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Masse trifft Intelligenz

Unternehmen, selbst kleine, koordinieren bei genauem Hinschauen eine ganze Menge Menschen. Nicht nur die eigenen Mitarbeiter, auch Kunden, Vertriebspartner, Lieferanten, Kooperationspartner, Investoren, Interessenten oder Zeitarbeiter sollen organisiert sein, will man ein wirtschaftliches Betriebsergebnis erreichen und im Wettbewerb überleben.

  • Lassen wir uns auf Agenten ein und auf die Trennung zwischen Arbeiten und Denken.
  • Akzeptieren wir partielle Transparenz in der die Geschäftsführung beispielsweise Steuerungs-Informationen hat, die anderen nicht zugänglich sind – wie etwa die Kilometerlaufleistung der Vertriebsmitarbeiter.
  • Koordinieren wir uns basierend auf Leistungs-Zielvereinbarungen mit gekoppelten Bonus(-Versprechen)-Drohungen.

Dann öffnen wir politischen Ränkespielen und pseudorationalen Rechtfertigungsorgien Tür und Tor. Intelligentes und kooperatives füreinander Arbeiten bleibt so auf der Strecke. Doch wozu soll diese kooperative Arbeitsform gut sein, wozu so viel Mensch, wozu eine derartige Vormachtstellung der sozialen Interaktion? Warum brauchen wir sie gerade jetzt, warum plötzlich für alle Menschen und nicht nur für ausgewählte Leadership-Gruppen, wie gehabt? Warum soll das Althergebrachte plötzlich schlecht sein?
Ganz einfach, weil Verwaltung und Koordination in einer komplexen, turbulenten und unvorhersehbaren Welt schlicht versagen. Sie erkennen den Ernst der Lage zu spät, sind in ihren Reaktionen zu langsam, finden selten nachhaltig intelligente Lösungen, um ähnliche Fehler in Zukunft zu vermeiden und sind, vor allem anderen, trotz all ihrer Pläne viel zu häufig schlecht vorbereitet.

Achtsamkeit, auf etwas gefasst sein ohne das Ergebnis planend vorweg zu nehmen, sprich leistungsfähige Improvisation, professionelle Nutzung von Intuition, Wissen, Bildung, Emotion, Denken und Empathie oder anders: Der große Reichtum menschlicher Intelligenz – erschließt sich nicht in verwalteten Kollektiven. Stattdessen entfaltet er sich, auch und gerade wirtschaftlich, in kooperativen, lebensbejahenden sozialen Vernetzungen. Intelligente Massen beginnen dort, wo man sich dem Zwischenmenschlichen stellt, anstatt sich ihm zu entziehen. Sie beginnen dort, wo kein eindeutiger Führer mehr auszumachen ist, kein Kopf, den man abschlagen kann und so dem monströsen Körper des Mobs sein Ziel, seine Ausrichtung, ja, seinen Sinn raubt. Intelligente Massen sind kein Mob (siehe Tabelle zur Unterscheidung)!

Sie finden sich zusammen, weil die Menschen es so wollen, nicht weil sie dorthin organisiert oder geprügelt werden. Sie sind anders als Verdrängungswettbewerb, als fressen und gefressen werden, sie sind mehr als Win-Win, sie sind soziales Verständnis ohne Gutmenschenverklärungen aus einem Wolkenkuckucksheim. Intelligente Massen arbeiten nicht gegeneinander, sie arbeiten auch nicht miteinander, sondern füreinander. So und nur so können wir die durchaus wertvollen Mechanismen der Marktwirtschaft nutzen, um die vor uns liegenden komplexen Aufgaben zu meistern.
Mag „keep it simple“ für den Einzelnen eine ausreichende Strategie sein, ist es für ein Unternehmen nur die exponentiell schnell wachsende Wahrscheinlichkeit, etwas Überlebenswichtiges zu übersehen. War es vor fünfzig Jahren vielleicht noch ausreichend, dass jeder an sich denkt, damit an alle gedacht ist, kann unsere Hoffnung heute nur darin liegen, für das Wohl der anderen Sorge zu tragen, will man nicht schon bald selbst Teil einer Katastrophe sein.

Hätten die Vertriebsknechte der amerikanischen Immobilienwirtschaft intelligentes, zwischenmenschliches und lebendiges Interesse am Leben und Schaffen ihrer Klienten haben dürfen, dann wäre die Finanzkrise wohl an uns vorüber gegangen. Läge es in den Händen der Monteure, deren Familien an der Küste vor einer Bohrinsel leben, gäbe es vermutlich ausschließlich eine Tiefsee-Ölförderung mit Rückschlagventil. Könnten die Mitarbeiter von MBB entscheiden, wer nicht nur ihre neuen, sondern vor allem auch ihre gebrauchten Waffen und Waffensysteme kaufen kann, wäre wohl davon auszugehen, dass es einige Kriegsschauplätze weniger auf der Welt gäbe.

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Von Prinzipalen, Agenten und anderen zwielichtigen Subjekten

Dabei ist es nicht so, dass Frank Müller keine soziale Interaktion möchte, er will sie halt so wenig wie irgend möglich in der Firma. Und warum sollte er sie auch benötigen, er ist ja schließlich der Eigentümer, der Unternehmer, da muss es doch möglich sein, sich des Ballastes zu entledigen, Chef zu sein, und einfach die Erträge des Unternehmens auszukosten.

In der Wirtschaftswissenschaft kommt genau bei diesem Gedankengang von nirgendwoher ein Schlauberger um die Ecke und erklärt ihm die großartige Prinzipal-Agent-Theorie: „Sie sind der Prinzipal und sie brauchen einen Agenten! Sie brauchen jemanden, der in ihrem Auftrag handelt und ihre Interessen im Unternehmen unabhängig von ihrer Anwesenheit durchsetzt. Mit einem Wort, sie brauchen einen Geschäftsführer.“ Frank lässt sich davon, mit Blick auf die in Aussicht gestellte Freiheit, schnell überzeugen, er und der Schlauberger lächeln frohgemut und schon bald ist der Agent (der Geschäftsführer) für den Prinzipal (Frank Müller) gefunden und in Amt und Würden.

Doch so einfach lässt sich der soziale Prozess nicht aushebeln. Schon bald verfolgt der Agent eigene Interessen, entwickelt ein eigenes Verständnis für das Wohl und die Wehen des Unternehmens, bildet Seilschaften mit informellen Führern und erklärt Frank nach nicht einmal zwei Jahren, er solle doch mit den Erträgen, die er jedes Jahr ausgeschüttet bekommt, zufrieden sein und sich aus dem Alltagsgeschehen heraus halten. Schließlich wäre es ja genau das, wofür er, Frank, ihn, seinen Agenten, eingesetzt habe. Frank ist sich indes seiner Sache nicht mehr so sicher, die Firma verfolgt inzwischen Ziele – wie radikale Expansion oder auch stabilisierende Stagnation – und es wurden Praktiken etabliert – wie Überwachungskameras oder vielleicht Mitarbeitergewinnbeteiligungen – , für die sich sein Vater im Grab herum drehen würde und die so gar nichts mehr mit den Gründungsprinzipien der Firma zu tun haben. Frank zieht die Reißleine und tauscht den Agenten aus. Der nächste Kandidat ist vorsichtiger und wartet drei Jahre, doch dann kommt es zur selben Konfrontation.
Was passiert hier? Frank Müller entzieht sich dem sozialen Prozess seines Unternehmens. Er möchte die Interaktion mit Kollegen tunlichst vermeiden und Gedanken und Ideen nachgehen, die nichts mit der Firma zu tun haben. Das ist für sich genommen vollkommen in Ordnung. Damit er das tun kann, will er allerdings weiterhin, nur eben ohne zwischenmenschliche Wechselwirkungen, vom Unternehmen unterhalten werden. Jetzt beginnen die Probleme. Keine soziale Gemeinschaft – und Unternehmen sind eben doch soziale Gebilde und keine rationalen Gewinnmaximierungsmaschinen – will und kann sich dauerhaft teure und/ oder mächtige Schmarotzer leisten. Wer aus der zwischenmenschlichen Interaktion, aus den sozialen Prozessen aussteigt, gibt seine Einflussnahme auf. Sicherlich kann man über Verträge, Agenten, Verwalter, Überwachungssysteme und dergleichen mehr Einflussnahmemöglichkeiten erhalten, diese sind allerdings nur noch reine Vergangenheitsverwaltung. Aktiv Einfluss nehmen kann nur, wer im Moment der Entscheidung und der Handlung da ist. Wer sich im Nachgang informiert, ein Bild macht oder aufklärt, kommt über die Rolle des Richters und Henkers nicht mehr hinaus. Und auch hier, wie in Kapitel fünf bei der Motivation, stellt sich bei genauem Hinschauen heraus, dass ein Unternehmer oder eine Führungskraft, die ihre Interessen von einem Agenten vertreten lässt, egal ob offiziell oder informell, dem sozialen System fremd und unnatürlich ist. Es gibt schon genug Richter, die im realen sozialen Prozess urteilen und ausreichend Vollstrecker gibt es auch. Es sind Kunden, Kollegen, juristische Richter, Lieferanten, Verbandsvertreter, Banken und so weiter und so fort. Sie alle haben normalerweise konkrete und reale zwischenmenschliche Anlässe, sich einzumischen, keine verwalterischen.
Frank und alle, die den sozialen Prozess mit Agenten versuchen in seine Schranken zu weisen, handeln ungefähr so, als ob Sie zu Ihrem Banker, dem Sie Ihr Geld anvertraut haben, hingehen würden und ihn fragen: „Und wie arbeiten Sie denn? Glauben Sie das ist effektiv? Wann kommen Sie denn ins Büro und wann machen Sie Feierabend?“ Ich kenne niemanden, der so etwas schon mal gemacht hätte. Das ist auch vollkommen logisch. Mit den Abläufen, dem Mobbing, dem Leistungsdruck, den Kaffeekränzchen, den politischen Ränkespielen und den Betriebsfeiern der Bank will man gar nichts zu tun haben, man will nur seine Zinsen genießen. Man hält sich aus dem sozialen Prozess der Zinserwirtschaftung raus, gibt die eigene Einflussmöglichkeit ab. Als einziges Mittel bleibt die Umschichtung des Geldes auf andere Anlagen und zu anderen Banken, mehr gibt es da nicht. Das ändert sich, wenn Sie einen Kredit haben wollen und keine wirklich guten Sicherheiten haben. Da kann, trotz aller Basel II und sonstiger Blockadepraktiken, der direkte soziale Kontakt zum Bankangestellten durchaus lohnend sein – sprich der soziale Prozess.

Wer Einfluss nehmen, Entscheidungen treffen, mit einem Unternehmen handeln und vor allem dauerhaft davon nutznießen möchte, sollte integrierter Bestandteil des Sozialgefüges sein oder sich davon verabschieden. Alles andere schadet sowohl dem Prinzipal wie dem Agenten und nicht zuletzt, in Form von bürokratischen Wasserköpfen, dem Unternehmen selbst.

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