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No Risk – No Fun!

Sabine hatte seit einigen Tagen häufiger Bauch- und Kopfschmerzen als ihr lieb war. Sie war angespannt und aggressiv und Mia, ihre kleine Tochter, musste es viel zu oft ausbaden, wenn Mama wieder einmal aufbrauste. Der Grund? Seit Beginn der Finanzkrise blieben die Aufträge aus. Sabine kannte als Assistentin des Chefs und Vertretung in der Buchhaltung die Geschäftszahlen genau. Sie wusste, dass für den nächsten Monat die flüssigen Mittel nicht mehr reichen würden, um die Löhne und Gehälter zu bezahlen. Auf der anderen Seite waren keine Aufträge in Sicht.

Während die Mitarbeiter um die Existenz des Unternehmens bangten, igelte sich Volker, der Eigentümer und Geschäftsführer, in seinem Büro ein. Auf die Situation angesprochen antwortete er mürrisch und kurz angebunden: „Das ist im Moment eben so. Das wird auch wieder besser. Unsere Kunden brauchen die Maschinen irgendwann und wir sind die einzigen, die sie liefern können. Jetzt heißt es durchhalten!“
Volker hatte Recht, zumindest was die letzten Jahre anging. Ihre Maschinen waren weltweit gefragt und beliebt. Viele Kunden kamen und blieben bei ihnen. Das Geschäft war ein Jahrzehnt lang stetig mit ordentlichen Gewinnen gewachsen. Doch das alles änderte nichts an der Tatsache, dass jetzt kein Geld mehr in den Kassen war. In der Belegschaft war die Stimmung entsprechend und viele nahmen es Volker übel, dass er nicht mehr Aktionismus an den Tag legte und öfter auf geschäftlichen Terminen unterwegs war. „Der Chef kann doch nicht von morgens bis abends im Büro sitzen und Solitair spielen.“, „Der muss doch raus!“ oder „Wenn nicht jetzt, wann dann?“ hörte man sie in der Kantine flüstern. Nichts dergleichen passierte. Sabine wusste auch, dass wirklich der gesamte Markt stillstand. Es gab schlicht nichts zu tun. Dennoch wuchs ihre Anspannung. Wovon die Miete bezahlen, das Essen, den Kindergarten? So schnell fand sie auch keinen andern Job, der zu ihrer Situation als allein erziehende Mutter passte. Mitten hinein in diese drängenden Gedanken platzte die Entscheidung von Volker, als er mitteilte: „Für die nächsten zehn Monate sind hier alle Arbeitsplätze sicher, das dafür notwenige Kapital bringe ich aus meinem Vermögen ein und ab dann gibt es wieder Aufträge, wie mir drei unserer wichtigsten Kunden mitgeteilt haben.“
Alle atmeten auf, wussten sie doch jetzt, dass Volker sein Vermögen nicht sinnlos verprasste. Wenn er als Geschäftsführer in der Krise gefragt war, wurde ihnen jetzt klar, stand er auch dafür ein.

Viele kleine und mittlere Unternehmen haben Führungskräfte, die ein hohes persönliches Risiko auf sich nehmen, um die Firma zu erhalten oder zu retten. Sie bringen nicht nur Arbeitszeit sowie Kontakte ein und überlasten ihr Privatleben – wenn es darauf ankommt, werfen sie auch ihr persönliches Vermögen in die Waagschale, um die Existenz des Unternehmers zu sichern. Derartige Offenheit und Risikobereitschaft hat in fetten Jahren ein überdurchschnittliches Einkommen verdient. Leider weiß man oft erst in der Krise, dass man es mit einem solchen Manager zu tun hat. Nichtsdestotrotz: Die Bereitschaft, die eigene Existenz auf ein Unternehmen zu verwetten, rechtfertigt eine überdurchschnittliche Bezahlung – natürlich nicht nur bei Managern.

Lektion in Demut

Warum ist es so wichtig, dass Manager nur in Ausnahmefällen wirklich ein überdurchschnittliches Einkommen verdienen? Es ist zum einen entscheidend, da ihr Sonderstatus sowohl im Sinne des Verdienstes wie auch der exekutierbaren Macht, die mit dem höheren Einkommen und der damit verbundenen höheren Schein-Verantwortung einhergeht, das Unternehmen darin behindert, seine Massenintelligenz (siehe Kapitel sechs) zu nutzen. Dabei ist genau diese Massenintelligenz unser bestes Mittel, um der komplexen, unüberschaubaren und nicht vorhersagbaren Wirtschaftswelt erfolgreich und robust zu begegnen.
Weitere wichtige Faktoren nimmt Gernot Pflüger im neunten Kapitel seines Buchs „Erfolg ohne Chef“ auseinander. Der Kapiteltitel lautet treffsicher „Götter oder Götzen“ und es geht ums liebe Geld. Dieser Abschnitt seines Buches ist gerade deshalb so interessant, weil es in seinem Unternehmen ein Einheitsgehalt gibt oder, wie er es bevorzugt nennt, den gleichen Profit vom wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens für alle. Pflüger sagt darin:

„… ist Geld mittlerweile für uns nicht mehr nur ein »geronnenes Leistungsversprechen«, sondern Grundlage für unsere Identifikation und unser Selbstwertgefühl. Bekommt jemand innerhalb des Unternehmens mehr Gehalt als ein Kollege, dann ist er nicht nur der Firma »mehr wert«, sonder er ist auch an sich »mehr wert«.

Genau dieser Wertunterschied, der zwischen Managern und den übrigen Menschen im Unternehmen am deutlichsten ist, erodiert konstruktive, kooperative, menschliche, humorvolle und lebensbejahende Unternehmenskulturen. Auch das Totschlagargument: ein Einheitseinkommen ist ungerecht, sticht angesichts der Tatsache kaum, dass jedwedes leistungsabhängige Einkommen den Beweis schuldig bleibt gerechter zu sein.

Leider ist das Wirtschaften an sich kaum als gerecht zu bezeichnen. Wie sonst ist es zu erklären, dass sich der wohl technisch unausgereifteste Tablett-PC am Markt durchsetzt, während seine Konkurrenten schon lange vor ihm verzweifelt versuchten überhaupt einen Kunden zu finden. Oder dass Video 2000 als objektiv durchweg besseres System gegen VHS den Kürzeren gezogen hat? Manager nehmen heutzutage zwar eine Sonderstellung im Unternehmen ein, allerdings keine, die aus der Sicht des Unternehmens wertvoller wäre als alle anderen Mitarbeiter auch. Ein gerüttelt Maß an Demut seitens des Managements auch und gerade, was Gehaltsforderungen angeht, wäre mehr als angebracht.

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Ein Kommentar

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Dafür stehe ich mit meinem guten Namen

Kennen sie diesen Werbespruch? Bei einigen Unternehmern und Managern ist das weit mehr als nur ein Spruch. Sie haben über Jahre und Jahrzehnte nachgewiesen, dass sie einen guten Namen und diesen damit auch zu verlieren haben. Ein Beispiel, das hierzulande jeder kennt, ist Herr Hipp. Er stellt nicht nur Nahrung für Kleinkinder her, er mischt sich auch mit und für seinen guten Namen in den Anbauprozess der Rohstoffe für die Nahrung ein oder betreibt ihn einfach selbst, wenn Zugekauftes nicht seinen Ansprüchen genügt. Auch Yvon Chouinard macht mit seinem Unternehmen Patagonia weit mehr, als einfach Trekking- und Surf-Geräte und -Kleidung herzustellen. Er geht ebenfalls tief in die Supply-Chain hinein und bringt Einsatz für das Cradle-to-Cradle-Prinzip, in dem alles wieder in den Kreislauf zurückgeführt wird. So wirbt er aktiv dafür, verbrauchte, vergammelte und abgewetzte Kleidungsstücke zurückzugeben, um sie zu recyceln. Er steht wie Herr Hipp in hohem Maße für das Besondere seines Unternehmens. Beide stehen zudem für Konsequenz, auch wenn dadurch die Firmenexistenz gefährdet wird. Sie haben die Überzeugung, dass es so gehen muss, wie sie es für sinnvoll halten und gehen auch dann ihren Weg, wenn andere sie belächeln.

Solche Manager sind selten. Sie wechseln nicht, wie es der Karriereplan verlangt, nach spätestens fünf Jahren den Job oder halten ihre Weste sauber, indem sie eigene Fehler anderen in die Schuhe schieben. Sie haben ein überdurchschnittliches Einkommen dafür verdient, dass sie wirklich öffentlich die Verantwortung für ihre Firmen übernehmen und ihren Kopf tatsächlich hinhalten. Hier ist es kein hohles Machtgeschwätz. Das Unternehmen Hipp, ebenso Patagonia, wird sich damit beschäftigen müssen, was passiert, wenn diese repräsentierenden Menschen nicht mehr sind. Wäre ihr Ausstieg zu erwarten, löste das Skepsis und Misstrauen bei den Kunden aus, das schmälerte kurz- und mittelfristig den Erfolg des Unternehmens. Wenn solche Menschen dem Unternehmen verloren gehen, egal auf welche Weise, muss das Unternehmen verstärkt unter Beweis stellen, dass es fähig ist, die Qualität, für die diese Menschen gestanden haben und die Versprechen, die sie über Jahre eingelöst haben, auch weiterhin zu halten. Überdurchschnittliches Einkommen rechtfertigt sich, im Rahmen der wirtschaftlichen Möglichkeiten, aus der öffentlichen Verantwortung, die man mit dem eigenen Namen für das Unternehmen übernimmt. Dasselbe Prinzip ist der Grund, der ein höheres Einkommen für jeden Freiberufler und Selbständigen rechtfertigt. Sie alle sind keine namenlosen Sachbearbeiter oder Angestellten irgendeines Unternehmens. Sie stehen mit sich selbst für sich selbst ein. In dieser Situation ist jedes Fehlverhalten eng mit dem zukünftigen wirtschaftlichen Erfolg verknüpft. Diese Bereitschaft, Verantwortung an exponierter Stelle zu übernehmen und das damit verbundene persönliche Risiko rechtfertigen ein überdurchschnittliches Einkommen. Problematisch ist: Viele Manager, Führungskräfte und Mitarbeiter verstecken sich genau in dieser Verantwortungsübernahme hinter ihrem Unternehmen, über dessen Praktiken sie sich hinter vorgehaltener Hand lauthals beschweren. Als Teil des schlecht agierenden Systems sind sie zwangsläufig auch Teil der verhinderten Lösung.

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