Unsere Welt und im Besonderen unsere Unternehmenswelt, um die es in diesem Buch geht, ist durchdrungen vom Leistungswahn. Doch um welche Leistung kann es einem Unternehmen gehen? Was leisten wir? Wofür leisten wir? Hat Leistung Sinn?
Leistung hat Sinn, gerade in Unternehmen. Leider ganz anders als sie im gängigen Dogma verstanden wird. Menschliche Arbeit ist immer eine Mischung aus kognitiver, emotionaler, intuitiver, sozialer, physischer und psychischer Leistung. Sie ist in ihrem Potential und in ihrer Wirksamkeit weder messbar noch vorhersagbar und kann auch nicht in Zeitpakete zerhackt werden. Damit ist diese Leistung – anders als etwa in der Physik und der Betriebswirtschaftslehre beschrieben – nicht Arbeit pro Zeiteinheit, besser beschreibt man sie als so etwas wie eine Wette gegen die Zukunft oder eine Investition in sie.
Zum Zeitpunkt der Leistungserbringung ist oftmals nicht klar, ob sie auch belohnt wird. Je mehr es sich um Kopfarbeit und je weniger es sich um mechanische Arbeit handelt, desto unsicherer wird der Lohn, den man für seine Leistung erwarten kann. Spätestens bei dieser Erkenntnis müssen die Betriebswirte unter uns aufhorchen. Erschwerend kommt zu dieser Unsicherheit hinzu: Wird die Kopfarbeit diffiziler, wird sie automatisch teurer. Dabei sollte es, ökonomisch gedacht, genau anders herum sein, denn es ist offensichtlich, je komplexer die Kopfarbeit, desto unsicher die Verwertbarkeit der Ergebnisse. Anders ausgedrückt: Wenn ein KFZ-Mechaniker ein bestelltes Auto zusammen schraubt, ist zu erwarten, dass der Kunde bei Auslieferung des Wagens auch bezahlt. Wenn allerdings das Produktmanagement über den Preis eines Einzelfahrzeugs der in fünf Jahren kommenden Baureihe nachdenkt, ist kaum abzuschätzen, ob die Fahrzeuge in fünf Jahren erstens zu dem Preis und zweitens überhaupt verkauft werden. Diese Art Luftschlosskonstruktion wird allerdings, im Vergleich zum Mechaniker, bestens bezahlt. Sie merken: Für Kopfarbeiter lohnt es sich, überhaupt nichts Zählbares zu leisten! Und das bestätigt sich in der Wirklichkeit jeden Tag aufs Neue.
Während also das Fußvolk unserer Unternehmen – Sekretärinnen, Krankenschwestern, Produktions- oder Sachbearbeiter – ebenso wenig Leistungsrisiko bedeutet, wie es Löhne, Gehälter und Investitionen kostet, sieht das bei Führungskräften, Produktentwicklern, Koryphäen und Strategen, also den Entscheidungsbevollmächtigten, ganz anders aus.
Im Sinne eines rein rationalen Homo oeconomicus gedacht, kann der mechanische Teil des Fußvolks gerne regelmäßig ein mittleres Salär beziehen. Ist doch bei ihm der Zusammenhang zwischen Arbeit pro Zeit, Stück- oder Stundenleistung und damit verbundenem Geldrückfluss weitestgehend vorherbestimmbar, linear und höchstens ein wenig kompliziert. Alle Kopfarbeiter allerdings sollten aufgrund des in ihrer Arbeit innewohnenden Leistungs-Ertrags-Risikos und der unausweichlichen Komplexität ihres Schaffens von einem möglichst niedrigen Gehalt (Invest) leben. Sie sollten erst dann ein gehobenes Einkommen (Ertrag) erzielen, wenn ihre Ideen in kommerzielle Erfolge umgemünzt sind und auch nur so lange, wie dieser kommerzielle Erfolg anhält. So wäre es wohl richtiger, doch dann würde sich Leistung ja überhaupt nicht mehr (ent-)lohnen müssen. Sprich: Der Glaubenssatz „Leistung muss sich lohnen.“ ist, bezogen auf wirtschaftlichen Profit, absurd.
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Ihr sägt da an einem Ast, schneller als Euch Flügel wachsen! Ich habe das große Pecht (Glück) noch jener anarchischen Bevölkerungsgruppe anzugehören, die das tägliche Brot mit der eigenen Hände Arbeit verdient und schaffe oft nachhaltige Produkte, die mich sogar überleben könnten… Für den Autoschrauber trifft es vielleicht noch zu, aber der ganze Immobiliensektor ist so von Heu-Schrecken unterwandert, das die Bezahlung selbst für vergegenständlichte Arbeit nicht immer automatisch erfolgt, selbst bei guter Arbeit! Die vielen Firmenpleiten gerade in diesem Bereich sind ein eindeutiger Beleg dafür.
Ich muß da noch eine Frage los werden, ist körperliche Arbeit schlecht, das sich so viele Menschen davor drücken wollen? M.E. ist nur der Akkord, weil wir so viele mit durchschleppen müssen, Körper schädigend.
Martin, Dein Vorschlag erinnert mich ein wenig an alte Zeiten, wo ein Produktionsarbeiter mehr verdient hat als ein Abteilungsleiter und mit ihm im gleichen Haus wohnte. Aber das wollte ja ein bestimmter Teil der Bevölkerung 1989 ja nicht mehr (soziologische Komponente der „friedlichen Revolution“).
Ginge es vielleicht besser so: Arbeit, die ungerne gemacht wird, weil eklig oder den Körper schädigend, sollte höher bezahlt werden, also mit einem Trostpflaster versehen werden.