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Und sie bleiben paradoxe Pseudorationalisten [2]

Die Moral der Geschichte: Welche Zahlen sie auch immer zugrunde legen, der Manager und die Führungskraft werden immer fähig sein, sie so zu interpretieren und aufzubereiten, dass sie ihren Bedürfnissen nach einem  überdurchschnittlichen Einkommen entspricht. Bleiben wir hier einmal bei Herrn Ackermann. In der Einkommens-Gewinn-Ratio liegt er nur im Mittelfeld, in der Ratio des Maß Haltens trägt er sogar die rote Laterne, in der Ratio der Arbeitsplätze allerdings ist er, seinem offen vorgetragenen Selbstbild entsprechend, die Nummer eins. Er kann also jedwede Einkommenshöhe scheinbar rational begründen. Besonders gewiefte Spieler der Pseudorationalität könnten jetzt noch das Mittel über alle denkbaren Argumente ausrechnen, um daraus ihr Einkommen zu erklären. Spätestens dann wäre das Publikum nicht nur beeindruck, sondern auch geistig abgehängt. Damit sind alle, die solche Spiele mitspielen, den paradoxen Pseudorationalisten wieder einmal auf den Leim gegangen. Das unsinnigste dieser Spiele, sozusagen das Schäfermatt der paradoxen Pseudorationalisten, ist sicherlich im Argument zu finden: „Die anderen Führungskräfte mit dieser Position in unserer Branche verdienen auch in diesem Bereich.“ Klingt erst einmal logisch, doch wenn die Gehälter der anderen bereits irrational sind, was sehr naheliegend ist, ist auch dieses Argument wenig stichhaltig.
Jetzt kommt häufig der Einwurf: „Wenn man die Marktpreise nicht bezahlt, dann findet man eben keine gute Führungskraft!“

Wie wäre es, einmal der Idee des Buches zu folgen und einen Unternehmensentwurf zu umreißen, der auf solche Führungskräfte gar nicht angewiesen ist? Davon abgesehen erkennt man in der obigen Tabelle, dass die Top-Gehälter bereits jetzt keineswegs homogen sind. Außerdem wird man damit vielen mittelständischen geschäftsführenden Gesellschaftern nicht gerecht, die zum einen eh nicht so viel mehr verdienen als ihre Angestellten und zum anderen durchaus ihr Privatvermögen aufs Spiel setzen, um die Firma zu retten. Dazu später mehr.

Probieren wir an dieser Stelle eine Falsifikation. Würde das Einkommen des Managers tatsächlich etwas damit zu tun haben, an welchen Leistungsdaten er es bemisst, dann müssten diese Leistungsdaten ja meteoritengleiche Krater in die Wirtschaftszahlen des Unternehmens reißen, sobald dieser Manager das Unternehmen verlässt. Gehen wir in die Radikalität, um es zu verdeutlichen:

Angenommen, Josef Ackermann wäre zum Jahreswechsel 2007, auf der Rückfahrt von seiner Silvesterfeier zur Erkenntnis gelangt, dass sein Leben bisher falsch war. Er stellte es deshalb mit sofortiger Wirkung in den Dienst seiner Mitmenschen. Zum ersten Januar 2008 kündigte er fristlos und begäbe sich noch am selben Tag zur seelischen Reinigung an einen unbekannten Ort auf einem Gipfel der Welt – ohne Telefon, Faxgerät, Fernsehen und Hausnummer. Heute, nach der erfolgreichen Reinigung, täte er es Mutter Theresa gleich und würde den Armen in Bangladesch helfen. Diese Aktion müsste ja nicht gleich einen Kursgewinn auslösen, wie der Weggang von Jürgen Schrempp – aber glauben Sie ernsthaft, die Deutsche Bank hätte am zweiten Januar 2008 (oder ein paar Monate später) aufgrund von Führungslosigkeit Insolvenz angemeldet? Nein, denn selbst Herr Ackermann ist so austauschbar, wie er heute den Nimbus in Anspruch nimmt, unersetzlich zu sein.

Es gibt keine kumulierten, abgeleiteten, aggregierten oder analysierten Unternehmensleistungsdaten, die ein überdurchschnittliches Einkommen für Manager rechtfertigen würden. Es kann Engpass-Situationen etwa im Bezug auf Know-how geben, in denen ein Manager für eine Firma überdurchschnittlich wertvoll wird. Das kann allerdings bei jedem anderen Mitarbeiter auch passieren. Führungskräfte nehmen auch hier keine Sonderrolle ein, die aus Unternehmenssicht entsprechend entlohnt werden müsste.

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Ein Kommentar

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Und sie bleiben paradoxe Pseudorationalisten [1]

In der Betriebswirtschaft werden gerne Zahlenapparate gebildet, kumuliert, aggregiert, differenziert, kalkuliert, gemessen, verifiziert und vor allem als Antworten für nahezu alle Fragen missbraucht. So als ob Rechnen immer ein sinnvolles Ergebnis zutage fördern würde. Ich habe gelernt: Zahlen sind keine Antworten, stattdessen spiegelt jede Zahl eine oder mehrere Fragen wieder. Trotzdem werden gerne Zahlenspiele gemacht. Spielen Sie mit mir also ein paar Zahlen durch, in denen es um das Einkommen von Top-Managern geht.

Unsere Datenbasis zeigt die Rangliste der Vorstände einiger unserer DAX-Unternehmen nach Branchen und ihrem tatsächlichen Einkommen sortiert. Die Zahlen sind aus dem Jahr 2007, damit sie auch wirklich nur zu Spielzwecken genutzt werden.

Quellen für die Zahlen:
Focus Money Online (http://www.focus.de/finanzen/boerse/aktien/dax-unternehmen_did_16806.html)
RP-Online (http://www.rp-online.de/beruf/Das-verdienen-Dax-Chefs-im-Vergleich-zu-den-Mitarbeitern_bid_35514.html) sowie den den Geschäftsberichten der jeweiligen Unternehmen.

Aus diesen Zahlen leiten wir jetzt einige Einkommensargumentationen ab.

Ertragsleistung: „Mein Einkommen steht im Verhältnis zum Gewinn, den unser Unternehmen unter meiner Führung erzielt.“
Hätte man sich auf dieses Maß geeinigt, wären bereits deutliche Verschiebungen zur tatsächlichen Verteilung zustande gekommen. Josef Ackermann, beispielsweise, sollte weniger Einkommen generiert haben, will er der Branchenprimus bleiben, denn sein Verhältnis machte ihn zur Nummer vier anstatt zur Nummer eins. Auch Bernd Lipps und Wolfgang Reitzle sollten ihre Einkünfte noch einmal grundlegend überdacht haben. Letzterer blieb sogar hinter dem Vorstandswechsel bei Siemens zurück, der sicherlich einige Millionen Abfindung beinhaltete.

Arbeitsplätze: „Mein Einkommen richtet sich nach den Arbeitsplätzen, die unter meiner Führung, auch im Sinne der Gesellschaft, bei uns angeboten werden.“

So betrachtet war Josef Ackermann wieder der Platzhirsch unter den Privatbanken und Georg Funke hätte sein Einkommen überdenken sollen. Wolfgang Reitzles Vergütung war in dieser Betrachtung erneut zu hoch gegriffen. Während der Vorstandswechsel bei Siemens getrost einiges kosten durfte, bei so vielen Arbeitsplätzen als Gegenleistung.

Maß halten: „Ich weiß, dass die Spreizung der Einkommensschere viel mit der allgemeinen Zufriedenheit der Mitarbeiter zu tun hat. Aus diesem Grund achten wir auch beim Managementeinkommen darauf, dass der Unterschied nicht zu groß wird.“

Diese Erkenntnis der Wissenschaft war an Josef Ackermann vorüber gegangen. Der trotzt einem unglaublichen Durchschnittseinkommen bei der Deutschen Bank von knapp 170.000 Euro immer noch das 83-fache – in Worten dreiundachtzig – verdient. Damit wird er den Vorurteilen über ihn gerecht und zum vorbildhaften Schlusslicht in Sachen Maß halten. Noch radikaler stellte sich allerdings Bernd Lipps von Fresenius Medical Care gegen die Ergebnisse aktueller Forschung. ThyssenKrupp, aus Fernsehdramen als Dynastien und Industrie-Großfamilien bekannt, war hier der Primus. In wie weit die Mitarbeiterzufriedenheit in den Unternehmen hier die Wissenschaft tatsächlich stützte ist mir nicht bekannt.

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Chimäre Leistung

Erinnern Sie sich noch an das erste Kapitel und den sicherlich dauerhaftesten und allgemein als Eckpfeiler von Gerechtigkeit und freier Wirtschaft angesehenen Glaubenssatz über Leistung:

Leistung muss sich lohnen!“ Man kann ihn auch in anderen Variationen antreffen wie etwa: „Ausbildung muss sich lohnen!“

Achten Sie einmal darauf, wer so etwas sagt. Zumeist sind es Menschen, die im Leistungssystem gerade oben schwimmen. Es sind die gleichen Leute, die auch sagen: „Man kann nur managen, was man auch messen kann.“ Oder die darauf pochen, dass sich ein positives Unternehmensklima anhand von Kennzahlen nachweisen lassen muss. Sie zitieren gerne inspirierende Worte von Peter Drucker, Jack Welch oder Josef Ackermann und sind selbst davon überzeugt, bei ihrer persönlichen Interpretation von deren Erkenntnissen handle es sich um Naturgesetze der Wirtschaft. Diese Menschen reduzieren Erfolg gerne auf Einkommen, Macht und daraus folgende Anerkennung. Ihre einfache Rechnung lautet: Hoher Bildungsabschluss multipliziert mit Zwölf-Stunden-Tagen und der klaren Priorität auf den Job gleich Wohlstand und Einfluss.
Wie erklärt sich da der Harz-IV empfangende Doktor der Ethnologie, der seinen letzten Rest Selbstachtung aus drei Niedrig-Lohn-Jobs nährt – Kurierfahrer, Entrümpler und Volontär bei der örtlichen Zeitungsredaktion – und dafür sechzig Stunden in der Woche „auf Maloche“ ist? Ach ja – ganz vergessen – Ethnologie, Geschichte, Germanistik (Sprache überhaupt), Geographie, Soziologie, Physik, Biologie, Kreativität im Allgemeinen und im Besonderen, Architektur und dergleichen mehr, das sind ja alles brotlose Künste, da hilft natürlich alle Leistung und alle Bildung nichts; aber das weiß man bereits wenn man so etwas anfängt zu studieren. Schon klar, geht man nach brotgebenden Beschäftigungen, brauchen wir eigentlich nur BWLer und Ingenieure, ein paar Ärzte und vielleicht noch einige wenige Professoren a la Herrn Ackermann und daneben dann die Indianer, das Fußvolk, die Truppe, dann läuft die Wirtschaft. In der Politik freilich, da braucht es Pädagogen, Rechtsanwälte und Politologen. Und, damit uns der Laden nicht plötzlich vor Frust, aufgestauter Aggression, Enttäuschungen, Rangkämpfen auf der Basis natürlicher Härte und Aggression sowie spontanen Burnout-Anfällen um die Ohren fliegt, ein paar Psychotherapeuten und Psychologen, die flickschustern, wo in der bereits ledrig rauen Haut der alternden Gesellschaft eine Naht aufreißt.

Einige von uns glauben allen Ernstes, Zufriedenheit, Wohlstand und Einfluss können über Wenn-Dann-Regeln mechanisch garantiert erreicht werden. Wenn wir viel arbeiten, dann verdienen wir viel Geld. Wenn wir uns gut ausbilden, dann machen wir eine große Karriere. Wenn wir uns gegen die anderen durchsetzen, dann sind wir glücklich und zufrieden. Wirtschaftszeitschriften tischen uns die dazu passenden Hochleistungs-Sterne-Menüs auf, indem sie Artikel über die Erfolgsgeheimnisse der Schönen, Reichen und Mächtigen veröffentlichen, denen wir dann nacheifern. Wenn Steve Jobs Erfolg hat, weil er ein menschenverachtender Despot ist, wie in Kapitel vier angedeutet, dann ist das legitim und vorbildhaft für mein eigenes Verhalten.
Andere wiederum unterstellen bei dieser Weltsicht gleich ein gerüttelt Maß an Naivität und wissen selbst wiederum ganz genau, wie es wirklich geht. Wenn man ausreichend skrupellos ist, bei den miesen Spielchen der Reichen und Mächtigen mitzuspielen – wie etwa die Gewerkschaftsbosse bei Volkswagen – und dann noch viele Stunden zu arbeiten, dann kommt man ganz nach oben. Mel Gibson als Titelheld des  Films „Fletchers Visionen“ hätte ob dieser Theorien zu Leistung und wie sie sich lohnt seine wahre Freude gehabt.

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