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Skizze zu einer besseren Gesellschaft von Heinrich Hattebier

Hallo liebe Leserinnen und Leser,

heute hat mir mein Kunde Heinrich Hattebier nach einem Beratungstermin folgenden Text gesendet. Er weißt daraufhin, dass es sich um eine Skizze handelt, da er den Text weder inhaltlich noch sprachlich ausgefeilt hat.

Mir gefiel schon die Skizze sehr gut:

Skizze zu einer besseren Gesellschaft

Die Gesellschaft besinnt sich endlich auf den größten Schatz, den sie nutzen kann: die jungen Menschen und deren Entwicklung. Experten und Nicht-Experten entwickeln zu gleichen Teilen die neuen Bildungsinhalte: z. B. Individualität, Kommunikation, Solidarität. Die neuen jungen Menschen finden mehr Glück im Gruppenerlebnis, Naturerlebnis, Selbsterlebnis. Sie können besser Beziehungen leben, eigene Ziele verfolgen und werden viel weniger kriminell. Die Erwachsenen entwickeln die Kulturgesellschaft, in der sie Technologie, Transport, Sport, Gesundheit, Freizeit, Sozialbereich, Musik, Theater, Landschaft, Familie miteinander verbinden, so dass alle beteiligt sind – alle erhalten ein bedingungsloses Grundeinkommen von zum Beispiel 750 Euro im Monat und entscheiden frei, ob sie damit ihre Ausbildung finanzieren, oder sich Zeit für Kinder und Angehörige nehmen, einen wenig einträglichen Beruf in Handwerk oder Musik damit stützen oder es dann als Sockelbetrag im Alter verwenden. Es gibt nur noch eine Steuer: die auf den Konsum. Alle Waren und Dienstleistungen werden mit z. B. 25 % Steuer belegt, ohne Ausnahmen und Schlupflöcher. Es wird ein großes ökonomisches Abenteuer: alles gerät aus den Fugen und fügt sich neu. Arme kompensieren die höheren Kosten für Essen und Wohnen mit dem Grundeinkommen, Reiche zahlen fünf- bis sechsstellig Steuern für Autokauf und Mietshausbau – und können die nicht mehr übers Geschäft absetzen – und gründen Stiftungen, um jeden Monat die 750 Euro, die sie nicht benötigen, in Kultur und Wissenschaft zu stecken. Die riesige Sozialbürokratie, die meisten Finanzämter, Steuerberater, Elterngeld für den Mittelstand, BAföG und vieles andere wird man nicht mehr brauchen. Es entwickelt sich eine bessere Gesellschaft, die materiellen Reichtum, Egoismus, Geltungssucht zunehmend überwindet und unzählige sorgenarme Individuen hervorbringt, die eine neue Kultur der sozialen Wärme, der kreativen Vielfalt und – nicht zuletzt – der ökonomischen Freiheit verwirklichen.

Dresden 08. März 2010

Ich bedanke mich bei Heinrich Hattebier, dass ich seine Gedanken hier veröffentlichen kann. Bitte reduziert den Text nicht auf seine Fakten und erkennt die Sehnsucht, die sich darin findet. Es ist die Skizze/ das Gefühl einer Gesellschaft, für die ich Affenmärchen geschrieben habe, die ich meinen Kindern, meiner Familie, meinen Freunden und überhaupt allen wünsche.

Ökonomische Freiheit beginnt dort, wo Menschen nein zu den sie führen wollenden Ökonomen sagen können.

Im eigentlichen Leben ist Heinrich Innenarchitekt mit eigener Tischlerei. Er fertigt aus Massivhölzern Möbel nach Maß und freut sich, die Kombination Design und Erstellung unter einem Dach zu vereinen.
Heinrich ist ein lebenserfahrener und gelassener Handwerker mit Studium und einem sympathisch ruhigen Humor.
Wenn also jemand auf der Suche nach individuellen Möbeln ist, diesen Menschen möchte ich gerne auch fachlich 😉 empfehlen: www.hattebier.com

Beste Grüße
Gebhard Borck

8 Kommentare

Eingeordnet unter 01 Arbeit platzt, danke

Affenmärchen in der Netzwerkgesellschaft

Anfang der Woche wurde ich auf den Netzwerkartikel von Bernd Oestereich aufmerksam. Er beschreibt darin den augenblicklich stattfindenden Wandel hin zu einer Netzwerkgesellschaft. Erfrischend unaufgeregt schlägt er sich weder auf die Seite der Befürworter, noch auf die Seite der Gegner. Vielmehr versucht er sich – wie ich finde sehr erfolgreich – als Beobachter.

Mir ist im Bezug auf Affenmärchen vor allem eines aufgefallen: Meine Ideen sind auf unsere Betriebswirtschaft fokussiert. Anders als etwas Oestereich formuliere ich gar nicht den gesellschaftlichen Wandel. Mir ist wohl bewusst, dass eine flächendeckende Umsetzung der Ideen in Affenmärchen – vor allem der Ideen hinsichtlich von Einkommensstrukturen, Hierarchie und Selbstverwirklichung – sich vermutlich auch auf die Gesellschaft auswirken würde. Dennoch verorte ich mich nur in einem kleinen Teil des gesellschaftlichen Umbruchs, den uns Oestereich so treffend beschreibt. Ungefähr in der Mitte des Blogposts finden sich die Überschriften „Netzwerk vs. Markt“, „Macht (1. Ordnung)“, „Zugehörigkeit“ und „Bindungsstärke“.
In diesem Bereich will und kann Affenmärchen wertvolle Beiträge zu unserem Überleben in der beschriebenen Netzwerkgesellschaft anbieten.

Herr Oestereich beschließt seinen Artikel mit den Fragen:

Für mich fühlt sich die aufkeimende Netzwerkgesellschaft gerade wegen der Ausbildung einer kollektiven Intelligenz und eines kollektiven Bewußtseins nicht so an, als würde dies mit der Aufgabe oder den Verzicht des Individuellen verbunden sein – und das lässt mich staunen! Wachsen wir über uns hinaus?

Zumindest was die Betriebswirtschaft angeht wäre es absolut angebracht, das zu tun ;)!

Vielen Dank an Bernd Oestereich und viele Grüße an alle Leserinnen und Leser
Gebhard Borck

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Und sie bleiben paradoxe Pseudorationalisten [1]

In der Betriebswirtschaft werden gerne Zahlenapparate gebildet, kumuliert, aggregiert, differenziert, kalkuliert, gemessen, verifiziert und vor allem als Antworten für nahezu alle Fragen missbraucht. So als ob Rechnen immer ein sinnvolles Ergebnis zutage fördern würde. Ich habe gelernt: Zahlen sind keine Antworten, stattdessen spiegelt jede Zahl eine oder mehrere Fragen wieder. Trotzdem werden gerne Zahlenspiele gemacht. Spielen Sie mit mir also ein paar Zahlen durch, in denen es um das Einkommen von Top-Managern geht.

Unsere Datenbasis zeigt die Rangliste der Vorstände einiger unserer DAX-Unternehmen nach Branchen und ihrem tatsächlichen Einkommen sortiert. Die Zahlen sind aus dem Jahr 2007, damit sie auch wirklich nur zu Spielzwecken genutzt werden.

Quellen für die Zahlen:
Focus Money Online (http://www.focus.de/finanzen/boerse/aktien/dax-unternehmen_did_16806.html)
RP-Online (http://www.rp-online.de/beruf/Das-verdienen-Dax-Chefs-im-Vergleich-zu-den-Mitarbeitern_bid_35514.html) sowie den den Geschäftsberichten der jeweiligen Unternehmen.

Aus diesen Zahlen leiten wir jetzt einige Einkommensargumentationen ab.

Ertragsleistung: „Mein Einkommen steht im Verhältnis zum Gewinn, den unser Unternehmen unter meiner Führung erzielt.“
Hätte man sich auf dieses Maß geeinigt, wären bereits deutliche Verschiebungen zur tatsächlichen Verteilung zustande gekommen. Josef Ackermann, beispielsweise, sollte weniger Einkommen generiert haben, will er der Branchenprimus bleiben, denn sein Verhältnis machte ihn zur Nummer vier anstatt zur Nummer eins. Auch Bernd Lipps und Wolfgang Reitzle sollten ihre Einkünfte noch einmal grundlegend überdacht haben. Letzterer blieb sogar hinter dem Vorstandswechsel bei Siemens zurück, der sicherlich einige Millionen Abfindung beinhaltete.

Arbeitsplätze: „Mein Einkommen richtet sich nach den Arbeitsplätzen, die unter meiner Führung, auch im Sinne der Gesellschaft, bei uns angeboten werden.“

So betrachtet war Josef Ackermann wieder der Platzhirsch unter den Privatbanken und Georg Funke hätte sein Einkommen überdenken sollen. Wolfgang Reitzles Vergütung war in dieser Betrachtung erneut zu hoch gegriffen. Während der Vorstandswechsel bei Siemens getrost einiges kosten durfte, bei so vielen Arbeitsplätzen als Gegenleistung.

Maß halten: „Ich weiß, dass die Spreizung der Einkommensschere viel mit der allgemeinen Zufriedenheit der Mitarbeiter zu tun hat. Aus diesem Grund achten wir auch beim Managementeinkommen darauf, dass der Unterschied nicht zu groß wird.“

Diese Erkenntnis der Wissenschaft war an Josef Ackermann vorüber gegangen. Der trotzt einem unglaublichen Durchschnittseinkommen bei der Deutschen Bank von knapp 170.000 Euro immer noch das 83-fache – in Worten dreiundachtzig – verdient. Damit wird er den Vorurteilen über ihn gerecht und zum vorbildhaften Schlusslicht in Sachen Maß halten. Noch radikaler stellte sich allerdings Bernd Lipps von Fresenius Medical Care gegen die Ergebnisse aktueller Forschung. ThyssenKrupp, aus Fernsehdramen als Dynastien und Industrie-Großfamilien bekannt, war hier der Primus. In wie weit die Mitarbeiterzufriedenheit in den Unternehmen hier die Wissenschaft tatsächlich stützte ist mir nicht bekannt.

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Eingeordnet unter 07 Management ist Geldverschwendung, Und sie bleiben paradoxe Pseudorationalisten

Gekonnt vom Erfolg abgelenkt

Wie bemisst sich Erfolg in unserer Gesellschaft? So sehr es sich einige von uns auch anders wüschen, am einfachsten und am häufigsten wird er über Geld und materielle Statussymbole hergeleitet. Wer alternativen Konzepten folgt – wie etwa Semco, Svenska Handelsbanken oder auch der dm Drogeriemarkt – wird daraufhin sogar noch schärfer beobachtet – so meine Erfahrung. Sie müssen gleich um ein Vielfaches erfolgreicher sein als ihre Wettbewerber wie die Deutsche Bank oder Schlecker, damit ihr Anderssein toleriert wird. Supperreiche und arrogante Snobs dagegen, die herumlaufen wie Otto Normalbürger und mit ihrem schlechten Stil kokettieren, werden durchaus nicht als primitiv abgestempelt. Wer das Geld hat, so die augenscheinliche Erkenntnis, kann sich vieles, vielleicht sogar alles erlauben.

An wem haftet der Erfolg? Wie bereits im letzen Kapitel angedeutet, glauben gerade Führungskräfte, dass Erfolge maßgeblich etwas mit ihrer Person zu tun haben, während Misserfolge von der Umwelt verursacht wurden oder eben Pech waren. Dieses Szenario gilt vor allem für Westeuropäer und Amerikaner. Japaner glauben, dass Erfolg dem Glück und Misserfolg der eigenen Unfähigkeit geschuldet ist! Wir wissen heute, dass sowohl Erfolg wie auch Versagen am Besten mit dem Zusammenspiel von Zufällen zu beschreiben ist und unserer Fähigkeit, im Moment des Zusammenkommens dieser Zufälle erfolgversprechend zu agieren. Dazu braucht es eher Intuition, Improvisation und Achtsamkeit denn Ratio, Planung und Disziplin. Klar wird damit auch: Es ist gefährlich, den Erfolg oder den Misserfolg einem einzelnen Menschen anzuhaften, dennoch tun wir es, denn das verspricht Sicherheit. Wir können dann den erfolgreichen Glückspilzen folgen und die erfolglosen Pechvögel hinter uns lassen.

So viel zum Erfolg im gesunden Wirtschaften. Doch wo findet sich der Erfolg in einem sinnhaften, einem kooperativ humanen Wirtschaftssystem? Sicherlich nicht in der Allmacht eines sozialistischen Staates! Machen Sie sich mit mir auf den Weg hinein in eine, zugegebenermaßen schwierige Simulation.

Nehmen wir einmal an, eine signifikante Menge an Unternehmen würde meinen Vorschlag aus dem vorherigen Absatz umgesetzt haben und ihre Mitarbeiter jedes Jahr so am erwirtschafteten Gewinn beteiligen, dass sie nach einigen Jahren, vielleicht zwölf, nicht mehr finanziell von der Firma abhängig sind. Stellen wir uns weiterhin vor, diese finanzielle Unabhängigkeit gilt inzwischen für ungefähr zwei Drittel der Mitarbeiter in der Firma.
Jetzt erschaffen Sie sich zwei Führungskräfte vor Ihrem geistigen Auge. Die eine ist wie das öffentliche Bild von Michel Friedmann, rhetorisch gewandt, intelligent, neoliberal, reich, aggressiv, gebildet, elegant, dominant, machtbewusst und im traditionellen Verständnis erfolgreich und die andere wie das öffentliche Bild von Sean Connery, galant, gewitzt, fair, sportlich, weltmännisch, rücksichtsvoll, emphatisch, gebildet, kooperativ, wohlhabend, traditionsbewusst und dennoch neue Wege gehend, immer bereit, riskant zu handeln. Was glauben Sie, für wen arbeiten die Menschen auch dann weiter, wenn sie von ihrem Einkommen nicht mehr abhängig sind? Ich würde auch lieber für meine Vorstellung von Sean Connery arbeiten, als für mein Vorurteil von Michel Friedmann!

Adam Smith sieht Selbstorganisation in der Optimierung des Eigeninteresses in Wechselwirkung mit einem freien wettbewerblichen Güter-Markt erreicht. Er nennt das die unsichtbare Hand, die uns zum Wohle aller leitet. Was er damit nicht auflöst, ist der bestehende Zwang für einen Großteil der erwerbsfähigen Menschen, arbeiten zu müssen. Natürlich hat jeder im gesund wirtschaftenden System die Chance, sich von diesem Zwang zu befreien, gelingen kann es in einem System der Aggression und Dominanz allerdings nur einem kleinen Teil der Menschen. Es gibt nur einen Superstar und ein Supertalent pro Jahr, keine fünftausend.
Maßstäbe des Erfolgs in einem kooperativ humanen Unternehmen sind zum einen eine Wirtschaftlichkeit, die es allen Mitarbeitern ermöglicht, auf legale Weise finanziell unabhängig von ihrem Unternehmen zu werden – ganz losgelöst davon, was sie gelernt haben, aus welchem sozialen Milieu sie kommen oder wie gut ihr Schulabschluss einmal war. Zum anderen ist es eine wirtschaftlich unternehmende Gemeinschaft, die aus freiem Willen auch dann leistet, wenn ihre Menschen nicht mehr aufgrund von Geld dazu gezwungen werden können.

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Eingeordnet unter 04 Requiem für die moderne Betriebswirtschaftslehre, Gekonnt vom Erfolg abgelenkt

Sinn-Gründer handeln nicht wegen des Gewinns

Edu hatte endgültig genug davon, dass andere ihm erklärten, wie sinnvoll es war, den Kunden hinzuhalten und lieber zwei weitere Monate Budget heraus zu holen, anstatt das Projekt zu beenden. Er mochte nicht mehr stundenlang in zermürbenden Sitzungen der Selbstprofilierung von aufgeblasenen Endplatzierten lauschen müssen, weil sie eben die Anteilseigner der Firma waren und er konnte sich nicht mehr vor seinem Chef ducken, obwohl dieser schon seit geraumer Zeit besser mit seinen Golfschlägern hantierte als mit den Technologien seiner Firma. Er hatte es satt. Sein Kollege und zukünftiger Partner in der gemeinsamen Firma fasste die Stimmungslage so zusammen: „Wenn man jahrelang in der Scheiße rührt, ist es irgendwann Zeit, sich die Hände zu waschen.“

Bei der nun folgenden Gründung hatten sie keine revolutionäre Produktidee oder eine technologische Weltneuheit. Was sie hatten war ein nüchternes Verständnis für die Grenzen und Leistungsfähigkeit von Social Media Web Portalen. Sie kannten die Bedarfe von Unternehmen und wussten, weshalb die Wettbewerber nicht zum Zug kamen. Außerdem nahmen sie aus ihrer Firma zwei Interessenten mit, die eine Technologie suchten, bei ihrem alten Arbeitgeber nicht richtig zufrieden waren und bei denen sich Edu und sein Partner exzellent mit den Firmenchefs verstanden. Unter diesen Voraussetzungen ging es recht schnell. Nach sechs Monaten hatten sie eine Firma mit zwei mittelgroßen Projekten und drei Mitarbeitern. In Gesprächen vergaß Edu niemals zu betonen, dass es ihnen nicht so sehr darum gegangen war, selbständig wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Ihr Beweggrund war vielmehr immer gewesen, ohne die ganzen Kindergartenspielchen arbeiten zu können. Endlich ohne Machtspielchen zwischen den Mitarbeitern der ersten, zweiten und untersten Klasse Leistung erbringen, Humor und Spaß „uff Maloche“ zu haben und wenn man einen schlechten Tag hat, auch einfach einmal im Bett liegen zu bleiben, bis der Abend herein bricht und die Energie zurück kommt.

Die Betriebswirtschaftslehre nimmt es als gegeben an, dass Unternehmer – oder eigentlich jeder – vor allem anderen die Wirtschaftlichkeit als Maß für Erfolg ansetzen. Diese Haltung hat unsere Gesellschaft bereits so verinnerlicht, dass viele – ausgerechnet Nichtunternehmer – gerne den Glaubenssatz aussprechen: Am Ende des Tages muss auch Geld verdient werden. Das ist Quatsch!
Natürlich gibt es Unternehmen, die wirtschaftlich sind und Gewinne schreiben, Gott sei Dank! Neben diesen gibt es allerdings auch eine ganze Menge Unternehmen, die weder Gewinn machen, noch den Eindruck erwecken, es jemals tun zu wollen. Sonst müssten sie schon lange anders handeln. Zwei Beispiele aus meiner eigenen Praxis verdeutlichen das.

  • Mäzen: Bei der ersten Firma handelt es sich um ein Produktionsunternehmen aus dem Bereich der erneuerbaren Energien. Über zwei Jahrzehnte hinweg, die das Unternehmen bereits existiert, gibt es zwar Jahre in denen Gewinn gemacht wurde, die Gesamtbilanz ist allerdings, unter wirtschaftlichen Aspekten betrachtet, eher schauderhaft. Die Investition hat sich bisher für den Eigentümer in keiner Weise gerechnet und das obwohl beim Wettbewerb bereits seit mehreren Jahren gute und satte Gewinne gemacht werden, die das Kapital der Eigner verzinsen. Betriebswirtschaftlich rational richtig wäre gewesen, das Unternehmen für eines der in der Vergangenheit verschiedentlich gemachten Übernahmeangebote an den Wettbewerb abzugeben. Das ist nicht geschehen weil der Eigentümer ein Kämpfer der ersten Stunde für erneuerbaren Energien ist. Da ist es am Ende des Tages egal, ob man wirtschaftlich ist oder nicht. Es ist wichtiger, mit dem gesamten Unternehmen einen Möglichkeitsraum zu schaffen, der einen in der Branche technologisch ein Wörtchen mitreden lässt und innovative Solarenergiekonzepte für Jedermann entwickelt sowie marktfähig macht.
  • Erfinder: Bei der zweiten Firma handelt es sich um ein Entwicklungsunternehmen, dass seit mehr als einem Jahrzehnt daran arbeitet, eine neue Technologie, ebenfalls im Bereich Energie, marktreif zu bekommen. Die ersten Tests, bereits aus den achtziger Jahren, versprechen entscheidende Fortschritte in technologischen Leistungsdaten und in ökologischen Gesichtspunkten wie etwa die Recyclebarkeit. Das Unternehmen durchlief zwei Insolvenzen, beide aufgrund von politischen Machtspielchen zwischen den Gesellschaftern und hat während der gesamten Firmengeschichte noch keinen Eurocent Gewinn gemacht. Natürlich hoffen hier alle auf den Durchbruch, der die Technologie marktreif und massenproduktionsfähig macht. Die lange Entwicklungszeit hat die deutlichen Unterschiede zum Wettbewerb allerdings bereits merklich reduziert und nach wie vor ist nicht sicher gestellt, dass eine Serienproduktion überhaupt möglich ist. Dennoch hält der Erfinder an seinem Traum, seiner Vision fest. Das wirtschaftliche Finish bleibt hier, auch ohne Gewinn, weiterhin offen!

Unternehmensgründungen resultieren eben nicht in erster Linie aus Wirtschaftlichkeitsüberlegungen. Schon gar nicht bewirken solche Überlegungen Entscheidungen und Handlungen von Unternehmern und Führungskräften im Sinne der Nachhaltigkeit. Keine ökonomisch noch so erfolgreiche Erfindung oder Innovation entspringt schierem Wirtschaftlichkeitsdenken. Es erzeugt nur Pseudorationalisierung. Unternehmer handeln, weil sie es wollen, können, keinen Grund sehen es nicht zu tun oder mit ihrer aktuellen Lebenssituation unzufrieden sind. Für manche mag eine beängstigende Vorstellung sein, dass Menschen etwas unternehmen, ohne irgend jemandem – nicht einmal sich selbst – zu wirtschaftlichem Wohl verhelfen zu wollen.

Wirtschaftlichkeitsüberlegungen beziehen ihre Bedeutung noch aus einer anderen Rolle: Sie dienen der Schuldzuweisung, der Hatz auf Sündenböcke, denn mit wirtschaftlichem Verlust oder Abstieg wird in unserer Gesellschaft ganz klar zwischen guten und schlechten Menschen, Gewinnern und Verlieren, Genies und arroganten Idioten unterschieden. Hätten wir mehr auf Qualität statt Quantität orientierte Erfolgsmaßstäbe, wäre unsere Gesellschaft vermutlich offener, vielfältiger und sinnhafter und wahrscheinlich gäbe es weniger Superreiche und mehr Wohlhabende. Dazu bräuchte es allerdings mehr als selbstgefällige Zahlenspiele.

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Eingeordnet unter 04 Requiem für die moderne Betriebswirtschaftslehre, Sinn-Gründer handeln nicht wegen des Gewinns

Der Betrieb als Fundament seiner Wirtschaftslehre

Haben Sie sich schon einmal die Frage gestellt, warum es Betriebe, eine Grundvoraussetzung für die Betriebswirtschaft, überhaupt gibt und wie sie entstanden sind? Harry Braverman und Sidney Pollard schreiben dazu:

„Kontrolle ohne Zentralisierung der Arbeitskräfte war, wenn nicht unmöglich, so sicherlich sehr schwierig, und daher war die Vorbedingung für das Management die Zusammenfassung der Arbeiter unter einem einzigen Dach.“
Harry Braverman – Die Arbeit im modernen Produktionsprozess

„… es wenige Gegenden im Land gab, wo die modernen Industrien … – sobald die Arbeit in großen Gebäuden verrichtet wurden – nicht mit Gefängnissen, Arbeitshäusern und Waisenhäusern verbunden waren. Dieser Zusammenhang wird gewöhnlich unterschätzt, vor allem von denjenigen Historikern, die davon ausgehen, dass die neuen Fabriken ausschließlich freie Arbeit rekrutierten.“
„Das moderne Industrieproletariat ist nicht so sehr durch Anreiz oder monetäre Entlohnung, sondern eher durch Druck, Gewalt und Angst in seine Rolle eingeführt worden.“
Sidney Pollard – The Genesis of modern Management

Ein Grund für den Betrieb ist sicher die einfachere Koordination und Kontrolle einer Vielzahl von Menschen innerhalb eines abgeschlossenen Raumes. Die brutal totalitären Ausprägungen der Anfangszeit sind heute selten geworden, zumindest in Westeuropa und für meine Generation sind Betriebe das Normalste der Welt. Die Grundmechaniken, die hinter diesen Mauern stattfinden dürfen, heißen allerdings weiterhin Druck, Gewalt und Angst. Sehr viel subversiver ausgeübt als noch vor einhundert Jahren und dennoch allgegenwärtig. Achten Sie einmal darauf, wenn sie das nächste Mal einen der beeindruckend bedrohlichen Großbetriebe betreten. Diese Mischung aus Wohlstand und Abhängigkeit, aus Größe und unter-Druck-stehen, aus Glanz und alkoholisiert gescheiterter Existenz ist die Krankheit, die wir im gesunden Wirtschaften mit strahlend weißen Boni-Verbänden, sterilen Mitbestimmungs-Pflastern und wirkstofflosen Betriebsversammlungs-Placebos aufhübschen.
Der Betrieb erklärt sich auch aus der Notwendigkeit zur Abgrenzung. Viele von uns denken dabei erst einmal an die systemtheoretische Notwendigkeit zur Abgrenzung von sozialen Systemen. Dahinter steckt die schlichte Erkenntnis, dass unsere Identität als Mensch Abgrenzung braucht, um sich zu definieren. Dieser Aspekt wird in Kapitel acht noch eine ausführliche Rolle spielen. In der Wirtschaftslehre braucht es die Abgrenzung vor allem für das Phänomen der externen Effekte. Sie meint damit die Auswirkungen des Handelns eines Unternehmens auf seine Umwelt, für die es nicht zur Verantwortung gezogen werden kann, beziehungsweise die es in seinem wirtschaftlichen Kalkül nicht berücksichtigen muss. So stand das ausgebeinte Gebäude des Betriebs meines Vaters noch jahrelang leer, weil niemand das Risiko eingehen wollte, die Entsorgung des vermutlich kontaminierten Fundaments zu übernehmen. Die Lösung: Das Gebäude blieb einfach stehen und beherbergt heute – an der Oberfläche renoviert – die Volkshochschule. Andere Beispiele sind die Kosten, die durch schlecht oder falsch endgelagerte radioaktive Abfälle entstehen, volkswirtschaftliche Folgen aufgrund einer Bankenpleite und dergleichen mehr. Die faktische und juristische Abgrenzung des Betriebs wird von der modernen Wirtschaftslehre benötigt, um im Betrieb eigene Gesetze und Regeln, teilweise weithin losgelöst von den Regeln der Gesellschaft umzusetzen. Ein Beispiel: Die Überwachung der Mitarbeiter durch die deutsche Bahn ist zwar gesellschaftlich und moralisch fragwürdig, nach den Betriebsvereinbarungen des Konzerns aber keineswegs illegal. Ohne diese Grenze müsste sich die Lehre bereits seit langem und in allen Belangen der Komplexität des Lebens stellen. Das geschieht seit einigen Jahren sehr zaghaft, dort, wo es nicht mehr zu vermeiden ist.

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Eingeordnet unter 04 Requiem für die moderne Betriebswirtschaftslehre, Der schwere Gang in den Betrieb

Von der Empathie hintergangen

Seit einigen Tagen kommen in der Küche Ameisen zu Besuch. Der erste Versuch, die unerwünschten Gäste schnell hinzurichten und zu hoffen, dass sie ihren Weg nicht bis ins Nest weiter erzählt hatten, schlug fehl. Schon nach wenigen Stunden waren wieder mehr als zehn Besucher da. Auch die weiteren Strategien fruchteten nicht, wie etwa das Backpulver-Puderzucker-Gemisch oder die Essig-Honig-Fallen. Nach zehn Tagen gab es noch immer regelmäßigen Besuch von einer schwankenden aber nicht zu verdrängenden Anzahl der Krabbeltiere. So fiel der Entschluss zur biochemischen Keule aus dem Drogeriemarkt: Die Ameisenfalle. Es handelte sich um grüne Plastikgefäße, die man an vier Stellen öffnet. Die Annahme, die Ameisen werden darin gefangen und vergiftet, stellt sich beim Durchlesen der Gebrauchsanweisung als falsch heraus. Die Ameisen werden von einem Geruchsstoff angelockt und nehmen beim Betreten der Falle das Gift auf. Sie tragen es anschließend in ihren Bau und verfüttern es dort an ihre wehrlosen Kinder sowie an die Königin. So wird sichergestellt, dass nicht nur die sichtbaren Ameisen sterben, sondern der gesamte Staat ausgerottet wird. Damit nichts schief geht, bleibt die Falle auch dann noch einen Monat stehen, wenn man längst keine Ameise mehr sieht! Fühlen Sie jetzt mit den armen Ameisen?

Die Worte des Trainers kennt wohl jeder, der schon mal Sport gemacht hat: „Konzentriere dich auf deinen Gegner und antizipiere, was er tun wird, nur so wirst du gewinnen!“ Das gilt für Tischtennis, Tennis, Fußball, Karate, Judo oder jeden beliebigen anderen Sport, in dem man seinen Gegner sehen kann. Ab einem bestimmten Niveau gelingt einem die Vorhersage. Viel schneller als ein klarer Gedanke kommt die gewinnbringende Re-Aktion des eigenen Körpers. Es ist ein klares Gefühl davon, immer zu wissen, was der andere tun wird, bevor er es tut. Bälle gegen die Laufrichtung, ein Schlag mit Links anstatt mit Rechts, ein plötzlicher Stoppball; was auch immer es sein wird, man weiß es bereits, bevor der Gegner seine Handlung beendet hat. Im Sport spricht man dann von den Momenten, in denen man seinen Gegner nach Belieben kontrolliert. Was dazu notwendig ist? Man muss sich in den Kontrahenten hinein versetzen können.

Haben Sie auch einen Geschichtenerzähler in Ihrer Familie? Ihre Frau vielleicht, Ihren Sohn, die Tante oder einer Ihrer Bekannten? Eine Person bei der die Erlebnisse die sie erzählt wie ein Film vor Ihrem inneren Auge ablaufen? Wo die Pointe des Witzes fast immer sitzt? Die weiß, wie sie Sie zum Lachen, zum Nachdenken oder auch zum Weinen bringen kann, mit ihren Geschichten. Die quasi die Klaviatur ihrer Gefühle beherrscht? Kein professioneller Schauspieler, einfach ein Mensch aus ihrem Umfeld. Nicht immer können wir sie leiden, weil es ihnen schwer fällt, eine Geschichte auch mal ganz normal, ohne Ausschmücken, ohne große Gesten und dergleichen zu erzählen, denn das kann dann auch nerven. Dennoch kennen wir sie alle, diese Menschen, die sich mit ihren Geschichten in uns und in ihre Protagonisten hinein versetzen, die Gesten, Stimmen und Situation treffend imitieren, so dass das Original wie aus dem Nichts in unsere Köpfen auftaucht.

Die drei kurzen Beispiele zeigen, wie allgegenwärtig Empathie oder auch Mitgefühl ist. Aus der Wissenschaft wissen wir spätestens seit der Entdeckung der Spiegelneuronen durch Giacomo Rizzolatti, dass es keinen Menschen ohne Empathie gibt.
Bei uns Menschen ist die Vorstellung von Empathie, die Kompetenz des Mitfühlens mehrheitlich positiv belegt. Ist es doch eine, wenn nicht die Grundvoraussetzung oder auch Generalhoffnung, die Selbstzentrierung, den Egoismus überwinden zu können. Schon deklarieren Autoren den unweigerlichen Sieg der friedlichen Gesellschaft und des mitfühlenden Zusammenlebens kraft allgemeiner Empathie. Doch ist es so einfach? Reicht es aus, Empathie zu entwickeln und gegebenenfalls zu professionalisieren? Nein! Fritz Breithaupt zeigt auf, dass Empathie sowohl dazu dienen kann, den anderen besser zu verstehen mit dem Ziel eines fairen, weitgehend kooperativen Zusammenlebens als auch dazu, ihn zu dominieren, zu manipulieren und für die persönlichen Zwecke auszunutzen. Sich jemandem in Selbstaufgabe zu unterwerfen, wie es manche Entführungsopfer tun, kann auch Ziel von Empathie sein: Die komplementäre, nicht weniger eigennützige Form der Dominanz. Wir können mit den Ameisen fühlen, das hat mich nicht daran gehindert, die Fallen aufzustellen und mich über meine jetzt wieder ameisenfreie Küche zu freuen. Den Gegner im Sport besser zu kennen als er sich selbst, macht einen Erfolg auch dann wahrscheinlicher, wenn man von den eigenen sportlichen Möglichkeiten her unterlegen wäre – ist das fair oder unfair? Damit Geschichten, Filme, Theaterstücke emotional wirken, wird fingiert, erfunden, übertrieben und gelogen – allesamt Akte, die kaum in einer zeitgemäßen Liste angestrebter gemeinsamer Werte auftauchen.
Empathie ist sicherlich eine Schlüsselfähigkeit: sie hilft, die Wahrnehmung in Konfliktsituationen zu erweitern und weist den Weg in eine kooperative, humane und lebensbejahende Organisation. Ein Selbstläufer wird dieser Weg allerdings auch und gerade mit und wegen der Empathie nicht werden!

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Eingeordnet unter 03 Menschenbildstörung, Von der Empathie hintergangen

Es gilt das gesunde Wirtschaften zu überwinden!

Die Systeme, die uns zu Personal machen, sind vielschichtig. Sie sind hoch entwickelt und ebenso effizient, kurzsichtig und starr, wie die Epoche, für die sie stehen. Sie beinhalten neben den Praktiken zur Entmenschlichung, zur Verdinglichung auch die Verfahren, mit den krankhaften Nebenwirkungen umzugehen und damit nach außen ein scheinbar gesundes Gesamtsystem zu etablieren. Erstellen, instand halten, austauschen – wenn man so will. Doch wie es schon von Hollywood erkannt wurde: „Das Leben findet einen Weg“.

Wir haben für uns selbst eine Maschine geschaffen, um ordentlich, wiederholbar und im Gaußschen Gipfel standardisiert zusammen zu funktionieren. Wir sind an die Grenzen dieses Ordnungssystems gekommen. Bisher war es ohne Probleme möglich, sich einseitig aus einem Arbeitsvertrag zu verabschieden, regelt er doch im Grunde nur die Anwesenheitszeit. Kein Arbeitsvertrag und kein Personalwesen mit seinen Instrumenten aus der Personalverwaltung oder -entwicklung kann das Transformationsproblem, die Lücke zwischen Potenzial und wirklicher Leistung, lösen. Nur wir Menschen erreichen diese Lösung in selbst gewollter Kooperation. Damit wir es auch tun, muss Arbeit mehr sein als mechanistisch beschäftigtes Funktionieren, möglichst teuer verkaufte abhängige Arbeitszeit, lineare Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge und hinter der Scheinheiligkeit öffentlicher Reden verstecktes Abhängigmachen. Solange Arbeit sich darauf begründet, ist es nur zu verständlich, dass wir uns selbst betrügen und das System ausnutzen, um uns als Mensch zu fühlen anstatt es zu benutzen, um intelligent etwas beizutragen.
Doch die gesund wirtschaftende Unternehmensmaschinerie kommt an ihre natürliche Grenze. Anstatt immerwährenden Wohlstand in zunehmender Faulheit zu produzieren, schafft sie mehr und mehr spezielle Zivilisationskrankheiten physischer Natur wie Haltungsschäden, Herz-/ Kreislauf-Erkrankungen und Vergiftungen sowie psychischer Natur: Depressionen, Burnout, Suizid oder auch Sucht in allen Varianten von Alkohol- über Medikamentenabhängigkeit bis hin zur Konsumsucht. Doch das System krankt über die Grenzen der Menschheit hinaus. Während sich in ihr hartnäckig der Glaubenssatz hält: „Das war schon immer so“, kündigt die Wirklichkeit am Horizont brutal romantisch in Form des Klimawandels, der Informationstsunami, der Umweltzerstörung und des Kollapses unseres Energiesystems an: wir werden keine Zeit für die Feststellung haben, ob dieser Glaube richtig ist oder falsch.
Im Kapitalismus gibt es den Bezug zwischen Unternehmen und dem großen Ganzen nur abstrakt, außerhalb der Firma. In der Diktatur der Planwirtschaft und in den Konzernzentralen der Welt glaubt eine Elite sie stehe an der Spitze der Gesellschaft und könne den Planeten nach ihren Vorstellungen formen, nach dem, was sie für richtig und wichtig hält. Legen wir an dieser Stelle eine Gedenksekunde für die Atomversuche des letzten Jahrhunderts ein, für das epochale Projekt des Drei-Schluchten-Damms in China und die russisch-deutsche Gaspipeline quer durch die Ostsee. Dabei wird überall sichtbar: Wir handeln kollektiv außerhalb jeder Verhältnismäßigkeit. Mit der Art und Weise, wie sich die Mehrheit der mittleren und großen Unternehmen ihr Personal hält, wird verhindert, dass wir kooperativ sinnhaft wirtschaften. Währenddessen akzeptieren die kleinen Firmen und wir selbst diese Dogmen und geben klein bei.
Im selben Maße, wie wir versuchen die Probleme innerhalb des bekannten Systems zu lösen, türmen sich die Unzulänglichkeiten genau dieses Systems ungebremst und prasseln an verschiedenen Stellen bereits zerstörerisch auf uns nieder. Wir feiern derweil hedonistisch arrogant den Untergang. Gerade so wie die Gäste im Film Titanic, die bereits mit ihrem Schicksal Frieden geschlossen haben, beim unbekümmert aufspielenden Streichquartett stehen bleiben, das kurz vorher zum selben letalen Friedensschluss gekommen war. Dabei muss es nicht zu einem Cyber-HR-Klon kommen, um zu begreifen, wie wir unsere Probleme bereits heute überwinden können – als Unternehmer wie auch als Mitarbeiter. Wir müssen uns nur entscheiden, das Fundament unserer Körperschaften, unserer unternehmerischen Gesellschaften zu ändern. Jetzt ist die Zeit: Setzen wir das Personal frei.

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Eingeordnet unter 02 Mythos Arbeit, Es gilt das gesunde Wirtschaften zu überwinden

Wo fängt Verantwortung an [2]

Oft dauert es einige Zeit. Man ist so mit Karriere, mit Beziehung, mit Familie gründen, Haus bauen, mit gesellschaftlicher Erwartungserfüllung und damit beschäftigt, den notwendigen Geldzufluss aufrecht zu erhalten, dass einem gar nicht auffällt, wie sich die Selbständigkeit, die eigene Freiheit, verflüchtigt. Dabei will ich niemanden in Schutz nehmen, jeder kann sich in unserem Land, wann immer er oder sie möchte, für ein anderes Leben entscheiden. Die Buchregale sind voll von Menschen, die so etwas gemacht haben, wie etwa der erfolgreiche Arzt, der heute als Brummifahrer glücklicher ist als je zuvor. Dennoch, für die weite Masse ist es ein beobachtbares Phänomen, irgendwann die Flügel zu streichen, den Revoluzzer einzupacken, sich der »Realität« zu stellen und das zu sein, was man als Kind und Jugendlicher nie werden wollte: ein spießiges kleines Rädchen im Getriebe der Massenproduktionsmaschine.

Erinnern Sie sich an die letzte engagierte Rede Ihres Geschäftsführers, Betriebsratsvertreters, Bürgermeisters oder von einem der konservativen Prediger für den wirtschaftlichen Wandel wie beispielsweise einem ehemaligen Vorstand eines Großkonzerns oder einem Vertreter der großen internationalen Beratungshäuser? Zwei Forderungen dürfen in diesen Reden nicht fehlen: Selbständigkeit und Eigenverantwortung. Beide sprechen unsere Sehnsucht nach Freiheit, nach Selbstbestimmtheit ja nach Selbsterfüllung und damit unsere Suche nach Sinn an. Die Ideale unserer Gesellschaft, das, wofür unsere Vorfahren in Revolutionen und blutigen Bürgerkriegen gestorben sind, wird öffentlich gerne in die Waagschale geworfen und mit euphorischem Applaus bestätigt. Die Wirklichkeit in Unternehmen sieht anders aus. Das System des gesund wirtschaftenden Unternehmens funktioniert anders. Man kann uns Selbständigkeit und Eigenverantwortung gar nicht zubilligen, denn darin liegt auch die Möglichkeit, sich wie Andreas gegen das Unternehmen zu entscheiden und damit Probleme zu verursachen. Für den reibungslosen Verlauf einer Firma im aggressiven Gesellschaftssystem sind Abhängigkeit, Fremdverantwortung und Unselbständigkeit wichtig. So wie sie bei Andreas nach seinem Ausstieg deutlich wurden. Denn sie sollen die Kontrolle über die Arbeitskraft und die Umsetzung des Leistungspotenzials durch das Unternehmen sicher stellen. Achten Sie darauf, wenn Ihnen das Qualitätsmanagement, das Human Ressources oder die Linienorganisation mit ihrer Hierarchie das nächste Mal gegenüber tritt. Geht es dann um Eigenverantwortung und Selbständigkeit oder um Abhängigkeit, Unselbständigkeit, Schuldzuweisung und -delegation? Ein Trost mag darin zu finden sein, dass es bedeuten würde, die Welt aus den Angeln zu heben, wollte man das ändern, denn zu viele sind davon betroffen. Wer will so etwas von sich selbst fordern? Ein Trost mag darin zu finden sein, dass die anderen ja auch weg schauen und gerade so weiter machen wie immer. Man muss ja nicht überall unter den Ersten sein? Trost also, lässt sich für den einen oder die andere finden, Lösungen sicherlich nicht.

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Eingeordnet unter 02 Mythos Arbeit, Wo fängt Verantwortung an?

Sinn vs. Profit – Kooperation vs. Rangkämpfe [2]

Die einzelnen Charakteristika können dabei unterschiedlich stark ausgeprägt sein und doch lassen sich fast alle Unternehmen in ihrem sozialen Zusammenleben mit diesen Eigenschaften beschreiben. Die Aufstellung kommt aus dem bereits erwähnten Buch von Uwe Renald Müller und leitet sich von den Untersuchungen Erich Fromms über Gesellschaften ab.
Fromm benennt die beschriebene Gesellschaftsform als Systemtyp B – aggressiv nicht-destruktiv. Diese Beschreibung von Fromm ist angesichts der täglichen Zeitungsmeldungen von der steigenden Zahl an Depressiven, der Selbstmorde nach Finanzmarkteinbrüchen und unseres selbstzerstörerischen ökologischen Fußabdrucks eher Schönfärberei denn Wahrheit. Dennoch: Ganz ohne es zu hinterfragen, nehmen wir diese Gesellschaftsform für Firmen als natürlich gegeben hin und bewegen uns mit unseren Vorstellungen und Ideen, uns zu organisieren, innerhalb ihrer Grenzen. Dabei ist sie gar nicht der einzige erkannte Systemtyp. Da gibt es noch den Typ C – aggressiv und destruktiv, den wir auch als totalitäres Regime kennen und der leider oftmals noch treffender die Zustände in Unternehmen beschreibt. Grenzt sich Systemtyp B verbal stark von C ab, beruhen beide nach wie vor auf dem Grundsatz der Aggressivität und ich unterscheide sie in gesund wirtschaften (B) und krank wirtschaften (C), dazu mehr in den weiteren Kapiteln. Neben B und C gibt es noch Systemtyp A – kooperativ und lebensbejahend. Er ist eher die Ausnahme in der Unternehmenswelt und dennoch genau die Art von Organisation, um die es in diesem Buch geht. Ich nenne dieses Verhalten sinnhaft Wirtschaften und es geht um folgenden Firmen-Archetyp:

  • Allgemein – systemisch, kooperativ, human
  • Leitfigur – partnerschaftlich, sozial
  • Ziel und Zweck – Existenzerhalt der Gesellschaft und ihrer Mitarbeiter; monetäre Ziele sind Mittel zum Zweck des Systemerhalts
  • Regeln – Prinzipien statt Regeln; Solidarität bezüglich des Ziels und des Zwecks der Gesellschaft; Achtung der Menschenrechte; Einsicht in die Natur des Menschen; systemübergreifende Nachhaltigkeit
  • Strafen – Bei Verstoß gegen Werte wie Solidarität, Loyalität, Menschlichkeit und bei Schädigung des übergeordneten Ökosystems
  • Konkurrenten/ Feinde – Duale Sichtweise, sowohl Partner als auch Konkurrent (in einem fairen Wettbewerb)
  • Riten/ Symbole – Dienen der Stabilität von sozialen Vernetzungen; schwach ausgeprägt; ständigen Veränderungen unterworfen; nur mit temporärer Gültigkeit
  • Bindungsmechanismus – Kopplung durch gemeinsame Sinnerfüllung, sowohl der Gesellschaft wie auch des persönlichen Sinns. Damit zusammen hängend die Entkopplung der monetären oder materiellen Abhängigkeit vom System (Entlassung der Mitarbeiter in eine selbstgewählte, freiwillige Mitarbeit).
  • Slogan – »Arbeit ist Spiel«

So seltsam es klingt – es handelt sich dabei nicht um eine romantische Wirtschaftsutopie. Stattdessen ist es ein bekanntes, existenzfähiges sozial-gesellschaftliches System, das etwa den Jahrhunderte andauernden Erfolg der Hanse begründet hat, über den Sie später im Buch noch mehr lesen werden. Es geht also nicht um die süßen Träume eines verkappten Sozialisten. Vielmehr ist es eine echte Alternative und realistische Chance für uns, die Probleme der Arbeitswelt des zwanzigsten Jahrhunderts zu überwinden und im einundzwanzigsten Jahrhundert unsere Wirtschaft so zu organisieren, dass auch unsere Kinder Wohlstand als Wort und gelebte Wirklichkeit kennen.

Gehen Sie mit auf die Reise in die schöne neue Welt, die im Unterschied zu den meisten gültigen Glaubenssätzen Zufriedenheit, Erfüllung und Leistung spielerisch verwirklicht. Wir brauchen uns nicht die Köpfe einzuschlagen, um die Herausforderungen zu meistern, die wir uns größtenteils selbst eingebrockt haben. Unsere Groß- und Urgroßeltern haben sich vor einhundert Jahren vorgenommen, dass wir, ihre Kinder und Kindeskinder, in einer freien demokratischen Ordnung ohne Krieg und grausamster Armut leben werden. Dafür haben sie Dinge verändert und heute leben wir in Wohlstand und Fortschritt, als ob es nie etwas anderes gegeben hätte. Wir können das für unsere Kinder erhalten, indem wir schelmisch über unsere eigenen Schatten springen. Nehmen Sie Anlauf und freuen sich mit mir auf den Flug.

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