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Sinnkopplung ist unternehmerisch anstrebenswert [1]

Sinnkopplung ist unternehmerisch anstrebenswert

In der heutigen Wirtschaftswelt hat der Mensch dann seinen höchsten Wert erreicht, wenn er im Sinne einer maximalen Wirtschaftlichkeit des ökonomischen Gesamtsystems reibungslos funktioniert. Gut handelt also, wer möglichst rational und zweckmäßig wirtschaftet. Die Bedingung, ohne die in diesem von uns ausgedachten System nichts läuft, ist der Profit. Wobei es nicht zwangsläufig um individuellen Reichtum geht. Vielmehr ist Profit im pseudorational verharmlosenden Jargon die Kapitalverzinsung durch die Unternehmen. Wer hier die höchste Verzinsung erreicht, so die unausgesprochene Übereinkunft, hat alles richtig gemacht. Es geht nicht etwa darum, auch im Arbeiten als einzigartiger Mensch im Zusammenspiel mit seinen Mitmenschen zum besten Menschen zu werden, der man sein kann. Es geht vielmehr darum, sich in einem erfundenen und unnatürlichen System nach dessen Vorgaben optimal zu beschäftigen.
Leider ist genau diese Überhöhung der maximalen Wirtschaftlichkeit, selbst wenn man sie jenseits individueller Gier betrachtet, überaus gut dazu geeignet, die Menschheit zu zerstören. Es gelingt ihr, weil sie ihren Schaden, wie in den vorherigen Kapiteln ausführlich beschrieben, in vielen kleinen Mängeln subversiv unter der Oberfläche unseres Bewusstseins angehäuft und so fast unbemerkt pilzartig über der Welt verteilt hat. Rational kaum zu erkennen, da von den Pseudorationalisten gut argumentiert, ist sie als Krankheit eher zu spüren, denn zu verstehen. Wäre die Wirtschaft für uns eine unbedenkliche Spielwiese, die uns erfolgreich davon abhält, uns gegenseitig die Köpfe einzuschlagen, dann wäre Sinnkopplung wohl das Konzept, dass sich als Bindungsmechanismus in Unternehmen schon durchgesetzt hätte. Allerdings akzeptiert unser Wirtschaftssystem die Selbstzerstörung der Menschheit scheinbar unreflektiert. Sie muss nur pseudorational und vordergründig objektiv unter der Vorgabe einer maximal erreichten Wirtschaftlichkeit stattfinden. Sprich: Solange Menschen in Beschäftigung sind und schwarze Zahlen geschrieben werden, kann es ja nicht falsch sein, was da gemacht wird.
Sinnkopplung ist für all die Unternehmer anstrebenswert, die von vornherein mehr wollen, als einfach nur Geld zu verdienen. Für sie alle ist die Kopplung an einen gemeinsamen Sinn unter der Prämisse, dem Gemeinwohl wenn schon nicht zu dienen, so doch zumindest nicht zu schaden, geradezu bestechend.

Es gibt allerdings auch wirtschaftliche Argumente für Sinnkopplung. Viele von uns wünschen sich im Wirtschaften etwas gemeinsam zu unternehmen, um sich als Mensch zu erfüllen. Wirtschaftlichkeit ist dabei einer unter mehreren Gründen, eines unter mehreren Zielen und einer unter mehreren Bezugspunkten, sich zu orientieren, denn:

  • Mit sinnhaft gekoppelten Menschen kann man sich eine Menge an administrativen Kosten sparen. Man kann auf die zur formalen Machthierarchie gehörende Bürokratie ebenso verzichten, wie auf Pseudo-Karriere-Stufen. Sicherlich verschwindet zudem eine ganze Menge an hin und her geschobenen Informationen, um das eigene Handeln unnötig zu rechtfertigen, darauf aufmerksam zu machen oder es abzusichern sowie die damit verbundene Lese- und Schreibzeit.
  • An einen über die eigene Person und Firma hinaus gehenden Gemeinwohl-Sinn gekoppelte Menschen machen ein Unternehmen zu einem sozial vertrauensvollen, stabilen und sicheren Raum der Eigenverantwortlichkeit auch für andere. Dadurch werden das Unternehmen selbst wie auch seine Marken und Produkte attraktiv. Und das ganz ohne zusätzlichen Aufwand im Namen der neuesten Mode namens „Corporate Social Responsibility“.
  • Eine Zusammenarbeit, die sich auf sinngekoppelte Menschen gründet, braucht keine neuen gesellschaftlichen Machtverteilungen. Es muss kein großes Staats-Rad gedreht werden, in Form von Gesetzesänderungen und dergleichen, bevor man unternehmerisch nach Mitarbeiterbindung durch Sinnkopplung streben kann. Über die Zeit können so einige Steuern, Sozialabgaben und allerlei Aufwand für Lobbyisten und die Wartung des Unternehmensimages gespart werden.

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Eingeordnet unter 08 sinnhaft leisten, Sinnkopplung - unternehmerisch mit Sinn umgehen

Vereinbarungen brechen [2]

Unternehmen als Staat im Staat verschwinden. Vor fünfzehn Jahren galt man noch als verbeamtet, wenn man den Vertrag bei Daimler, Siemens, Bosch … unterschrieben hatte. „So lang man keine silbernen Löffel klaut …“ wurde unter nicht wirklich vorgehaltener Hand gefeixt oder gelästert – je nachdem ob man drin war oder draußen. Heute verweisen Führungskräfte dieser Unternehmen Berater freundlich vor die Tür, die ihnen etwas von Drei-Jahres-Strategie oder noch längeren Zeiträumen erzählen. Selbst in den Forschungs- und Entwicklungsbereichen ist man froh, wenn die kommenden sechs Monate arbeitsinhaltlich überschaubar oder sogar stabil sind. Mit den Turbulenzen in den Inhalten sind auch Degradierungen, Auslagerungen in Auffanggesellschaften, Gehaltseinbußen und dergleichen verbunden. Selbst „beim Daimler“ kann man sich nicht mehr auf den eigenen Lorbeeren ausruhen. „Harvester“, wie die Versicherungsbranche liebevoll die Mitarbeiter nennt, die ihre erarbeiteten Pfründe verwalten, sterben aus und mit ihnen das Beamtentum in den Konzernen. Vergessen Sie also die Vereinbarung, dass Großunternehmen einen geordneten Arbeitsablauf, feste Arbeitszeiten, sichere Urlaubsentgelte und all die anderen Komfortzuwendungen bieten. Selbst wenn der Konzern Sie noch so gern als dauerhaft funktionierendes Rädchen im Getriebe kaufen möchte, er kann es sich oft nicht mehr leisten.

Aus der Traum von finanzieller Unabhängigkeit aufgrund anständiger Arbeit. So wie Edus Vater wird es in meiner Generation, die noch nicht das fünfzigste Lebensjahr vollendet hat, niemandem ergehen. Die Wenigsten der angestellt Beschäftigten werden sich gelassen mit den Worten zurücklehnen können: „Finanziell bin ich durch, das ist eine runde Sache und es bleibt immer noch Energie und Zeit für was Neues.“
Auf den Staat können wir da auch nicht mehr zählen. Von einer ausreichenden Rente mit siebenundsechzig hat der sich seit den Riestergesetzen ohne großes Tamtam öffentlich verabschiedet. Bei den meisten Beschäftigten ist das seltsamerweise noch nicht angekommen. Gerade die Angestellten, die mittleren Führungskräfte und die Studierten unter uns glauben, sie bekämen es noch hin, finanzielle Unabhängigkeit oder sogar Freiheit zu erreichen. Langzeitbeobachtungen sagen etwas anderes. Da verschwindet die Mittelschicht zusehends. Wenn wir nicht bald anders handeln, wird es zwar weniger aber dafür noch reichere Reiche geben und viel, viel mehr Arme.
Konsequent weiter gedacht, befinden wir uns an der Schwelle zu einer erneuten Epoche des Glücksrittertums. Für die Zukunft des Profits aus Beschäftigung stellen sich folgende Archetypen vor:

  • Glücksritter: Der charmante Gentleman-Gauner à La Ocean aus dem gleichnamigen Film. Für ihn könnte vom Typ her durchaus Lance Armstrong als Vorbild dienen.
  • Ausbeuter: Ebenso skrupellose wie großmächtige Profitproduzenten – Siemens mit seiner Korruptionsaffäre zeichnet das vor.
  • Sklaventreiber: Stasigleiche Bespitzelungsmeister, die es ein wenig gescheiter anstellen als Lidl oder die Deutsche Bahn.

Vergessen Sie die Vereinbarung, dass einem anständige Arbeit ein gutes Leben und Erfolg einbringt und dass Wohlstand für alle unser wirtschaftlich-gesellschaftliches Ziel ist. Selbst wenn Sie sich genau wie ich nach Anstand sehnen: Es hat sich ein Konglomerat aus Bürokratie, Vertuschung, Gier, Macht und Heldentum eingenistet, das Erfolge an seinen Leistungskatalogen ausrichtet und Fragen nach dem Tribut, den Menschen und Umwelt dafür erbringen ebenso ausdauernd verhindert, wie die nach Sinn, Kooperation und Fairness.

Gute Unterhaltung - Das Album von Heinz Rudolf Kunze bei Amazon kaufenWas will ich damit in Bezug auf die Arbeit sagen? Ein wenig flapsig ausgedrückt: Die Zeit, in der ruhig die Kugeln geschoben wurden, ist vorbei. Und wenn wir uns nicht den Glücksrittern, Ausbeutern und Sklaventreibern hingeben wollen, müssen wir aufstehen und uns für menschliche Arbeit ins Zeug legen. Wir müssen aufhören, Teil einer Beschäftigungsstatistik zu sein und uns stattdessen intelligent und sinnerfüllend innerhalb eines wirtschaftlichen Systems engagieren. Die Zeit der stumpfen Arbeitserfüllung mit wohlständischem Ausgang geht zu Ende – und das ist gut so.

Es gibt neuen Raum, Arbeit zu gestalten – gerade weil die über Jahrzehnte gültigen impliziten Vereinbarungen von Stabilität, Sicherheit und langfristig zugestandener Unabhängigkeit platzen. So ruhig wie die letzten dreißig Jahren wird es in Zukunft auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr zugehen. Daraus folgt: Wir sind aufgefordert Arbeit neu zu durchdenken, auszuhandeln, zu gestalten und umzusetzen. Die Arbeitsumgebung kann künftig so düster aussehen, wie es Siemens, Schlecker und Co. vorzeichnen, sie muss es aber nicht!

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