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Im Rahmen einer autokratischen Planwirtschaft gönnen wir uns privat ein wenig Demokratie

Liebe Leserinnen und Leser,

heute verlasse ich mein übliches Terrain der Betriebswirtschaft für ein gesellschaftliches Statement.

Immer wieder werden meine Ansätze und Gedanken politisch links einsortiert. Dazu gehört dann die sich wiederholende Enttäuschung, wenn TeilnehmerInnen von Veranstaltungen erkennen, dass ich die neosozialistische Neuordnung der Welt durch ein, endlich einmal richtiges zentrales Komitee, überhaupt nicht anstrebe. Viele Menschen scheinen überzeugt, dass man die Planwirtschaft nur besser machen müsste und dann würde sie funktionieren. Viele andere glauben dasselbe vom Kapitalismus. Ich glaube weder das eine noch das andere. Es ist an der Zeit die Mechanismen hinter den Ideologien zu analysieren und in unsere Zeit zu projizieren. Dann bieten sich auch die Gelegenheiten, weit mehr zu erreichen, als irgendeiner gescheiterten Gesellschaftstheorie aus den vergangenen Jahrhunderten zu ihrem Recht zu verhelfen.

Mit dem Fall des Eisernen Vorhangs  haben wir keineswegs die Planwirtschaft überwunden, wie viele annehmen. Auch ist die USA kaum kapitalistischer als andere Länder oder sind die Skandinavier in ihrer Betriebswirtschaft menschlicher. Das Staatswesen und die allermeisten Großunternehmen/ Konzerne sind weltweit autokratische Planwirtschaften. Ähnlich wie im politischen System werden über den Plan die Wechselwirkungen soweit ausgeblendet, dass ein einzelner Mensch oder eine kleine Gruppe sich einreden kann, die Gesamtzusammenhänge zu verstehen. Das geht auch gut. Allerdings nur, solange die Entwicklungen in der Welt linear verlaufen. Sobald zufällige Ereignisse die Welt in ihren Grundmauern erschüttern, wir aus dem Plan der Irrtum. So geschehen im Jahr 2001 als das World Trade Center eingestürzt wurde. Im Jahr 2008 als Banken plötzlich doch konkurs gehen konnten. Im Jahr 2010, als ein isländischer Vulkan den Flugverkehr über Europa lahm legte. Und im Jahr 2013, als die Eurozone ihren Bankrott erklärte und zerfiel ;).

Mit diesem Blogpost möchte ich darauf aufmerksam machen, dass wir Planwirtschaft tagtäglich und allerorten leben. In Firmen, Vereinen und Einrichtungen sind für uns Verhaltensformen und Strukturen ganz normal, die wir in Gesellschaften für überholt und gescheitert erklären. Wir rühmen uns sogar, sie glorreich überwunden zu haben. Überlegen Sie kurz, wie viel Zeit Sie in einer irgendwie plangesteuerten (Arbeits-)Welt zubringt und wie oft dazwischen ein demokratisches Ereignis (Vereins-, Bürgermeisterschafts-, Kommunal-, Landes- oder Bundestagswahl) aufblitzt. Schnell wird deutlich: Wir gönnen uns ab und an ein buntes Häppchen Demokratie in den ansonsten trist grauen Mühlrädern der Planwirtschaft.

Es braucht kein Ruf nach einem neuen, gerechten und endlich richtig gelebten planwirtschaftlichen Sozialismus, das versuchen wir jeden Tag und scheitern ein ums andere Mal gerade so wie die ehemaligen Ostblockstaaten. Wir brauchen auch nicht die Sehnsucht nach einem funktionierenden Kapitalismus, ist er am Ende doch nur der in den Konzernfarben gekleidete Zwilling des untergegangenen linken Systems.
Es braucht den kritisch reflektierten eigenen Geist, der sich nicht mehr mit dem Bestehenden zufrieden gibt. Es braucht den Anspruch an uns, unsere Kinder und unsere Eltern, den eigenen Verstand zu gebrauchen. Es braucht die gesellschaftliche Forderung nach unangenehm eigenständig denkenden und Selbstverantwortung übernehmenden Bürgern. Es braucht ein vernünftiges Verständnis für die Wetten, die wir tagtäglich abschließen. Es braucht die Toleranz, dass es sich hierbei nicht um Privilegien handelt.

All das gibt es weder in der Planwirtschaft noch im (sozialen) Kapitalismus. Denn beide Systeme öffnen den Raum für eine heldenhafte Machtelite, die überzeugt ist, es für die anderen richtig zu machen. Dabei wird es ihr – wenn überhaupt – doch nur erneut gelingen, die eigenen Interessen zu wahren.

Der mögliche gesellschaftliche Wandel braucht die Freiheit für alle, die eigene Mitwirkung an was auch immer ablehnen zu können.

Wir wollen denken!
Gebhard Borck

PS: Affenmärchen sind Gedanken für Unternehmer, die einen aktiven Beitrag dazu zu leisten wollen, die schädlichen Dogmen des Sozialismus wie auch des Kapitalismus betriebswirtschaftlich zu überwinden.

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Sinn orientiert während quotierte Ziele vom Weg abbringen

Jeden Tag entscheiden wir, nicht zuletzt in Unternehmen, ob wir an vorgegebenen und vereinbarten Zielen festhalten oder anfangen Sinnvolles zu tun. Kurzfristig ist es oft einfacher, an den Zielen fest zu halten, schließlich sind sie ja auch von oben mit getragen und man ist kaum als Einzelner dafür zur Verantwortung zu ziehen, dass man ein wenig am Sinnvollen vorbei das Vorgegebene weiter macht.

So stehen sich tagtäglich zwei Orientierungen gegenüber – wobei Sinn gerne zugunsten des Plans weggewischt wird. Überlegen Sie einmal, wie oft pro Woche Sie diesen oder einen ähnlichen Satz hören: „Sinn macht es zwar keinen, aber unsere Führungsetage glücklich.“

Sinn bietet nicht immer die einfachen Lösungen und Sinn bietet auch nicht zwangsläufig eine unbeschwert einfache Zukunft. Während Ziele, Zielvereinbarungen und Pläne in der Konfrontation mit einer anders eintretenden Wirklichkeit häufig Probleme, politische Spielchen bis hin zu intrigantem und vertuschenden Verhalten verursachen, eröffnet einem Sinnorientierung gute Lösungen für wirkliche Probleme im Hier und Jetzt, und zwar genau da, wo Konflikte auftauchen. Wie im letzen Kapitel beschrieben, helfen dem einzelnen Menschen konkrete Ziele dabei, sich zu orientieren. Doch diese Ziele können, will man Sinnkopplung erreichen, nicht von einer Führung vorgegeben und quotiert sein. Stattdessen werden sie zusammenhängend mit dem individuellen Sinn abgewägt und eigenverantwortlich festgelegt. Es ergibt sich eine neue Konfliktkultur: Mit Freiheit geht Verantwortung anderen gegenüber einher. Eine Verantwortung in der man anstreben kann, dem Gemeinwohl-Sinn gerecht zu werden. Wer jetzt einwirft: „Die meisten Menschen, die ich kenne, können dieser Verantwortung nicht gerecht werden!“ spricht ihnen auch ab, ein verantwortungsvoller und mündiger Bürger in einem freiheitlichen Rechtsstaat zu sein, der sein Leben eigenverantwortlich zu meistern in der Lage ist. All unsere humanen Errungenschaften der letzten zweihundert Jahre, die Kolonialisierung zu überwinden, Sklaven zu befreien oder auch die Gleichberechtigung der Geschlechter würden so zu Treppenwitzen der Geschichte abgestempelt.
Sinn ist alles andere als wolkig oder entrückt, stattdessen funktioniert er gerade für konkrete, ja wirkliche und existentielle Situationen. So ist Sinn und der sich daraus ergebende Mechanismus der Sinnkopplung ein probates Mittel, um mit unvorhergesehen Ereignissen, hoher Dynamik oder auch turbulenten und krisenhaften Veränderungen gut umzugehen.
Solange die Zukunft unvorhersehbar bleibt, ist Sinn zudem eine zentral wichtige Orientierungshilfe, um sowohl privat wie auch geschäftlich erfolgreich zu handeln. Die schlichte Frage: Hat das für mich Sinn und wozu? ist gemeinsam mit unsren Instinkten und unserer professionalisierbaren Intuition bestens geeignet, auch bei unsicherer Datenlage und fehlenden Informationen wertvolle Entscheidungen zu treffen.

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Eingeordnet unter 09 kein Ring sie zu knechten, Sinn orientiert während quotierte Ziele vom Weg abbringen

Wenn Führung zu ernst genommen wird

Es ist keine Neuigkeit, dass es einen Unterschied zwischen Vorstellung und Wirklichkeit gibt. Dennoch scheint dieser schlichte Fakt mit Bezug auf Führung in Unternehmen weithin ignoriert zu werden. In der Vorstellung erscheint es nützlich, eine formale Führungsstruktur festzulegen. Wir versprechen uns davon Übersicht, Zuverlässigkeit, verantwortlichen Umgang mit Ressourcen, Struktur, Stabilität, Effizienz, Effektivität, Wirtschaftlichkeit und Produktivität, um die wichtigsten betriebswirtschaftlichen Erwartungen zu nennen.

Ich habe absichtlich eine Geschichte aus dem Privatleben gewählt, um die Absurdität unseres geschäftlichen Anspruchsdenkens zu verdeutlichen. Im Privaten bestreiten wir nicht, dass die Dinge anders kommen als man denkt und Pläne nur so lange gültig sind, bis sich die wirkliche Situation einstellt. In der Situation wird immer und vor allem auch improvisiert. Oft werden alle Pläne von einem Moment auf den anderen, ohne großes Tamtam, langes wütendes Zetern oder gar sinnloses Festhalten am Plan über Bord geworfen. Es macht einen hie und da nachdenklich, wie selten unsere Pläne tatsächlich erfüllbar sind, dennoch verschwenden wir im Privaten wenig Zeit darauf, das zu diskutieren oder gar zu analysieren. Die Wirklichkeit schafft die Fakten und so ist es dann eben. Im Privaten vergeuden wir unsere Energie in der Situation auch nur im Ausnahmefall darauf zu diskutieren, wer jetzt gerade führt und ob dieser Führungsanspruch gerechtfertigt ist. Führung springt stattdessen zumeist flüssig und elegant von einer Person zur nächsten – zu Kindern, wie das Beispiel zeigt, beinahe unvermeidlich.

Es gibt sicherlich eine unausgesprochene Grundordnung, wer für was zuständig ist. Fixiert in Verträgen oder Diagrammen ist diese bestimmt nicht, und auch im täglichen Zusammenleben hat sie selten mehr Wert, als den einer groben, höchst flexiblen Richtschnur, die jederzeit neu geknüpft werden kann und wird. Werden Machtpositionen im Privaten eingeklagt, führt dass in den allermeisten Fällen, um nicht zu sagen immer, zu einer Handlungsblockade im System. Kinder weigern sich plötzlich trotzig und werden nicht selten über den physischen Kraftvorsprung der Eltern zum Mitgehen, Anziehen oder auch Ausziehen bewogen. Diese Dominanzmöglichkeit endet dann spätestens im Teenageralter und wird von der Einkommensgewalt abgelöst, die Eltern auf ihre Kinder ausüben können, bis diese ihr eigenes Geld verdienen und so auch diese Abhängigkeit verlieren. Im Privaten ist klar: Formale Macht einzuklagen, Anspruch darauf zu erheben und die anderen zu zwingen, nach diesen formalen Machtstrukturen zu handeln, blockiert die Handlungsfähigkeit des Systems, produziert Frust, Verbitterung sowie physische und psychische Wunden und ist weder produktiv noch effektiv, noch menschlich oder lebensbejahend.

Jetzt können Sie gerne Oliver durch einen aufsässigen aber intelligenten Experten ersetzen, Torsten zum Manager machen und seine Frau zu seinem Stellvertreter oder umgekehrt und aus Carlota wird ohne großen Aufwand eine ganz normale Arbeitskraft, die hin und wieder ein paar Streicheleinheiten braucht. Aus dem Eisbärspiel wird der neue Firmenwagen und Frau Hammer zur Geschäftsführerin. So schnell wird aus einem privaten Beispiel ein alltägliches Drama, wie es sich in unseren Unternehmen abspielt, leider ohne den versöhnlichen Ausgang, den wir im Privaten häufig erleben.
Wir glauben allen Ernstes, dass einige wenige Menschen, die wir Manager nennen, dazu fähig sind, all diese Hoffnungen auf gutes Gelingen für eine Organisation, egal wie groß, positiv umzusetzen. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Es gibt einen Unterschied zwischen formalem Management und natürlicher Führung. Letztere hält sich schlicht nicht an formale Vorgaben. Sie ergibt sich aus dem Leben, sie ist zwingend ein sozialer Prozess. Die Konsequenz: Jede Form formalisierter Hierarchie behindert natürliche Führung ohne sie wirklich optimieren zu können. Sie verstockt lebendige Intelligenz zu einer Betonwüste, in der Wissen Macht ist und sinnhaftes Verhalten für das Gemeinwohl dem subjektiv egozentrischen Sinn geopfert wird: politische oder persönlichen Vorteile erhalten das Primat. Formalisierte, strukturierte Führung ist die Krankheit, für deren Heilung sie sich ausgibt.

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Eingeordnet unter 07 Management ist Geldverschwendung, Natürlich führen

Wenn der Bonus die Intelligenz dominiert [1]

An dieser Stelle wird oft eine Debatte zwischen intrinsischer Motivation und extrinsischen Motivatoren losgetreten. Die eine Seite argumentiert stichhaltig und glaubhaft, dass jeder Mensch bereits motiviert auf die Welt kommt und man ihm allerhöchstens seine Motivation zerstören kann. Die andere Seite führt ebenso nachweisbar dagegen ins Feld, dass ein Unternehmen die Ziele der Mitarbeiter in seinem Sinne koordinieren muss und Belohnung sowie Bestrafung als System erwiesenermaßen funktionieren. So ist etwa die Ausschüttung von Glückshormonen bei Belohnung und von Aggressionshormonen bei Bestrafung auf neurologischer Ebene messbar, kann nicht abgestellt werden und muss deshalb praktisch für die Koordinationsaufgabe genutzt werden. Alles andere wäre dumm. Die erste Gruppe kontert dann mit dem Verweis darauf, wie extrinsische Anreize die intrinsische Motivation korrumpieren und aus Menschen mittel- und langfristig willenlose, geistig abhängige Krüppel machen, die keinen eigenen Gedanken mehr fassen, geschweige denn selbständige Entscheidungen treffen können. Und diese Dressur auf materielle Anreize, dieses Verbrechen gegen die Menschlichkeit, könne ja wohl nicht Ziel von zeitgemäßer Arbeit sein. Diese Debatte geht dann gerne ungebremst weiter und am Ende sind nach wie vor beide Parteien überzeugt, Recht zu haben.

Was würde wohl passieren, wenn man beiden Seiten zustimmt? Was wirft das für ein Licht auf die Thematik der Anreizung, der Motivation und der damit verbundenen Leistung in Unternehmen?

Im Kern sagen die einen: Der Mensch ist motiviert. Die anderen sagen: Der Mensch wird motiviert. Beziehen wir das einmal auf uns selbst. Ich komme dabei zum Schluss: Ja! Sowohl das eine, wie auch das andere. Natürlich bin ich motiviert, habe ich aus mir heraus Gründe, Sehnsüchte und Bedürfnisse, die mich dazu bringen zu denken, zu entscheiden und zu handeln. Manche sind egoistisch andere beziehen meine Familie, Freunde und Bekannte mit ein und wieder andere die ganze weite Welt mit ihren Menschen, Tieren, Pflanzen und Landschaften. Diese innere Motivation ist eng verwoben mit den mir ganz persönlich wichtigen Werten, meinen Prägungen und Erfahrungen also dem Leben, das ich gelebt habe und lebe.
Dem gegenüber, entscheide und handle ich auch aufgrund von Reizen – möglichen Erfolgen, Misserfolgen, Strafen und Zuwendungen – die ich von meiner Umgebung erwarte und bekomme. So habe ich mich selbständig gemacht, weil ich mich in gängigen Autoritätsstrukturen nicht wohl fühle. Allerdings bin ich auch selbständig, weil man damit ein überdurchschnittliches Einkommen erzielen kann. Ich stehe morgens gern auf, weil ich generell zufrieden bin und mir mein Leben ganz grundsätzlich viel Spaß macht. Und ich stehe auf, da meine Kunden und Kollegen auf meine Mitarbeit und mein Sohn auf mein „ihn in den Kindergarten Begleiten“ vertrauen. Ich bin selbst überrascht, wie bedingungslos ich meine Kinder liebe und erwische mich dennoch regelmäßig dabei, wie ich um ihr Lächeln oder eine Umarmung heische und was ich bereit bin – nur dafür – zu tun. Diese äußeren Reize sind geprägt vom Wertekanon der mich umgebenden Gesellschaft. Davon, dass beispielsweise der Wert von Menschen in Deutschland von ihrem monetären Reichtum, materiellen Status und ihrer messbaren Leistungsfähigkeit abhängen. Wir haben uns eine Welt geschaffen, in der Mammon und materielle Befindlichkeiten einen hohen Stellenwert einnehmen und so kann es kaum überraschen, dass sich viele Menschen aufgrund der Möglichkeit eines ansprechenden Geldvermögens von ihren wahren inneren Motiven entkoppeln lassen.
Fazit: Ich bin aus mir heraus motiviert und reagiere auf Motivatoren von außen. Und damit stehe ich sicherlich nicht allein. Es findet eine ständige Interaktion, ein ständiges aufeinander Einfluss nehmen zwischen der intrinsischen Motivation und den extrinsischen Motivatoren statt. Wir sind hier, ob wir wollen oder nicht, einer permanenten Wechselbeziehung ausgesetzt oder anders gesagt, einem Zustand andauernder Instabilität. Unsere intrinsische Motivation agiert in Erwartung auf äußere Reize und reagiert drauf, wenn diese wirklich werden. In diesem Wechselspiel geht es nicht um das eine oder das andere. Es geht darum, die natürliche Verbindung von innen und außen nicht zu unterbrechen. Was bedeutet das nun für unser Arbeiten und für die Strukturierung von Unternehmen?

Zuerst einmal: Reize funktionieren und untrennbar davon Anreizung (leider) auch. Gerade deshalb sollten wir achtsam und demütig damit umgehen. Zugegeben: für Geschäftsführer, Vorstände und Führungskräfte ist es verführerisch, ihre Mitmenschen via Motivatoren für die Ziele des Unternehmens – oder besser noch die eigenen – einzuspannen. Dennoch birgt es dieselbe Gefahr, wie sie der Zauberlehrling von Goethe erlebt: „…die Not ist groß! Die ich rief, die Geister; werd ich nun nicht los.“

Wie entstehen solch katastrophale Situationen, in denen sich ein Unternehmen von den selbst gerufenen Geistern und ihren negativen Einflüssen nicht mehr befreien kann? Sie ergeben sich aus der Kluft zwischen geplanter Zukunft und eingetretener Wirklichkeit: wenn das Management die Interpretationsgewalt über die Wirklichkeit ausübt, wenn die Mitarbeiter nur noch mit den vom Management erfundenen Motivatoren in Kontakt stehen und nicht mehr mit den echten, die um das Unternehmen herum wirken.
Gibt man uns Menschen einen Plan und koppelt daran unsere Existenz und unser Einkommen, dann nutzen wir unsere Intelligenz, sobald wir den Plan akzeptiert haben, um die Vorgaben zu erreichen. So wie beim Zauberlehrling mit der Lehrstelle seine Existenz, davon abhängt, das Haus zu putzen. Wir reagieren auf die externen Motivatoren, die uns das Management anbietet. Das geschieht durchaus im Rahmen unserer inneren Motivation. Beim Zauberlehrling waren es Neugier, Bequemlichkeit, vielleicht ein bisschen Herrschsucht, jedenfalls innere Antriebe, die ihn Magie nutzen ließen, um nicht selbst Hand anlegen zu müssen. Dabei gilt: Je egoistischer der Mensch, umso leichter wird es ihm fallen, den Plänen und daraus abgeleiteten Anreizen, die andere für ihn gemacht haben, gerecht zu werden. Die persönliche Bedürfnisbefriedigung, die unter Umständen in der alltäglichen Arbeit fehlt, wird durch Aufstiege in Rangordnungen oder finanzielle Surrogate kompensiert. Der neue Porsche, die Rolex oder der teure Exklusivurlaub in das angesagteste Ressort. Nicht so egoistische Menschen, und das ist die Mehrheit, verlieren stattdessen schnell den Kontakt zu ihrer inneren Motivation und laufen ambivalent einmal den künstlichen Anreizen des Unternehmens hinterher und ein andermal der Sehnsucht, ihrem eigenen Antrieb Ausdruck zu verleihen. Das sind Menschen, die Autoren wie Reinhard Sprenger, Niels Pfläging, Andreas Zeuch, Gary Hamel und Co. in deren Denken zustimmen und wohlgesonnen Recht geben, zugleich in ihrem eigenen Arbeits-Alltag allerdings aus tausend kleinen Gründen nicht wirklich etwas ändern wollen. Bei ihnen wird die natürliche Verbindung zwischen intrinsischer Motivation und extrinsischen Motivatoren unterbrochen. An die Stelle der natürlichen externen Reize, wie etwa die Unzufriedenheit oder auch Euphorie des Käufers, tritt der künstliche Plan, beispielsweise in Form von Produktions-Stückzahl-Vorgaben, und die damit einhergehenden, meist monetären Ziele und Prämien.

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Eingeordnet unter 05 Der Bluff, Wenn der Bonus die Intelligenz dominiert

Bürokratie, Mittelmaß und schädliches Verhalten

Es hatte ein wenig gedauert, bis Andreas wirklich sehen konnte, was da tagein tagaus praktiziert wurde. Zuerst musste er das Unternehmen verlassen, dann ein Sabbatical machen und ziemlich am Ende dieser Auszeit hatte er es dann klar vor Augen.

Der Wahnsinn wurde in jedem Herbst mit der großen Strategieklausur auf Vorstandsebene eingeleitet. In ihr wurde die Vision für die kommenden fünf bis zehn Jahre definiert – doch, doch, das wurde tatsächlich jedes Jahr wieder gemacht – und zur Publikation in der Unternehmenszeitung frei gegeben. Die Ziele leitete man dann aus der Vision, den Geschäftszahlen der letzten drei Jahre und den Erwartungen für die kommenden achtzehn Monate ab. Prämisse war es, möglichst konkrete, eindeutige und fixe Ziele zu formulieren, wie etwa eine fünfzehnprozentige Steigerung des Gesamtumsatzes, den Hinzugewinn von fünf Prozent Marktanteilen im Non-Food-Segment oder die Reduktion der Personalkosten um sieben Prozent. Aus diesen Unternehmenszielen wurden dann die Geschäftsjahrespläne und Teilziele für die Unternehmensbereiche abgeleitet. Dabei wurden dann auch die zuvor eingebrachten Einzelplanungen der Bereiche berücksichtigt – bottom up sozusagen. Mit den Ergebnissen aus der Klausur ging dann jeder Vorstand zu seinen Führungsmitarbeitern und machte die Zielvereinbarungsgespräche.
Und spätestens mit diesem Schritt wurde der Wahnsinn zur vorprogrammierten Misere. Spielte die Wirklichkeit in der großen Strategieklausur noch eine erkennbare Rolle, war sie in den Zielvereinbarungsgesprächen praktisch vollständig vom beschlossenen Plan und den darin festgezurrten konkreten Zielen ersetzt worden. Die Gespräche waren ein fast schon orientalisch anmutendes Feilschen um die einzelnen Prozentpunkte, bis beide Seiten zufrieden waren. Die Wirklichkeit, zu diesem Zeitpunkt ein gern genutztes Totschlagargument gegen allzu forsche Zielvorgaben, spielte längst keine echte Rolle mehr. Sie wurde vom Getöse des gemeinsamen Schulterklopfens übertönt, das die Vereinbarung der mittelmäßigen Ziele nach sich zog. Denn die einst festgelegten ambitionierten Ziele des Vorstandes waren angesichts der bestehenden Marktsituation einfach unrealistisch.
Noch schwerer als der Wirklichkeitsverlust und die Reduktion aufs Mittelmaß wog allerdings, wie die Intelligenz der Mitarbeiter für das Unternehmen zu denken, ausgeschlossen wurde. Kaum war man sich über die Erreichbarkeit der Ziele einig, wurde sie an das Einkommen der Führungskräfte, Potentials und Spezialisten gekoppelt und schwupp war jedes vorausschauende Denken, jedes eigenständige Abwägen von Risikosituationen und jede clevere Nutzung von sich ergebenden Möglichkeiten im Sinne der Firma wie weggewischt. Natürlich gab es einige wenige engagierte Idealisten, die nie damit aufhören konnten, die Risiken für das Große und Ganze zu beschwören. Sie wurden lapidar als Quertreiber, Nervensägen, Kleingeister, Spielverderber oder Miesmacher verrufen. Die anderen hatten das Spiel kapiert. Um das Unternehmenswohl sorgten sich die Vorstände. Die Führungskräfte und Mitarbeiter mussten sich um sich selbst sorgen. Bei ihnen ist, im besten Verständnis des Wortes, Eigennutzenoptimierung angesagt. In dieser Konstellation gilt es, den Konditionen gerecht zu werden, die das höchste Einkommen sichern. Hilfreich ist es da, dem Vorgesetzten nach dem Mund zu reden und ja keine Verstimmung zu riskieren oder die Kollegen in Fettnäpfchen treten zu lassen, um dadurch selbst besser auszusehen. Und genau darauf war die Intelligenz der einzelnen Personen dann auch ausgerichtet. Diese Intelligenz wurde dafür regelmäßig mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand in Form von Time and Budget Revisionen, Zielerreichungsprotokollen, Abteilungs- und Teamklausuren und dergleichen mehr anhand der Planerfüllung geprüft, auf Kurs gehalten und für gut befunden.

Das Beste: Die wirkliche Wirklichkeit war immer das schlagkräftigste Argument, hatte jemand die Planvorgaben einmal nicht erreicht. Die Konsequenz war immer dieselbe: Der Plan wurde nachträglich angepasst und der Bonus ausgezahlt.
Erst mit einigem Abstand erkannte Andreas den Teufelskreis, den man da zusammen gezimmert hatte. Er entschloss sich, aus diesem Teufelskreis auszubrechen. Das bedeutete: er wollte die Welt aus den Angeln heben.

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Eingeordnet unter 05 Der Bluff, Bürokratie, Mittelmaß und schädliches Verhalten

Paradoxe Pseudorationalisten

„… ist die industrielle Logik, die wir vor drei Jahren ausgerufen haben, ja absolut erhalten geblieben. Wir haben immer gesagt: Porsche wird eine Marke in einem integrierten Automobilkonzern werden müssen.“

Michael Macht am 26. November 2009 im Interview mit Jörg Münchenberg vom Deutschlandradio

„Aus der Finanzkrise ergeben sich keine unmittelbaren Risiken für die Haushaltsplanung. Die Bundesregierung behält daher das Ziel bei, möglichst 2011 einen Haushalt ohne Neuverschuldung vorzulegen“
Peer Steinbrück, Bundesfinanzminister, am 26. Oktober 2008

Wir sprechen sie gelassen aus, Sätze wie „Lassen sie uns sachlich bleiben.“, „Zurück zur Sache.“, „Rational betrachtet …“, „Schauen wir uns einmal die Fakten an, …“ oder „Objektiv gesehen, ohne es beurteilen zu wollen …“.
Bei Michael Macht heißt sie die Industrielle Logik, Peer Steinbrück versteckt sich hinter der Haushaltsplanung. Beide huldigen sie den goldenen Kälbern der objektiven Rationalität, der kalten Sachlichkeit, der entfühlten Wahrheit von scheinbaren Fakten. Andreas Zeuch nennt diese Menschen „paradoxe Pseudorationalisten“. Sie sind mindestens auf zwei Ebenen anzuzweifeln. Auf einer übergreifenden Ebene wird ein pseudorationales Konstrukt, wie etwa die Industrielle Logik benutzt, um mit scheinbaren oder sogar widerlegten Fakten die Überlegenheit der Rationalität im Umgang mit einer Sachlage, wie etwa der Zwangsfusion mit Volkswagen, herauszustellen. Unter dem Deckmantel der Rationalität wurden Milliarden von Euro vernichtet, eine Börsenblase sondergleichen produziert, tausende von Arbeitsplätzen gefährdet sowie eine hoch angesehene Marke zumindest riskiert und das alles, damit zwei äußerst irrational aufgestellte Cousins sich beweisen können, wer der mächtigere Wirtschaftsmogul ist.
Auf der persönlichen Ebene stellen sie sich mit irrationalen Argumenten als Rationalisten dar. Natürlich hat die Finanzkrise keine Auswirkungen auf eine Haushaltsplanung. Jede Planung ist ja nur der Toner auf Papier der eine Fatamorgana der Zukunft beschreibt. Das allerdings als Argument zu nutzen, um am Ziel eines Haushaltes ohne Neuverschuldung festzuhalten, während die härteste Wirtschaftskrise seit 1929 über die Welt herein bricht, ist so romantisch grotesk unwirklich wie eine Lobeshymne auf die Schönheit von smogviolettorangegrünen Sonnenuntergängen über Mexiko City.
Antonio Damasio hat uns gezeigt, dass reine, kühle, sachliche Rationalität gleichzusetzen ist mit der Unfähigkeit zu priorisieren und sinnvolle Entscheidungen zu fällen. Er weist nach, dass es keine gute Entscheidung gibt, die nicht aus intuitiven, emotionalen und rationalen Anteilen besteht. Andreas Zeuch charakterisiert das Ideal vom rationalen Homo oeconomicus deshalb auch treffend als Untoten. Nassim Taleb erläutert höchst faszinierend, wie nahe der Zufall wirklich an uns heran kommt und wie viel Einfluss unvorhergesehene Ereignisse im Positiven wie im Negativen auf unser Zusammenleben haben. Dennoch glauben viele Experten und sogar die Vorstände der Großkonzerne und börsennotierten Unternehmen an Ihre Planzahlen und ignorieren die möglichen Alternativen. James Sourowiecki veranschaulicht eindrucksvoll die Begrenztheit des Individuums bei Entscheidungen und demgegenüber die Qualität und Leistungsfähigkeit, die in Gemeinschaften verborgen liegt. Trotzdem werden die wichtigen, richtungweisenden, strategischen Entscheidungen weiterhin von Einzelpersonen an der Spitze oder kleinen Gremien getroffen.
Argumente, die das ökonomische Ideal einer vernünftigen, voll informierten sowie rational entscheidenden und handelnden Unternehmerpersönlichkeit widerlegen, kommen aus den Naturwissenschaften, der Medizin, der Psychologie und anderen Bereichen. Ihre Zahl wächst mit dem Fortgang des „Business as usual“ und seiner Krisen. Die Darstellung wirtschaftsmenschlichen Verhaltens verharrt trotzdem im Reich des untoten Homo oeconomicus: Längst widerlegte Argumente werden genutzt, um ein pseudorationales und pseudowissenschaftliches Modell für die Wirklichkeit auszugeben. Die Chance für uns Menschen liegt aber nicht im Glauben an unsere rationale Allmacht. Sie findet sich in Achtsamkeit und Demut gegenüber einer Wirklichkeit, die uns – freilich nicht ohne Anstrengung – viel mehr bietet als restlos aufgehende Rechenschemata.

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Eingeordnet unter 03 Menschenbildstörung, Paradoxe Pesudorationalisten

Macht Menschen zu Dingen!

Sind Sie in den letzten Jahren operiert worden? Können Sie sich noch an das Prozedere erinnern? Als ich 2009 unters Messer kam, verlief der Prozess wie folgt: Ich saß gegen halb neun, nichts Böses ahnend, vor dem Fernseher. Voller Vorfreude genoss ich den Abend vor dem Urlaub in Spanien, den wir am Folgetag antreten wollten. Plötzlich begannen mich aus dem Nichts heraus starke Bauchschmerzen zu plagen. Nach einigem Durchhalten zogen meine Frau und ich zwei Konsequenzen. Ich ließ mich ins Krankenhaus bringen und wir den Urlaub sausen. Die Diagnose war schnell gestellt: Gallensteine mit Gallenblasenentzündung. Ich wurde über Nacht im Krankenhaus behalten, und man konnte den ganzen Organ-Apparat beruhigen, so dass keine Notoperation durchgeführt werden musste. Stattdessen wurde ein OP-Termin vier Wochen später vereinbart. In der Vorbereitung auf den Eingriff klärte mich ein Chirurg anhand eines Formblattes über die Durchführung und die Risiken auf. Danach erfasste ein Anästhesist meine körperliche Verfassung sowie mögliche Allergien auf Betäubungsmittel und dergleichen. Am Vortag der Operation kam ich zur Einweisung ins Krankenhaus und erhielt eine Din-A4-Seite bedruckt mit kleinen Barcode-Etiketten, die mich als Patienten in der Aufnahme, auf Station, im Operationssaal, in der Aufwachstation und beim behandelnden Facharzt identifizierten. Ab jetzt war ich eine Nummer, die auf Gängen verschoben, von Händen präpariert und Instrumenten bearbeitet wurde. Alles ging gut, die Galle ist raus und als Überbleibsel muss ich vorsichtig im Verzehr von Fett sein, was nicht wirklich im Widerspruch zu den Dogmen unserer Zeit steht.

Auch wenn die Operation erfolgreich war, ich keine Angst mehr vor Koliken zu haben brauche und ich als Logistiker ein tiefes Verständnis, ja sogar einen Faible für die Notwendigkeit einer sauberen und effizienten Organisation habe – den fahlen Beigeschmack, wie eine Sache behandelt worden zu sein, werde ich immer mit diesem Eingriff verbinden. Die Menschen, die ich in dieser Zeit getroffen habe, waren andere Patienten. Die Schwestern, Ärzte und sogar die sozialen Betreuer, die mich besuchten, haben in meiner Erinnerung allesamt die Aura von Apparaten, die sich an mir abgearbeitet haben.
Diese Situation hat sich verständlicherweise in meiner Erinnerung eingeprägt, weil sie außergewöhnlich war. Doch wenn wir unser Leben einmal unter diesem Gesichtspunkt beobachten, können wir feststellen, wie oft sie sich schematisch im Alltag wiederholt. Achten Sie beim nächsten Mal darauf, wie es Ihnen an der Supermarktkasse geht, an der Tankstelle, auf der Betriebsfeier, im Mitarbeitergespräch oder beim Elternabend: Immer dann, wenn Sie sich wie ein Objekt behandelt fühlen, wie eine Sache, dann ist Ihr Gegenüber kein Mensch sondern Personal.
Sicherlich treffen wir zwischen dem Personal auch Menschen. Ohne eine Frage meinerseits erklärte mir die junge, etwas nervöse Ärztin, in einem Moment, den ich als warm und gemeinschaftlich erinnere, welche Komplikationen es während meiner Operation gegeben hatte. Sie sagte mir auch, wie darauf reagiert wurde und dass deshalb der Eingriff fast um die Hälfte länger dauerte als üblich. Hinter dem Personal stecken also nach wie vor Menschen, doch was ist mit ihnen – mit uns – passiert?
Es ist trivial und komplex zugleich, es ist der Unterschied zwischen Leben und Funktionieren. Häufig sind etwa Verkäuferinnen freundlich, doch wir bemerken sofort, ob sie zuvorkommend sind, weil es ihnen gesagt wurde, dann empfinden wir ihre Nähe als aufdringlich, oder ob es ihre Natur ist. Ob ihre Kundenansprache einstudiert ist oder authentisch. Mit der Einführung des Personalwesens und seiner Spielwiesen Personalverwaltung und -entwicklung wurden die Menschen in Unternehmen zu Objekten, die auf eine bestimmte standardisierte Weise nach der Idee (sprich dem Plan) einer Elite (sprich dem Management) in den Unternehmensprozessen funktionieren. Es wäre ja halb so schlimm, wenn diese Versachlichung nur innerhalb des Unternehmens stattfinden würde, doch über den Kontakt zum Kunden, zu Lieferanten, zu Investoren und dergleichen mehr, wird sie auf alle Wirtschaftsbeziehungen ausgedehnt. Herr Grizmek würde das mit seinem charakteristischen Sprachfehler beschreiben: „Auch hier beweist die Spezies Mensch ihre unglaubliche Anpassungsfähigkeit an ihre Umwelt.“
Derart objektiviertes Personal wird einen Kunden ebenso als Sache behandeln, wie es dazu ausgebildet, bezahlt und angereizt wird. Es wird auch zugleich die Rechtfertigungen für sein Verhalten als Werte lernen. Sie werden Effizienz, Kostenbewusstsein, Prozessoptimierung, Versorgungssicherheit sowie -qualität, Kundenfokus, Null-Fehler und ähnlich heißen. All das ist manifestiert in der Funktion und Aufgabe des Personalwesens. Dabei ist Human Resources eine Entwicklung des gesunden Wirtschaftens. Im kranken Wirtschaften gab es keine Notwendigkeit dafür, da der Sklave oder Leibeigene in der Natur der Sache und auch juristisch korrekt bereits ein Besitztum, ein Gut, eine Ware war. Viele von uns waren damals so etwas wie ein Sessel, eine Kutsche oder ein Zuchttier.

Ändert man die Grundhaltung weg von einer aggressiven hin zu einer kooperativen Gesellschaft, muss man als Unternehmen in der freien Marktwirtschaft mit dem Fakt umgehen, dass aus den Dingen plötzlich gleichberechtigte Menschen auf Augenhöhe werden. Wo also Frederick Taylor noch auf ein gerüttelt Maß an »Halb-Menschen« in seinen Lösungen zurückgreifen konnte, sind wir seit der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts damit konfrontiert, dass Schwarze und Weiße, Gelbe und Latinos, Frauen und Männer, ja sogar Schwule und Lesben, also einfach alle Menschen vor dem Arbeits-Gesetz gleich sind. Die Gefälle zwischen Industriegesellschaft und dritter Welt sowie die Kinderarbeitsproblematik sparen wir an dieser Stelle einmal aus. Damit sie dennoch weiterhin sachlich funktionieren, braucht es Personal und damit das Personalwesen und die Arbeitspsychologie. Sie überwinden den Graben zwischen den Menschenrechten, welche die Freiheit in der Vielfalt einfordern und der im Unternehmen notwendigen Integration dieser Vielfalt in den Apparat. Sie machen aus Menschen Personal.

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Eingeordnet unter 02 Mythos Arbeit, Macht Menschen zu Dingen!

Wenn es zum weinen nicht mehr reicht, einfach mal lachen! [1]

Sind Sie schon einmal mit einem Boot unterwegs gewesen, einem Lastwagen, einem Auto, einem Motorrad, einem Fahrrad oder auf Inlinern? Haben Sie dabei schon einmal so richtig Fahrt aufgenommen? Hatten Sie die Masse in Schwung versetzt? Und wollten dann spontan die Richtung ändern?

Ist gar nicht so einfach eine Masse zu kontrollieren, die über ein gewisses Maß hinaus mit Energie aufgeladen ist. Man sollte vorbereitet sein auf das Überraschende, wie etwa den unaufmerksamen anderen Verkehrsteilnehmer. Will man größere Schäden vermeiden, kann man nicht stur einem vorgefassten Plan folgen, wie etwa von A nach B kommen zu wollen. In jedem Moment ist die Situation neu zu erfassen, abzuwägen und mit Fingerspitzengefühl nachzujustieren, bevor es aus dem Ruder läuft.
Doch was bleibt einem, wenn man den Zeitpunkt verpasst, an dem die Kontrolle verloren geht? Wenn man nicht gemerkt hat, dass die Geschwindigkeit zu hoch ist für die nächste Kurve? Wenn die Masse aus ihrer Energie heraus ein Eigenleben entwickelt? Was passiert dann? Antwort: Eine Katastrophe!
Vor der Katastrophe gibt es noch ein paar Momente der Selbstverleugnung, der Ablehnung, dass man die Kontrolle verloren haben könnte. Spätestens im Scheitel der Kurve lösen sich diese in Wohlgefallen auf und man kann nur noch auf seine Intuition und Reflexe hoffen.
So zumindest geht es dem engagierten Laien. Bei einem Formeleins Piloten sieht das ganz anders aus. Der versucht in jeder Kurve genau an dieses Limit, an die Grenze der Kontrolle zu kommen. Seine Profession ist es, diesen Moment zu beherrschen. Führt man sich das vor Augen, kann man respektvoll den Hut ziehen, wie wenig Unfälle da passieren, legt es doch jeder Fahrer im Feld in jeder Kurve genau darauf an, die Katastrophe gerade noch so zu vermeiden.

Es passieren nicht mehr schreckliche Unfälle in der Formeleins, weil die Fahrer ihren Job ernst nehmen, vorbereitet sind und mit jeder Situation neuerlich, aufmerksam und mit Fingerspitzengefühl umgehen. Sie machen also das genaue Gegenteil von dem, was die weite Mehrheit der Arbeitswelt tut. In der Organisationswelt finden wir hinsichtlich der Achtsamkeit das Gegenstück zum Formeleinspiloten in den „High Reliability Organizsations“. Augenblicklich ist der Rest der Welt eine effiziente Massenproduktionsmaschine. Das ist die große Leistung des zwanzigsten Jahrhunderts. Diese Maschine hat Fahrt auf genommen und Massen in Bewegung gesetzt, im wahrsten Sinne des Wortes und in unfassbarer Durchgängigkeit. Schauen wir an, welchen Schund sie so vor sich hin produziert – Tamagotchis, Bauer sucht Frau, Sports-Utility-Vehicles oder den Weihnachts-, Ostern-, Valentins-, Faschings-, Halloween-, Olympia-, WM-Wegwerfgeschenkealtptraum – ist es schon verwunderlich, dass sich die großen Katastrophen nur am Horizont abzeichnen und nicht schon längst da sind.

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Eingeordnet unter 01 Arbeit platzt, Wenn es zum weinen nicht mehr reicht, einfach mal lachen!