampen mit wirklicher Verantwortung nicht, wie das etwa Vorstandschefs deutscher DAX-Unternehmen mit ihrer scheinheiligen Macht tun, für deren Auswirkungen Sie nur dann die Verantwortung übernehmen, wenn sie auch positiv sind. Wir definieren uns auch nicht über sie, vielmehr haben wir ein gerüttelt Maß an Respekt vor ihr. Man kann das sogar feststellen, wenn man einem unreifen Teenager wirklich die Verantwortung für etwas übergibt.

Bei den Pfadfindern gibt es eine häufig mehrtätige Wanderung namens Haik, in der die Jugendlichen von den Dingen, die sie mitnehmen, über das Essen bis hin zur Wegstrecke und der Wegwahl (Waldwege, Straßen oder querfeldein) alles alleine entscheiden. Noch wichtiger ist allerdings, dass sie das Haik ohne die Begleitung von Erwachsenen machen. Sie sind auf sich selbst gestellt und für sich selbst verantwortlich. Natürlich achten ihre Leiter auf sie, indem sie die möglichen Wegstrecken abfahren, Passanten befragen, ob sie die Kinder gesehen haben und anderes mehr. Dennoch, auf ihrem Weg sind die Teenager als kleine Gruppe eigenverantwortlich unterwegs. Wenn sie baden wollen, baden sie, wenn sie Waldbeeren essen wollen, essen sie sie, wenn sie sich bei einer netten alten Dame zu Kaffee und Kuchen einladen, steht ihnen auch das offen und natürlich auch all die schlechten Dinge, von Vandalismus bis Drogenkonsum, die man sich so vorstellen kann. Ich habe ungefähr fünfzehn solcher Haiks als Jugendlicher mitgemacht und ein Vielfaches davon als Leiter begleitet. Grausliche Dummheiten kamen uns dabei weniger in den Sinn. Für sich selbst verantwortlich sein und der Welt zeigen können, dass man dieser Herausforderung gewachsen ist, war Abenteuer genug und zwar ganz unabhängig davon aus welcher sozialen Schicht man kam, welche Ausbildung man gerade machte oder welche Eltern man hatte.

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Anus‘ großer Tag

Ein Körper hatte Langeweile
da stritten sich die Körperteile
gar heftig und mit viel Geschrei,
wer wohl der Boss von ihnen sei.

„Ich bin der Boss“ sprach das Gehirn:
„Ich sitz‘ ganz hoch hinter der Stirn,
muss stets denken und euch leiten.
Ich bin der Boss, wer will’s bestreiten?“

Die Beine sagten halb im Spaße:
„Gib nicht so an, du weiche Masse!
Durch uns der Mensch sich fortbewegt,
ein Mädchenbein den Mann erregt,
der Mensch wirkt doch durch uns erst gross,
ganz ohne Zweifel, wir sind der Boss!“

Die Augen funkelten und sprühten:
„Wer soll euch vor Gefahr behüten,
wenn wir nicht ständig wachsam wären?
Uns sollte man zum Boss erklären.“

Das Herz, die Nieren und die Lunge,
die Ohren, Arme und die Zunge,
ein jeder legte schlüssig dar:
„Der Boss bin ich – das ist doch klar!“

Selbst Penis strampelte keck sich bloß
und rief entschlossen: „Ich bin der Boss!
Die Menschheit kann mich niemals missen,
denn ich bin nicht nur da zum Pissen.

Bevor man die Debatte schloss,
da furzt das Arschloch: „Ich bin Boss!“
Hei, wie die Konkurrenten lachten
und bitterböse Späße machten.

Das Arschloch darauf sehr verdrossen
hat zielbewusst sich fest verschlossen
es dachte konsequent bei sich:
„Die Zeit, sie arbeitet für mich.
Wenn ich mich weigere zu scheißen,
werd ich die Macht schon an mich reißen.“

Schlaff wurden Penis, Arme, Beine,
die Galle produzierte Steine,
das Herz, es stockte schon bedenklich,
auch das Gehirn fühlte sich kränklich.

Das Arschloch war nicht zu erweichen,
ließ hier und da ein Fürzchen streichen.
Zum Schluss da sahen’s alle ein:
„Der Boss kann nur das Arschloch sein!“

Und die Moral von der Geschicht:
Mit Fleiß und Arbeit schafft man’s nicht.
Um Boss zu werden hilft allein,
ein Arschloch von Format zu sein,
das mit viel Lärm und ungeniert
nichts als nur Scheiße produziert!

– unbekannte Quelle

Ein weiteres Argument für höhere Gehälter ist die Arschlochhaftigkeit, die so manche Führungskraft zum Ausdruck bringt. Hier sind als Eigenschaften neben anderen sicherlich folgende hervor zu heben:

  • eine häufig an den Tag gelegte moralische Gleichgültigkeit,
  • die rücksichtslose Gewinnung und Ausübung von Macht oder
  • das Verharren auf dem Umstand, dass die einen eben denken und lenken während der große Rest danach zu handeln hat.

Mag das aus menschlich egoistischer Sicht noch einen (Mehr-)Wert haben, aus einem unternehmerischen Blickwinkel ist es durchgängig fatal. Manager, die aus diesen Haltungen heraus handeln, fügen dem Unternehmen mittel- und langfristig in einer weithin unberücksichtigten und stoisch akzeptierten Beständigkeit beträchtliche, teilweise sogar existentielle Schäden zu. Somit fällt auch das Anusargument aus, versucht man hohe Managementgehälter zu rechtfertigen.

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