Schlagwort-Archive: Konto

Wie Tagesgeldkonten Existenzen retten …

Liebe Leserinnen und Leser,

viele Freiberufler, Selbständige und Kleinstunternehmer mit weniger als 5 Mitarbeitern kennen die folgende Situation:

Heute kamen zwei Hiobsbotschaften, einer vom Finanzamt und einer von der Kammer. Das Finanzamt will am 07. des Monats  2.437,53 Euro Einkommenssteuer und am 15-ten 450 Euro Umsatzsteuer. Die Kammer will ihren jährlichen Beitrag in Höhe von 220 Euro in den nächsten zwei Monaten überwiesen haben. Wenn ich allerdings auf mein Geschäftskonto schaue, herrscht wieder einmal Flaute. Hätte das nicht vor vier Wochen kommen können, da war das Konto gerade gefüllt. Mit Zahlungen in dieser Höhe habe ich einfach nicht gerechnet.
Jetzt muss ich wieder einmal jonglieren. Beim Finanzamt anrufen und um eine Stundung bitten, den Kammerbeitrag bis zur 2. Mahnung einfach offen lassen und dann kommt noch der Kundendienst für das Auto …

Das groteske an dieser Situation ist:

  • Das Geld für die Steuern wurde verdient!
  • Der Kammerbeitrag ist eine lange vorher bekannte Zahlung!

Noch schlimmer ist die Situation, die mir einer meiner Kunden kürzlich geschildert hat. Er betreibt ein Geschäft mit hohem Materialaufwand, sagen wir eine Baufirma. Nur ca. 30% seiner Umsätze sind auch Einnahmen im Sinne von Verdienst. Der Rest geht in Baustoffe, Werkzeuge, Wartung, Miete, Leasing etc unter. Die verbleibenden 30% teilt er sich mit seinen Mitarbeitern, ohne die er seine Leistungen gar nicht umsetzen kann.
Für die meisten Aufträge verlangt er eine Anzahlung bei Beauftragung, um das Material beschaffen zu können und nicht auf diesen Kosten sitzen zu bleiben. So weit so intelligent. Trotzdem passiert es ihm regelmäßig, dass er, wenn er das Material für den Auftrag wirklich braucht, das Geld schon für etwas anderes ausgegeben hat.
Was passiert hier? Ganz einfach: Wir haben viel Geld auf dem Konto!
Die wenigsten von uns haben laufende Kosten und immer wiederkehrende Aufwände im Blick, die in Rhythmen wie etwa alle 3 Monate oder gar jährlich kommen. Dazu gehören bei mir beispielsweise:

  • Steuern
  • Versicherungen
  • Fachzeitschriften
  • Kfz-Unterhalt und Wartung
  • Steuerberatung und Jahresabschlüsse
  • Internetkosten wie Webhosting
  • Teilnahmen an Seminaren, Messen, Kongressen etc.
  • Materialaufwände für Aufträge (bei mir sind das bspw. Laminierfolien, Toner, Papier, Klebebindungen etc.)
  • usw.

Der zweite – vielleicht noch wichtigere – Impuls: Wenn wir einen hohen Betrag auf unserem ständig genutzten Konto haben, sind wir spendabler.
Dabei steht die Größe der Spendierhosen in Relation zum eigenen Empfinden, was denn nun ein GROSSER Betrag auf dem Konto ist. Manche mögen den spontanen Wochenendtrip in den Süden antreten, andere anstatt des 36“ Fernsehers einen 46“-Apparat kaufen oder die Theatereintrittskarten und den Babysitter am entsprechenden Abend buchen.

All diese Handlungen sollten auf derselben Grundlage stattfinden. Der Betrag auf dem Kontoauszug sollte so real sein wie möglich (Kassentransparenz). Dazu müssen alle oben genannten und gerne vergessenen Beträge raus gerechnet oder noch besser raus genommen werden.

Mein Ratschlag: Besorgen Sie sich ein Tagesgeldkonto. Das gibt es heute bei jeder Bank. Viele bieten sie sogar Gebührenfrei an, insofern man sich für Onlinebanking entscheidet. Die Vorteile:

  • Das Geld wird – wenn auch gering – verzinst
  • Die Beträge sind hoch flexibel und man kann über 100% der Geldsumme jederzeit verfügen
  • Via Onlinebanking kann man sein Geld 7 Tage die Woche und 24 Stunden am Tag organisieren
  • Das Geld liegt nicht auf dem aktiv genutzten Konto herum und erweckt dort den Eindruck, man könnte spendabel sein!

Und so geht’s:

Wenn Sie das Tagesgeldkonto angeschafft haben machen Sie sich folgende Routinen zu eigen:

  1. Beim Zahlungseingang großer Rechnungen/ Anzahlungen werden sofort die voraussichtlichen Einkommenssteuern und ggf. notwenige Materialaufwände auf das Tagesgeldkonto überwiesen.
  2. Von jedem Zahlungseingang wird innerhalb der kommenden 2 Tage die Umsatzsteuer direkt und zu 100% auf das Tagesgeldkonto überwiesen.
    Ich weiß, dass Sie nicht die gesamte Umsatzsteuer abführen müssen – doch so schaffen Sie sich ganz unbemerkt einen Puffer ;)!
  3. Einmal oder zweimal pro Monat werden die aufgerechneten monatlichen Rücklagen für die laufenden Kosten (siehe oben) auf das Tagesgeldkonto überwiesen.
  4. Wenn die entsprechenden Zahlungsaufforderungen kommen, werden genau diese oder nach unten abgerundete Beträge vom Tagesgeldkonto zurück gebucht.

Halten Sie sich an diese 4 Schritte – ohne den eigenen Kopf auszuschalten versteht sich – passiert Folgendes:

  • Sie erkennen, ob Ihre Selbständigkeit wirtschaftlich tragfähig ist oder nicht.
  • Sie ersparen sich den Stress und die Jonglage bei den oft vergessenen und deshalb plötzlich auftretenden Regelausgaben.
  • Ihr aktiver Kontostand entspricht weitesgehend Ihrem Einkommen.
  • Sie haben ständig einen Puffer übrig, mit dem Sie sich alle Jahre oder Halbjahre etwas spendieren können!

Wie man sieht möchte ich keinesfalls, dass wir damit aufhören uns etwas zu gönnen – ich möchte allerdings, dass wir es uns leisten können.

Von ganzem Herzen viel Erfolg in der Selbständigkeit!
Gebhard Borck

2 Kommentare

Eingeordnet unter Affenmärchen in der Praxis, Kassentransparenz, off record, Tipps und Technologien

Achtung, wenn die Rita kommt

Sabine war vorsichtig, während sie durch die langen Flure der Firma lief. Sie hörte um die Ecke und in Büros hinein, bevor sie die Tür passierte. Der Grund? Ihr Kollege hatte ihr gesagt, Rita sei unterwegs. Eigentlich sollte es kein Problem sein, wenn Rita unterwegs war. Und doch konnte Sabine so gar nichts mit diesen Begegnungen anfangen. Derart in Gedanken war sie einen Moment unaufmerksam und schon war es passiert.

Rita trat unversehens aus der Tür der Toilette und stieß beinahe mit Sabine zusammen. Das einladende Gut-Drauf-Lächeln im Gesicht, mit knappem Rock bekleidet, der nahtlos in das eng anliegende Top überging und die makellose Figur betonte. Sportliche Beine steckten in den immer perfekt weißen Söckchen, die sich wiederum in die perfekt weißen Freizeitschuhe schmiegten. Ganz in Dauer-Sommer-Bronze-Gesundheits-Bräune getunkt, begrüsste Rita Sabine mit den Worten: „Frau Brücke, schön dass ich sie treffe!“ Sabine war verloren. „Wie sieht es heute denn aus bei ihnen, wollen sie mich nicht zur Fertigungsinsel begleiten und mal den Arbeitsbereich von Frau Simon kennen lernen? In nur fünf Stunden sind sie locker auf dem Niveau von Frau Simon. Dann haben sie – einen Moment ich schaue kurz in ihrer Akte nach“, Rita zückte ihren berüchtigten TabletPC „bereits fünf andere Arbeitsplätze auf ihrem Potentialkonto. Noch zwei dazu, schon haben sie ihr Kontingent für diese Arbeitsjahr ausgefüllt. Und das alles vier Monate vor Jahresfrist, da bleibt noch genug Zeit für Bonus und Performance Points, die sie durch die Teilnahmen am New-Ideas-Contest und der beliebten Pamper-The-Boss-Regatta sicher gewinnen werden.“ Sabine seufzte leise. „Auf geht‘s, packen wir‘s an! Und wenn wir Glück haben, finden wir auf dem Weg in die Fertigung noch ein paar Kollegen, die auch mit einsteigen!“
Rita war ein Cyber-Clon. Seit sechs Monaten hatte die Firma den Service bei Personal Motivation Inc. gebucht. Am Anfang hielten es alle für ein Gerücht, doch nachdem zehn Kollegen am selben Tag, zur selben Zeit an drei verschiedenen Orten auf eine Rita gestoßen waren, gab es keine Zweifel mehr. Auf der Webseite von Personal Motivation Inc. konnte jeder nachlesen, was es mit Rita auf sich hatte:

Rita, die Antwort auf ihre Personalprobleme. So lösen Sie das Transformationsproblem der Arbeit elegant, eifrig, sympathisch und immer politisch wie juristisch korrekt.
Rita führt in Sachen Personalrecht und Rechtsprechung stündlich online Updates durch und hat umfangreiche psychologische Programme für den Umgang mit allen Arten von Mitarbeitern (vom Arbeiter bis zum Vorstand) und Menschen (vom Choleriker bis zum Phlegmatiker).
Einmal das Leitbild, die Vision und die Mission des Unternehmens hochgeladen, organisiert sich Rita selbst mit Personalakten, Arbeitsanweisungen und allen weiteren personaltechnisch relevanten Daten. Darüber hinaus speichert sie Verhaltensmuster von Mitarbeitern bei sozialen Begegnungen und legt ein individuelles Raster für jeden Mitarbeiter an. So unterstützt, setzt Rita immer die angebrachten Motivationswerkzeuge im richtigen Intensitätsgrad ein. Für Buchung des Dienstes klicken sie
hier für mehr Informationen hier.

Was ich hier als Zukunftsszenario getarnt schildere, ist leider heute bereits Realität. Die Szene ist zugespitzt und übertrieben, doch das Personalwesen hat in der heutigen Unternehmenswelt eine klare Funktion: Löse das Transformationsproblem der Arbeit. Doch was ist das eigentlich? Es handelt sich um die Diskrepanz zwischen dem Potenzial, das in menschlicher Arbeit steckt und der Leistung/ Produktivität, die umgesetzt wird. Also der Unterschied zwischen dem, was wir leisten können und dem, was wir tatsächlich leisten. Dabei ist es die Aufgabe des Personalwesens beim Mitarbeiter für Wohlbefinden zu sorgen, um darüber die Produktivität zu steigern. Wohlbefinden als Mittel zum Zweck, als Hebel, als Tool. Für die Umsetzung stehen dem Human Resources die Personalführung und die Personalverwaltung zur Verfügung, als Werkzeugkästen sozusagen. Genau so sieht das Wohlfühlpaket dann auch aus.
Im Kasten Personalführung finden wir unter anderem Werkzeuge wie disziplinarische Karriere, Kompetenzkarriere, Seminare – Projektmanagement, motivierende Kommunikation, Konfliktlösung, Stimmtraining, Cost-Optimization, Sig-Sigma, Hochseilgarten für Business-Events, Sprachen und dergleichen mehr. Gern genommen werden auch zeitlich befristete Auslandseinsätze oder Trainee- und Leadership-Programme. Für letztere wird man Mitglied in speziellen drei- oder vierbuchstabigen, vornehmlich englisch benannten Gruppen innerhalb des Unternehmens, wie etwa der High-Potential-Group (HPG), damit auch alle wissen, dass man etwas Besonderes ist. Mit einer Einkommenssteigerung geht das zumeist nicht einher und es wird auch nie eine Garantie für eine spätere Karriere gegeben. Allerdings kann man mehr Stunden im Unternehmen bleiben und baut ein informelles Netzwerk von Kontakten auf, das einem in der Karriere behilflich ist. Natürlich gibt es auch die Ehemaligen, die bereits in entsprechenden Positionen sitzen und die HPG-ler gerne in der Vergabe von guten Posten bevorzugen.
Auch den Werkzeugkasten Personalverwaltung darf man nicht unterschätzen. Hier warten die monetären und sonstigen Bonbons. Ist man am oberen oder am unteren Ende der Gehaltsklasse? Gibt es einen außertariflichen Gehaltsbestandteil oder nicht? Bekommt man extra Gimmicks wie ein Firmen-Mobiltelefon, freien Zugang zum Unternehmensfuhrpark, den höher eingestuften Firmenwagen, die verkürzte Arbeitswoche bei nur gering reduziertem Einkommen und dergleichen mehr. Es gibt viele Möglichkeiten für den Personalbereich, auch über die Verwaltungsschiene Wohlbefinden zu fördern.

Doch Vorsicht: Zu keinem Zeitpunkt geht es wirklich um uns, unser Wohlbefinden, unsere Balance zwischen Arbeit und Leben. Selbst wenn die Personalerin hundertprozentig davon überzeug ist, uns zu unterstützen, tun wir gut daran, ihr zu misstrauen. Ihre Funktion im Unternehmen basiert auf der Annahme: Angestellte und Arbeiter bringen nicht ihr volles Potenzial als Leistung ein. Gerade auch deshalb gibt es ein Personalwesen. Ansonsten würde ein Lohn- und Gehaltsbuchhalter, der von DISC-Modellen, Kompetenz- und Fachkarriere, Incentives und all diesen Spielwiesen keine Ahnung hat, völlig ausreichen!

Überzeugt? Buch hier bestellen!

2 Kommentare

Eingeordnet unter 02 Mythos Arbeit, Achtung, wenn die Rita kommt