Die Moral der Geschichte: Welche Zahlen sie auch immer zugrunde legen, der Manager und die Führungskraft werden immer fähig sein, sie so zu interpretieren und aufzubereiten, dass sie ihren Bedürfnissen nach einem überdurchschnittlichen Einkommen entspricht. Bleiben wir hier einmal bei Herrn Ackermann. In der Einkommens-Gewinn-Ratio liegt er nur im Mittelfeld, in der Ratio des Maß Haltens trägt er sogar die rote Laterne, in der Ratio der Arbeitsplätze allerdings ist er, seinem offen vorgetragenen Selbstbild entsprechend, die Nummer eins. Er kann also jedwede Einkommenshöhe scheinbar rational begründen. Besonders gewiefte Spieler der Pseudorationalität könnten jetzt noch das Mittel über alle denkbaren Argumente ausrechnen, um daraus ihr Einkommen zu erklären. Spätestens dann wäre das Publikum nicht nur beeindruck, sondern auch geistig abgehängt. Damit sind alle, die solche Spiele mitspielen, den paradoxen Pseudorationalisten wieder einmal auf den Leim gegangen. Das unsinnigste dieser Spiele, sozusagen das Schäfermatt der paradoxen Pseudorationalisten, ist sicherlich im Argument zu finden: „Die anderen Führungskräfte mit dieser Position in unserer Branche verdienen auch in diesem Bereich.“ Klingt erst einmal logisch, doch wenn die Gehälter der anderen bereits irrational sind, was sehr naheliegend ist, ist auch dieses Argument wenig stichhaltig.
Jetzt kommt häufig der Einwurf: „Wenn man die Marktpreise nicht bezahlt, dann findet man eben keine gute Führungskraft!“
Wie wäre es, einmal der Idee des Buches zu folgen und einen Unternehmensentwurf zu umreißen, der auf solche Führungskräfte gar nicht angewiesen ist? Davon abgesehen erkennt man in der obigen Tabelle, dass die Top-Gehälter bereits jetzt keineswegs homogen sind. Außerdem wird man damit vielen mittelständischen geschäftsführenden Gesellschaftern nicht gerecht, die zum einen eh nicht so viel mehr verdienen als ihre Angestellten und zum anderen durchaus ihr Privatvermögen aufs Spiel setzen, um die Firma zu retten. Dazu später mehr.
Probieren wir an dieser Stelle eine Falsifikation. Würde das Einkommen des Managers tatsächlich etwas damit zu tun haben, an welchen Leistungsdaten er es bemisst, dann müssten diese Leistungsdaten ja meteoritengleiche Krater in die Wirtschaftszahlen des Unternehmens reißen, sobald dieser Manager das Unternehmen verlässt. Gehen wir in die Radikalität, um es zu verdeutlichen:
Angenommen, Josef Ackermann wäre zum Jahreswechsel 2007, auf der Rückfahrt von seiner Silvesterfeier zur Erkenntnis gelangt, dass sein Leben bisher falsch war. Er stellte es deshalb mit sofortiger Wirkung in den Dienst seiner Mitmenschen. Zum ersten Januar 2008 kündigte er fristlos und begäbe sich noch am selben Tag zur seelischen Reinigung an einen unbekannten Ort auf einem Gipfel der Welt – ohne Telefon, Faxgerät, Fernsehen und Hausnummer. Heute, nach der erfolgreichen Reinigung, täte er es Mutter Theresa gleich und würde den Armen in Bangladesch helfen. Diese Aktion müsste ja nicht gleich einen Kursgewinn auslösen, wie der Weggang von Jürgen Schrempp – aber glauben Sie ernsthaft, die Deutsche Bank hätte am zweiten Januar 2008 (oder ein paar Monate später) aufgrund von Führungslosigkeit Insolvenz angemeldet? Nein, denn selbst Herr Ackermann ist so austauschbar, wie er heute den Nimbus in Anspruch nimmt, unersetzlich zu sein.
Es gibt keine kumulierten, abgeleiteten, aggregierten oder analysierten Unternehmensleistungsdaten, die ein überdurchschnittliches Einkommen für Manager rechtfertigen würden. Es kann Engpass-Situationen etwa im Bezug auf Know-how geben, in denen ein Manager für eine Firma überdurchschnittlich wertvoll wird. Das kann allerdings bei jedem anderen Mitarbeiter auch passieren. Führungskräfte nehmen auch hier keine Sonderrolle ein, die aus Unternehmenssicht entsprechend entlohnt werden müsste.
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