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Der Fixstern MENSCH

Augenblicklich diskutiere ich im pm-Blog angeregt über die Frage, ob das in Affenmärchen vorgestellte Bezugssystem des sinnvollen Wirtschaftens die Kenntnis des bestehenden Bezugssystems Krank-Gesund-Wirtschaften braucht oder nicht.

Dabei ist mir in meiner eigenen Wahrnehmung ein derart wertvoller Kommentar aus der Feder gequollen, dass ich den entscheidenden Teil hier zu einem Blogpost machen möchte:

“Sinnvoll Wirtschaften” ist kein Modell!
Es ist eine Einladung und ein anderes Bezugssystem. Sprich ein anderer Rahmen um über die selben Probleme nachzudenken. Mit dem neuen Denkbezug allerdings zu anderen Lösungen zu kommen.

Zur Veranschaulichung gehe ich ein wenig in der Geschichte zurück. Es gab einmal die verbreitete Meinung, dass die Erde das Zentrum des Universum sei und alles um sie kreisen würde. Dieses Bezugssystem war damals ausreichend, um eine Vielzahl der beobachteten Phänomene in der Welt zu beschreiben. Es war allerdings gänzlich ungeeignet, die Bahnen der Planeten und Sterne zu erklären. So entwickelte sich die Annahme, die sich später als Wahr heraus stellte, dass die Sonne das Zentrum des Universums ist, um das alles andere kreist.

So den zentralen Bezugspunkt verändernd, haben wir neue Perspektiven gewonnen. Wie wir heute wissen, wurde dadurch weit mehr als nur die Berechnung der Sternen- und Planetenbahnen in ein völlig anderes Bezugssystem gesetzt.

Hier kommen wir zum “Entweder Oder” bzw. zum „Sowohl-Als-Auch“. Bis heute kenne ich niemanden der seither versucht hat, ein Bezugssystem zu entwickeln, in dem sowohl Erde als auch Sonne im Zentrum des Universums stehen!

Das stellt auf keinen Fall die Anwendbarkeit eines ‚Sowohl als Auch‘ in Abrede. Alle Probleme, die uns heute begegnen, können sowohl im bestehenden Bezugssystem des Krank-Gesund-Wirtschaftens (geozentrisch) eine Lösung finden als auch im Bezugssystem des sinnvollen Wirtschaftens (heliozentrisch) – Der Apfel fällt vom Baum, egal ob wir das Universum erd- oder sonnenzentriert in Beziehung setzen.
Am Beginn der Entstehung von „sinnvoll Wirtschaften“ diskutierte ich genau diesen Aspekt. Denn auch ich war von der “Sowohl-Als-Auch” Fraktion.

Was mir daran nicht gefiel? Die Beliebigkeit und der einigermaßen hohe Grad an Orientierungslosigkeit.

Deshalb machten meine Kollegen und ich uns ganz gezielt auf die Suche nach einem “Entweder Oder”, das als zentraler Bezugspunkt/ Fixstern taugt. Denn es ist viel wertvoller, ein ‚Entweder Oder‘ zu finden, als sich in 1.000.000 ‚Sowohl-Als-Auchs‘ zu verlieren.

Es hat uns einige Zeit gekostet, dann haben wir die Unterscheidung Sache (Welt) – Mensch (Sonne) gefunden und erkannt: Die Dinge kreisen um die Menschen und nicht umgekehrt.

Aus diesem Gedanken heraus ist der Name für das neue Bezugssystem sinnvoll Wirtschaften entstanden. In ihm verdeutlichen wir: Jede(r) Mensch hat einen eigenen Sinn, die Dinge erhalten ihren Sinn durch uns Menschen.

Das ist unser zugrunde liegenes und gewichtiges Entweder Oder. Es gibt uns Bezug und Orientierung. In unserer Wertschätzung für diese Entdeckung verteidigen wir sie vehement und polarisierend!

Wir brauchen an dieser Stelle kein Reifegrad-Modell – wie im Blog diskutiert -, nach dem wir zuerst das bestehende Bezugssystem verstehen müssen, um sinnvoll Wirtschaften zu können. Wie gesagt fällt der Apfel vom Baum, sowohl geo- wie auch heliozentrisch.

Was ich zur Verbesserung der Wirtschaft beitragen will ist zu verstehen, wie man Werte schöpft, in dem sich die Dinge um die Menschen drehen und nicht umgekehrt, wie heute üblich.

Ich habe erkannt: Diesen anderen Bezugspunkt und das damit zusammenhängende -system zu akzeptieren ist nicht einfach – Denn es ergeben sich daraus weitreichende und auch gerade persönliche Konsequenzen – für alle und jede(n) – egal wo auf der Welt, egal in welcher Position.

Wenn es uns dabei an Reife fehlt, dann an der zur Einsicht, Demut und Wachsamkeit.

Für mich hat die Diskussion so einiges geklärt, ich hoffe für Euch auch!

Altjahresgrüße
Gebhard

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Wenn der Bonus die Intelligenz dominiert [1]

An dieser Stelle wird oft eine Debatte zwischen intrinsischer Motivation und extrinsischen Motivatoren losgetreten. Die eine Seite argumentiert stichhaltig und glaubhaft, dass jeder Mensch bereits motiviert auf die Welt kommt und man ihm allerhöchstens seine Motivation zerstören kann. Die andere Seite führt ebenso nachweisbar dagegen ins Feld, dass ein Unternehmen die Ziele der Mitarbeiter in seinem Sinne koordinieren muss und Belohnung sowie Bestrafung als System erwiesenermaßen funktionieren. So ist etwa die Ausschüttung von Glückshormonen bei Belohnung und von Aggressionshormonen bei Bestrafung auf neurologischer Ebene messbar, kann nicht abgestellt werden und muss deshalb praktisch für die Koordinationsaufgabe genutzt werden. Alles andere wäre dumm. Die erste Gruppe kontert dann mit dem Verweis darauf, wie extrinsische Anreize die intrinsische Motivation korrumpieren und aus Menschen mittel- und langfristig willenlose, geistig abhängige Krüppel machen, die keinen eigenen Gedanken mehr fassen, geschweige denn selbständige Entscheidungen treffen können. Und diese Dressur auf materielle Anreize, dieses Verbrechen gegen die Menschlichkeit, könne ja wohl nicht Ziel von zeitgemäßer Arbeit sein. Diese Debatte geht dann gerne ungebremst weiter und am Ende sind nach wie vor beide Parteien überzeugt, Recht zu haben.

Was würde wohl passieren, wenn man beiden Seiten zustimmt? Was wirft das für ein Licht auf die Thematik der Anreizung, der Motivation und der damit verbundenen Leistung in Unternehmen?

Im Kern sagen die einen: Der Mensch ist motiviert. Die anderen sagen: Der Mensch wird motiviert. Beziehen wir das einmal auf uns selbst. Ich komme dabei zum Schluss: Ja! Sowohl das eine, wie auch das andere. Natürlich bin ich motiviert, habe ich aus mir heraus Gründe, Sehnsüchte und Bedürfnisse, die mich dazu bringen zu denken, zu entscheiden und zu handeln. Manche sind egoistisch andere beziehen meine Familie, Freunde und Bekannte mit ein und wieder andere die ganze weite Welt mit ihren Menschen, Tieren, Pflanzen und Landschaften. Diese innere Motivation ist eng verwoben mit den mir ganz persönlich wichtigen Werten, meinen Prägungen und Erfahrungen also dem Leben, das ich gelebt habe und lebe.
Dem gegenüber, entscheide und handle ich auch aufgrund von Reizen – möglichen Erfolgen, Misserfolgen, Strafen und Zuwendungen – die ich von meiner Umgebung erwarte und bekomme. So habe ich mich selbständig gemacht, weil ich mich in gängigen Autoritätsstrukturen nicht wohl fühle. Allerdings bin ich auch selbständig, weil man damit ein überdurchschnittliches Einkommen erzielen kann. Ich stehe morgens gern auf, weil ich generell zufrieden bin und mir mein Leben ganz grundsätzlich viel Spaß macht. Und ich stehe auf, da meine Kunden und Kollegen auf meine Mitarbeit und mein Sohn auf mein „ihn in den Kindergarten Begleiten“ vertrauen. Ich bin selbst überrascht, wie bedingungslos ich meine Kinder liebe und erwische mich dennoch regelmäßig dabei, wie ich um ihr Lächeln oder eine Umarmung heische und was ich bereit bin – nur dafür – zu tun. Diese äußeren Reize sind geprägt vom Wertekanon der mich umgebenden Gesellschaft. Davon, dass beispielsweise der Wert von Menschen in Deutschland von ihrem monetären Reichtum, materiellen Status und ihrer messbaren Leistungsfähigkeit abhängen. Wir haben uns eine Welt geschaffen, in der Mammon und materielle Befindlichkeiten einen hohen Stellenwert einnehmen und so kann es kaum überraschen, dass sich viele Menschen aufgrund der Möglichkeit eines ansprechenden Geldvermögens von ihren wahren inneren Motiven entkoppeln lassen.
Fazit: Ich bin aus mir heraus motiviert und reagiere auf Motivatoren von außen. Und damit stehe ich sicherlich nicht allein. Es findet eine ständige Interaktion, ein ständiges aufeinander Einfluss nehmen zwischen der intrinsischen Motivation und den extrinsischen Motivatoren statt. Wir sind hier, ob wir wollen oder nicht, einer permanenten Wechselbeziehung ausgesetzt oder anders gesagt, einem Zustand andauernder Instabilität. Unsere intrinsische Motivation agiert in Erwartung auf äußere Reize und reagiert drauf, wenn diese wirklich werden. In diesem Wechselspiel geht es nicht um das eine oder das andere. Es geht darum, die natürliche Verbindung von innen und außen nicht zu unterbrechen. Was bedeutet das nun für unser Arbeiten und für die Strukturierung von Unternehmen?

Zuerst einmal: Reize funktionieren und untrennbar davon Anreizung (leider) auch. Gerade deshalb sollten wir achtsam und demütig damit umgehen. Zugegeben: für Geschäftsführer, Vorstände und Führungskräfte ist es verführerisch, ihre Mitmenschen via Motivatoren für die Ziele des Unternehmens – oder besser noch die eigenen – einzuspannen. Dennoch birgt es dieselbe Gefahr, wie sie der Zauberlehrling von Goethe erlebt: „…die Not ist groß! Die ich rief, die Geister; werd ich nun nicht los.“

Wie entstehen solch katastrophale Situationen, in denen sich ein Unternehmen von den selbst gerufenen Geistern und ihren negativen Einflüssen nicht mehr befreien kann? Sie ergeben sich aus der Kluft zwischen geplanter Zukunft und eingetretener Wirklichkeit: wenn das Management die Interpretationsgewalt über die Wirklichkeit ausübt, wenn die Mitarbeiter nur noch mit den vom Management erfundenen Motivatoren in Kontakt stehen und nicht mehr mit den echten, die um das Unternehmen herum wirken.
Gibt man uns Menschen einen Plan und koppelt daran unsere Existenz und unser Einkommen, dann nutzen wir unsere Intelligenz, sobald wir den Plan akzeptiert haben, um die Vorgaben zu erreichen. So wie beim Zauberlehrling mit der Lehrstelle seine Existenz, davon abhängt, das Haus zu putzen. Wir reagieren auf die externen Motivatoren, die uns das Management anbietet. Das geschieht durchaus im Rahmen unserer inneren Motivation. Beim Zauberlehrling waren es Neugier, Bequemlichkeit, vielleicht ein bisschen Herrschsucht, jedenfalls innere Antriebe, die ihn Magie nutzen ließen, um nicht selbst Hand anlegen zu müssen. Dabei gilt: Je egoistischer der Mensch, umso leichter wird es ihm fallen, den Plänen und daraus abgeleiteten Anreizen, die andere für ihn gemacht haben, gerecht zu werden. Die persönliche Bedürfnisbefriedigung, die unter Umständen in der alltäglichen Arbeit fehlt, wird durch Aufstiege in Rangordnungen oder finanzielle Surrogate kompensiert. Der neue Porsche, die Rolex oder der teure Exklusivurlaub in das angesagteste Ressort. Nicht so egoistische Menschen, und das ist die Mehrheit, verlieren stattdessen schnell den Kontakt zu ihrer inneren Motivation und laufen ambivalent einmal den künstlichen Anreizen des Unternehmens hinterher und ein andermal der Sehnsucht, ihrem eigenen Antrieb Ausdruck zu verleihen. Das sind Menschen, die Autoren wie Reinhard Sprenger, Niels Pfläging, Andreas Zeuch, Gary Hamel und Co. in deren Denken zustimmen und wohlgesonnen Recht geben, zugleich in ihrem eigenen Arbeits-Alltag allerdings aus tausend kleinen Gründen nicht wirklich etwas ändern wollen. Bei ihnen wird die natürliche Verbindung zwischen intrinsischer Motivation und extrinsischen Motivatoren unterbrochen. An die Stelle der natürlichen externen Reize, wie etwa die Unzufriedenheit oder auch Euphorie des Käufers, tritt der künstliche Plan, beispielsweise in Form von Produktions-Stückzahl-Vorgaben, und die damit einhergehenden, meist monetären Ziele und Prämien.

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