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Macht unterläuft Sinn

Wenn mir solche oder ähnliche Gespräche begegnen, muss ich über uns Menschen schmunzeln. Besser kann man kaum immer und immer wieder aneinander vorbei reden. Ähnliche Situationen habe ich in meinem Berufsleben wiederholt erlebt, beobachtet und ja, ich nahm und nehme auch immer wieder die Position von Achim ein. Dann versuche auch ich anderen Menschen klar zu machen, warum sie das als sinnvoll annehmen und danach handeln müssen, was ich für mich als sinnvoll erkenne. Ich versuche die anderen von meinem Eigensinn zu überzeugen, der für sie ein Fremdsinn ist.

Es war mir, so wie Achim, unbegreiflich, warum ich meinen Kollegen, Kunden oder Gesprächspartnern nicht vermitteln konnte, dass meine Vorschläge die sinnvollen sind, während sie sich fortwährend anders Verhalten. Das kann doch nicht sein!
Inzwischen ist mir klar, ich kann einem anderen Menschen nicht Sinn geben. Wir können einer der Hauptforderungen an die moderne Führungskraft nicht nachkommen, denn Niemand, auch nicht die beste Führungskraft, kann einem anderen Menschen Sinn stiften. Wir können Dingen einen Sinn geben, doch alle Menschen handeln nach ihrem eigenen Sinn. Führung kann es gelingen, Macht auszuüben und darüber den Mitarbeiter zu binden. Das ist in keinem Fall Sinnkopplung und bringt damit auch nicht den überdurchschnittlichen Erfolg von sinngekoppeltem Handeln.

Die Sackgasse, in die wir uns durch Machtausübung verrennen heißt: „Recht haben“. Für jedes Unternehmen und jede Organisation ist persönliches Recht haben ein schwarzes Loch, das Ressourcen und Leistung verschwendet. Leider erzeugen gerade Führungskräfte oft solche schwarzen Löcher, da sie aufgrund ihrer Funktion unabhängig von Sinnhaftigkeit Recht haben können.

So kenne ich einen Fall, in dem ein Assistent der Geschäftsleitung seinem Chef nachweisen konnte, dass das Unternehmen systematisch unwirtschaftlich handelt und sich sehr schnell existentiell gefährdet, wenn es so weiter geführt wird. Die Forderung nach einem anderen Verhalten seitens der Geschäftsleitung wurde mit den Worten beantwortet: „Das hier ist mein Unternehmen, ich habe es groß gemacht und wenn ich es so will, mache ich es auch wieder klein!“ Der Eigentümer unterstreicht damit zum einen, dass er die Sinn-Infragestellung seiner Handlung nicht akzeptiert und weiter, dass er Recht hat, egal wie er handelt. Außerdem hat der Assistent kein Recht, den Sinn der Handlungen des Chefs zu hinterfragen.
Wie in diesem Beispiel hebelt Macht Sinn regelmäßig aus. Es findet keine Realitätsprüfung statt. An ihre Stelle wird die formale Hierarchie oder eine in Papieren festgeschriebene Hackordnung demonstriert. In Organisationen nutzt man den Moment der Sinnkopplung oder -entkopplung selten, um in einer Auseinandersetzung darüber den Umgang mit Sinnkopplung zu professionalisieren. Es wird vielmehr vorzugsweise darauf verwiesen, dass Sinnstiftung als zentrale Aufgabe guter Führung immer wichtiger wird. Sprich die Führungskräfte sind aufgerufen, Sinnkopplung gefälligst herzustellen.
Liebe Führungskräfte, lassen Sie sich nicht ins Bockshorn jagen. Wenn Sinn, wie in der Psychologie durchweg festgestellt, individuell ist, kann es Sinnstiftung durch Führung so wenig geben, wie Achim Edu von der Richtigkeit seines Lebensmodells überzeugen konnte oder Wasser den Berg hinauf fließt.
Anstelle der Sinnstiftung können Sie sich mit Ihren Mitarbeitern über das ihrer Meinung nach sinngekoppelte und -entkoppelte Handeln auseinandersetzen. Das kann in Form einer selbstkritischen Reflexion stattfinden, in der sich die Menschen mit Respekt und auf Augenhöhe begegnen. Im achten Kapitel wurden bereits einige Methoden genannt, die hier hilfreich sind. Zudem sind solche Gespräche, da oftmals mit einem erheblichen Konfliktpotential ausgestattet, gute Anlässe auch externe Unterstützung einzubeziehen. Und sei es durch einen respektierten Kollegen aus einer Nachbarabteilung.

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Eingeordnet unter 09 kein Ring sie zu knechten, Macht unterläuft Sinn

Aufstieg und Fall – willkommen auf der dunklen Seite der Macht [2]

Blicken wir kritisch hinter das klare, scharfe Ziel, erkennen wir, wie ambivalent die Beweggründe damals wirklich waren. Eines ist allerdings sicher: Es ging vornehmlich nicht darum, einen Menschen heil zum Mond und wieder zurück zu bringen.

Das legen auch die Daten nahe, die man in den „Historical Data Books“ der NASA recherchieren kann. Wäre das wirkliche Ziel gewesen, auf dem Mond zu landen und unversehrt zurückzukehren, sollte der wirtschaftliche Höhepunkt der NASA Ende der sechziger, Anfang der siebziger Jahre liegen. Tatsächlich markiert allerdings die Mitte der sechziger Jahre ihren Gipfel, sowohl was Belegschaft als auch die verfügbaren Mittel anging. 1968, ein Jahr vor der Mondlandung, hatte eine bis in die achtziger Jahre andauernde wirtschaftliche Abwärtsentwicklung bereits begonnen. Doch dazu später mehr.

Im Kern dieses Abschnitts steht die Frage, wie geeignet klare und ambitionierte Ziele oder Visionen und Missionen sind, um Mitarbeiterbindung über Sinnkopplung herzustellen? Aus den Zahlen der NASA kann abgeleitet werden: Überhaupt nicht!
Einen ersten Hinweis auf dieses Versagen erkennt W.D. Kay in der Ressourcenentwicklung, anhand der für die NASA in den sechziger und siebziger Jahren zur Verfügung gestellten Mittel. Das unbeschreibliche Wachstum von über 1.200 Prozent oder knapp vier Milliarden Dollar in den Jahren 1960 bis 1966 steht einem kontinuierlichen Rückgang nach erfolgreicher Erreichung – die Russen wurden um Längen geschlagen – von nahezu 30% oder eineinhalb Milliarden Dollar bis 1975 gegenüber. Ein Muster, das, so Kay, sonst nur von Militärausgaben vor und nach einem bedeutenden Krieg bekannt ist. Daraus abgeleitet hatte es sich bei Mond-Mission keineswegs um das größte friedliche Ereignis der Menschheitsgeschichte gehandelt. Ist das allein noch nicht überraschend, ist es ein anderer Umstand schon. Davon ausgehend, es handelte sich um eine Kriegsmaßnahme, und dass Krieg vielen Menschen mit als die höchste Form der Sinnerfüllung galt und gilt, müsste die Mond-Mission außerordentlich geeignet gewesen sein, um Menschen sinnhaft zu binden. Schließlich war sie dann, als ziviles Wunder vermarktet und insgeheim als existenzerhaltender kriegerischer Akt umgesetzt, doppelt sinnstiftend.
Die Personalzahlen der NASA aus diesen Jahren sagen etwas anderes. Trotz einer ständig wachsenden Belegschaft in den Jahren von 1960 bis 1966 hatte es die Agency ab 1962 auch mit einer stetig hohen Fluktuationsquote zwischen 15 Prozent und 20 Prozent zu tun. Damit man in den wissenschaftlich, technisch und technologisch außerordentlich erfolgreichen Jahren 1965 und 1966 um ungefähr zweitausend Mitarbeiter wachsen konnte, mussten über sechzehntausend Mitarbeiter eingestellt werden. Denn im selben Zeitraum verließen vierzehntausend Menschen die NASA.
Ein schillerndes Beispiel für den menschlichen Preis, den ein solch ambitioniertes und klares Ziel kostet, ist Buzz Aldrin, der zweite Mann auf dem Mond. In seiner 2009 erschienen Biographie stellt er nach erfolgreicher Mission eine entscheidende Frage:

„What‘s a person to do when his or her greatest dreams and challanges have been achieved?“

Er selbst beantwortete die Frage mit langen Jahren, in denen er sich als Repräsentations-Hampelmann für die NASA und Alkoholiker durchschlug.
Es ist nicht anzunehmen, dass alle knapp fünfzigtausend Menschen, die der NASA zwischen 1960 und 1969 den Rücken kehrten, ein ähnliches Schicksal erlitten haben. Dennoch ist der menschliche Preis hoch, den eine Organisation, ein Unternehmen bezahlt, wenn es von Einzelpersonen oder kleinen elitären Gruppen formulierte, quotierte, ambitionierte und visionäre Ziele im Rahmen seiner Mission erreichen will. Und eines ist am Beispiel der NASA eindeutig zu erkennen: Zu einer besseren Mitarbeiterbindung hat weder dieses Ziel noch die dahinter verborgenen wirklichen Ziele und Gründe beigetragen. Die Fluktuationsrate jedenfalls pendelte sich im ruhmreichen Jahr 1969 zwischen fünf und neun Prozent ein und verharrte dort, unabhängig davon, dass sich die NASA neue ambitionierte Missionen suchte – sie fand bis heute keine derart plastische, unvorstellbare, emotionale, buchstäblich von einem Fußabdruck im Weltall gekrönte Vision mehr. Zusammenhängend mit der Tatsache, dass die NASA seither auch deutlich um über zehntausend Mitarbeiter geschrumpft ist, sind fünf bis neun Prozent jährlich eine durchaus moderate Zahl.

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Eingeordnet unter 08 sinnhaft leisten, Aufstieg und Fall - willkommen auf der dunklen Seite der Macht

Deutsche reiten vor

Machmal drängt sich der Eindruck auf, es handle sich beim friedlichen, auf gegenseitigen Wertzuwachs bedachten wirtschaftlichen Handeln um eine neue Gegebenheit, eine aktuelle Erscheinung. Das stimmt nicht. Die Weisheit der Vielen, wie James Surowiecki sie in seinem gleichnamigen Buch nennt, gibt es schon sehr lange, vermutlich schon immer. Sie hängt nicht ab von jüngeren geschichtlichen Entwicklungen wie den Kommunikations- und Webtechnologien, der Globalisierung, der Schnelllebigkeit oder den externen Effekten, die sich neuerdings merkbar auf das Image und den Erfolg von Unternehmen auswirken. Stattdessen geht es um die Unterscheidung zwischen Organisationen, die den Menschen in seiner natürlichen Einzigartigkeit in den Mittelpunkt rückt oder solchen, die ihn in seiner Fähigkeit zum Rädchen im Getriebe reduzieren. Brauchen wir in unserer Wirtschaft Intelligenz oder Gehorsam, Zufriedenheit oder Kampf, Füreinander oder Übereinander, um der zunehmenden Komplexität zu begegnen? Was brauchen wir überhaupt, um den negativen schwarzen Schwänen etwas entgegen stellen zu können und ihre positiven Geschwister für unser Wohlsein zu nutzen?

Es gab ein Handelsnetzwerk, das noch heute berühmt ist und sich ausdrücklich gegen Gewalt und Ausbeutung gestellt hat. Sein Stern ging im zwölften Jahrhundert auf und dauerte bis ins Jahr 1669 als der letzte Städtetag des Handelsbündnisses stattfand. Das Erfolgsrezept klingt einfach: Frieden durch Eintracht und die Freiheit des Handels. So einfach war es sicherlich nicht, als die Hanse ihre Erfolgsgeschichte in Nordeuropa 1159 begann. Kostspielige Kriege wurden aktiv vermieden und statt ihrer verhandelte man geschickt und suchte nach für beide Seiten dauerhaft lebensfähigen Interessenausgleichen. Ihre Werte waren Ehrlichkeit und Verlässlichkeit. Sie suchten nicht den kurzfristigen Gewinn. Quick and dirty, war nicht ihre Strategie. Es ging um mehr: Sie riskierten Kopf und Kragen auf den Seewegen ihrer Zeit, um all ihre Handelspartner mit Waren und Gütern zu versorgen, die für diese auch wirklichen Wert hatten und gebraucht wurden.
Dabei waren die Hanse mehr als nur Händler, sie waren innovative und technologisch fortschrittliche Schiffbauer. Ohne diese technische (heute industrielle) Klasse wäre die jahrhundertelange Dominanz auf den Meeren neben den Feudalherrschern, den Piraten und bei den Wetterverhältnissen der nördlichen Meere nicht möglich gewesen.
Sie waren allerdings noch mehr. Auf ihrem Höhepunkt vereinigte das Bündnis siebzig große und mehr als einhundertzwanzig kleinere Städte. Jede Stadt hatte einen eigenen Rat, der über den inneren Handel und Wandel ebenso entschied, wie über das Verhältnis nach außen. Für Verbundentscheidungen gab es vier sogenannte Quartiere und dort jeweils Hansetage in denen sich die Räte der Städte zur Entscheidungsfindung trafen. Für das Gesamtbündnis gab es Quartierstage. Entscheidungen die dort zu treffen waren, wurden auf den Hansetagen vorbereitet.
Dabei war nicht nur alles Friede und Freude. Liest man sich ein wenig in die Geschichte der Hanse ein, trifft man auch auf die zu erwartenden deftigen Riten, wie etwa das Aufnahmeritual im Kontor Bergen, das aus vier Spielen bestand. In einem hing man beispielsweise die Neuen in den Rauch eines aus stinkenden Abfällen entfachten Feuers, dann wurden sie von den Alten verhört und belehrt, um abschließend kalt geduscht zu werden. Die anderen Spiele stehen diesem nicht nach, sind teilweise noch brutaler und dennoch: Das Organisationskonstrukt, die Wirkmechanismen des Bündnisses sind – übergreifend betrachtet – kooperativ, menschlich und lebensbejahend. Auch und gerade bei Zwistigkeiten und Neid zwischen den Kaufleuten.

Mit dem Wissen von heute lässt sich unschwer erkennen: Die Hanse hat gewusst, wie sie die Ressourcen von intelligenten Massen erreicht und nutzt.

  • Entscheidungen, auch strategische, fußen auf einer breiten Beteiligung.
  • Die lokalen Stellen (die Hansestädte und Kontore) organisieren sich dezentral und entscheiden selbst.
  • Waren und Güter nutzen dem Kunden tatsächlich. Die Hanse stehen mit ihren Produkten für Qualität und wirkliche Wertigkeit.
  • Anstatt Recht haben zu wollen geht es um die Kommunikation an sich, um Verhandlung für fairen Handel, Verständnis und Kooperation.
  • Macht und Reichtum sprich Gewinnmaximierung nennen zwar auch die Hanse als zentrales Ziel, ihr überraschendes Konzept ist allerdings nachhaltiger Wohlstand und ein friedliches sozial gerechtes Zusammenleben anstatt von Sklaverei und Ausbeutung.

Kann es darum gehen, die Hanse wieder zu beleben und zu einem hanseatischen Bündnis zurück zu kehren? „Hanse heute“ wäre ein romantisches Missverständnis und ein Rückfall in Verhältnisse, die vom gesunden Wirtschaften überwunden wurden. Wir brauchen mehr als kleine Inseln der Glückseligkeit in einem Meer voll Krieg und Ausbeutung. Es ist auch mehr vonnöten, als die soziale Blindheit und organisierte Verantwortungslosigkeit des gesunden Wirtschaftens. Wir sollten genau hinschauen: Glaubenssätze, nach denen Kooperation, Vertrauen, Zuverlässigkeit und Eintracht in der Wirtschaftswelt nicht funktionieren, sind eben Glaubenssätze und bleiben den Beweis schuldig. Achten Sie darauf, wenn Ihnen die nächste Meldung eines Unternehmens zwischen die Finger kommt, das KiK-gleich seine Mitarbeiter ausbeutet und fast schon versklavt. Das ist nicht normal. Diese Auswüchse kapitalistischen Wirtschaftens sind mit Demokratie als politischem System so wenig vereinbar, wie mit seiner Kultur, die sich den Menschenrechten verpflichtet. KiK ist ein Rückfall ins vordemokratische und vorindustrielle Sklavensystem und liefert bestenfalls den Beweis, dass solche Regressionen jederzeit möglich sind.

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Eingeordnet unter 06 Masse mit Klasse, Deutsche reiten vor

Technologien lassen uns ins Schwärmen kommen [1]

Verwaltung löst den sozialen Prozess vom einzelnen Menschen. Sie organisiert sozusagen die Verantwortungslosigkeit. Durch sie können wir unsere Verantwortung abgeben, uns um das Zwischenmenschliche zu kümmern. Die kollektiven Ergebnisse dieses Mechanismus sind:

  • Wissensgläubigkeit anstelle von selbständigem Denken.
  • Fähnchen im Wind anstelle von Leistung.
  • Egoistische Kurzfristoptimierung anstelle von intelligentem Umgang mit begrenzten Ressourcen.

Vorurteile wie:

„Jeder Mensch ist, für sich genommen, einigermaßen vernünftig und rational – als Mitglied einer Menge aber wird er prompt zum Dummkopf“
Bernard Baruch – Börsenspekulant

„Die Masse erreicht niemals das geistige Niveau ihres herausragendsten Mitglieds, sondern sinkt vielmehr auf das unterste individuelle Niveau in ihren Reihen“
Henry David Thoreau – Schriftsteller und Philosoph

„Der Irrsinn ist bei Einzelnen etwas Seltenes – aber bei Gruppen die Regel.“
Friedrich Nietzsche – Philosoph, Dichter und Philologe

blockieren uns darin, Massen und die in ihnen wohnende Intelligenz als Ressource zu nutzen und den sozialen Prozess wieder an uns Menschen zu koppeln. Natürlich gibt es ihn, den tumben Mob, vor dem wir uns alle fürchten. Sein Zustandekommen ist allerdings kein Naturgesetz. Wir erleben jeden Tag, wie Massenintelligenz geht.

  • Niemand würde in Google etwas finden, wenn es nicht auch die Menschen gäbe, die darüber nachdenken, wie man sie und ihr Wissen finden kann. Eben Menschen, die den Nutzen des anderen sehen, die irgendwie – sei es intuitiv, aus Neugierde, aufgrund ihrer Wahrnehmung ganz allgemein oder emotional – diesen Nutzen verstehen und anbieten. Google organisiert höchst erfolgreich und effektiv den Austausch von Informationen und sozialer Interaktion fast ohne zentrale Koordination.
  • Wikipedia und Wikis gäbe es gar nicht oder nur in einer äußerst mangelhaften Qualität, würden sich die einen nicht ganz unkoordiniert um die anderen und deren Informationsqualität sorgen. Es reicht, der zwischenmenschlichen Kommunikation den Raum zu geben, die Diskussion über die Inhalte transparent und die Teilnehmer greifbar zu machen. So kommt eine intelligente Masse ans Arbeiten.
  • Twitter zeigt Oppositionellen im Iran, in Tunesien und in Ägypten, dass sie nicht alleine, abgeschnitten von der Welt, ohne Aufmerksamkeit, Zuwendung und Unterstützung ja sogar Liebe sind. Hier ist eine anonyme intelligente Masse ein Puzzlestück im Bild einer ganz neuen demokratischen Weltordnung, die ein diktatorisches Regime zur Mäßigung bewegt, ohne dass es eine demokratische Opposition im eigenen Land gibt.
  • In der Gesellschaft sind intelligente Massen längst angekommen. Die Phänomene reichen von sich ad hoc (emergent) zusammen findenden Gruppen, ähnlich der Onlineopposition im Iran Beispiel, bis hin zu kontinuierlicher gemeinsamer Arbeit über Länder-, Unternehmens-, Branchen-, Fach-, Gebiets und Kulturgrenzen hinweg. Wie etwa bei der Entwicklung von Impfstoffen gegen neu auftauchende mögliche Epidemien.

Um sich von den falsch verstehbaren kollektiven Teams (siehe Kapitel 1) abzugrenzen, werden diese neuen Gruppierungen Schwärme genannt. Nach ihren Vorbildern aus der Tierwelt. Um sie geht es, will man der Organisationsintelligenz auf den Grund gehen oder dezentrales Wissen nutzbar machen. Vögel, Ameisen und Bienen lassen uns staunen ob ihrer Schwarm-Intelligenz. Dabei kennt man aus der Tierwelt maßgeblich physische Intelligenz in der Abstimmung von Bewegungen und Interaktionen, die einem beim Anblick von Schwärmen den Eindruck einer Einheit geben, obwohl sich teilweise tausende von Tieren miteinander, zueinander und in Abhängigkeit voneinander bewegen.
Dennoch zeigen zum Beispiel Bienen, wie James Surowiecki beschreibt, auch eine im Schwarm intelligente Lösung bei der Auswahl von lukrativen Blumenfeldern (Märkten). Sie teilt sich in zwei Phasen. In der ersten Phase werden die möglichen Alternativen überhaupt erst aufgespürt, dazu fliegen Kundschafterbienen in viele verschiedene Richtungen, im Vertrauen darauf, dass mindestens eine das beste Feld entdeckt, heimkehrt und einen guten Tanz aufführt. Die zweite Phase, die Selektion, ist überhaupt erst die Entscheidung für das Blumenfeld, welches fortan angeflogen und bestäubt wird. Über beide Phasen wird das System, der Schwarm, erfolgreich, indem er zuerst viele unterschiedliche Alternativen findet, dann viele Verlierer identifiziert und ohne Unterscheidung zwischen den einzelnen Bienen akzeptiert. Radikale Reduktion der Alternativen und entsprechend viele Verlierer sind hier gewollt und willkommen, keiner fühlt sich auf den Schlips getreten. Anschließend wird das augenscheinlich beste Feld von der durch den Tanz beeindruckten Masse ausgewählt und bearbeitet.

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Eingeordnet unter 06 Masse mit Klasse, Technologien lassen uns ins Schwärmen kommen